Fall Nemi El-HassanWDR schließt Zusammenarbeit endgültig aus

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Nemi El Hassan

Köln – Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hat sich endgültig gegen eine Zusammenarbeit mit der Journalistin Nemi El-Hassan entschieden. Das teilte der öffentlich-rechtliche Sender in Köln am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur mit. Zuvor hatte die Journalistin einen Gastbeitrag in der „Berliner Zeitung“ veröffentlicht, in dem sie Kritik am WDR zum Umgang mit ihr in den vergangenen Wochen äußerte. Vom Sender hieß es als Begründung für seine Entscheidung: „Das Vertrauen für eine künftige Zusammenarbeit ist nicht mehr vorhanden.“

Die Journalistin Nemi El-Hassan hatte in einem Gastbeitrag für die „Berliner Zeitung“ die „Bild“-Zeitung und den WDR kritisiert. Die 28-Jährige sollte ursprünglich die Wissenschaftssendung „Quarks“ moderieren, doch nach der Prüfung von Antisemitismus-Vorwürfen, die in der „Bild“ gegen El-Hassan erhoben worden waren, entschied sich der WDR vorerst dagegen.

Nemi El-Hassan kritisierte WDR und Bild-Zeitung

Die „Bild“, schreibt El-Hassan, habe es sich zur Aufgabe gemacht, sie in aller Öffentlichkeit zu demontieren. „Das von rechtsextremen Internet-Aktivisten initiierte und von der »Bild«-Zeitung in weite Teile der Öffentlichkeit getragene Narrativ wurde anfangs von vielen Medien übernommen.“ Die Grenze zur gezielten Kampagne zum Zweck ihrer Demontage sei dabei überschritten worden.

Der WDR habe sich, um sich selbst aus der Schusslinie zu ziehen, dann in „allen Argumenten der »Bild«-Zeitung angeschlossen und somit auch zukünftigen Kampagnen Tür und Tor geöffnet.“ Sie habe auch hinter den Kulissen Fragen beantworten müssen, „die in erster Linie rassistische Annahmen transportierten und ein schlechtes Licht auf diejenigen in den Sendeanstalten warfen, die sie mir stellten. Rein rational waren diese Fragen nicht erklärbar.“

Das Angebot des WDR, hinter der Kamera als Autorin für „Quarks“ zu arbeiten, erscheint ihr inkonsequent: „Bin ich in den Augen des Senders nun eine handfeste oder nur eine verkappte Antisemitin?“

WDR reagiert auf den Gastbeitrag

Der öffentlich-rechtliche Sender reagierte am Abend auf den Gastbeitrag so: Der Vorwurf, dass der WDR die Moderatoren-Auswahl von einer „Bild“-Kampagne abhängig mache, sei unsinnig. „Unabhängig von der medialen Berichterstattung und dem öffentlichen Druck im Fall Nemi El-Hassan hat der WDR sorgfältig und umfangreich beraten, weil die Verantwortlichen den beruflichen Weg der jungen Journalistin nicht leichtfertig behindern, sondern ihr eine Chance geben wollten.“

Weiter hieß es, ausschlaggebend sei ihr Verhalten in den sozialen Netzwerken und der Umgang damit gegenüber dem WDR. „Relevante Informationen – wie zum Beispiel das Löschen von Likes – erfuhr der WDR erst aus den Medien, obwohl er mit Nemi El-Hassan im intensiven Austausch war. Dies hatte von Beginn an das Vertrauensverhältnis belastet.“

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Der Fall El-Hassans war in den beiden vergangenen Sitzungen des Rundfunkrats als Aufsichtsgremium beim WDR debattiert worden. In der ersten Diskussion Ende September hatten sich zahlreiche Rundfunkratsmitglieder zu Wort gemeldet und ganz überwiegend gegen eine Beschäftigung von El-Hassan beim WDR in welcher Form auch immer ausgesprochen. In der zweiten Sitzung vor einigen Tagen gingen die geäußerten Meinungen stärker auseinander. (ksta, dpa)

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