So war der Berliner TatortWenn der Mietenwahnsinn die Existenz bedroht

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Rubin (Meret Becker) und Karow (Mark Waschke) in einer Notunterkunft für Menschen, die zwangsgeräumt wurden in einer Szene aus dem neuen Tatort.

Berlin – Die beiden Kriminalhauptkommissare Rubin und Karow ermittelten diesmal mitten im Bezirk Wedding und bekamen dabei vor allem den Berliner Mietenwahnsinn zu Augen. Existenzielle Sorgen und Ängste auf der einen, wirtschaftliches Kalkül auf der anderen Seite – „Die dritte Haut“ vom niederländischen Regisseur Nobert ter Hall schaffte es dennoch, die Grenzen zwischen Gut und Böse zu vermischen.

Der Fall

Cem Ceylan, Juniorchef einer Berliner Immobilienfirma, wird tot aufgefunden – direkt vor einem Mehrfamilienhaus in Wedding, in welchem zuvor zahlreiche Mieter per Zwangsräumung rausgeschmissen wurden. Die Liste der möglichen Täter ist dementsprechend lang und das Ermittler-Duo trifft auf Mietparteien, die sich mit allen Mitteln an ihre Wohnungen klammern: Die junge Familie Malovcic bekommt Nachwuchs, die alte Frau Kirschner lebt schon fast 60 Jahre im Haus, Jenny Nowack ist alleinerziehend, ihre Kinder haben im Kiez ihre Freunde und Peter de Boer verdient als freischaffender Journalist kaum etwas.

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Doch auch Ceylans Geschäftspartner Axel Schmiedtchen ist nicht unbedingt ein Saubermann. Dazu kommen auch familieninterne Konflikte bei den Ceylans. Allerhand zu tun also für Rubin und Karow.

Die Auflösung

Auf der Suche nach dem Täter oder der Täterin biegen die beiden Ermittler immer wieder in Sackgassen ab und finden kaum brauchbare Hinweise. Erst langsam entschlüsselt sich das Puzzle. Ceylan nutzte die Angst einiger Mieterinnen aus und versprach ihnen, ihre Wohnungen behalten zu können – wenn sie mit ihm schlafen würden. Auch die alleinerziehende Jenny Nowack erhielt solch ein Angebot und ließ sich darauf ein.

Als Ceylan sich ihr dann eines Nachts offenbarte und die Frau verhöhnte, schlug sie ihn mit einer Flasche nieder und schubste ihn vom Balkon. Nowacks Ex-Mann und Vater ihrer Kinder, Micha Kowalksi, sagte später zwar aus, dass er den Mord beging – die Polizei konnte schließlich jedoch Nowack überführen.

Das Fazit

Der tiefe Einblick in die Berliner Miethölle ist deprimierend und erschütternd – und wird von Regisseur Norbert ter Hall auch noch mit dokumentarischen Einspielern untermalt, in denen „echte“ Berliner mit kurzen Zitaten über ihre schlechten Erfahrungen berichten. Dieser Bruch kann den ein oder anderen Zuschauer stören, zieht er einen doch aus der eigentlichen Handlung heraus. Dennoch verfehlt dieses Stilmittel nicht die Wirkung, auch wenn Hintergründe natürlich unklar bleiben.

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Der Fall selbst ist relativ unspektakulär und erfahrene Tatort-Gucker sollten zumindest relativ schnell auf die Lösung kommen. Die Vielzahl der Figuren erschwert zwar auf der einen Seite das wirkliche Warmwerden mit allen Parteien, unterstreicht aber auch nochmal die enorme Reichweite, die eine Zwangs-Entmietung mit sich bringt.

Alles in allem ist „Die dritte Haut“ ein Tatort, welcher ohne große Umschweife erzählt ist und trotz komplexer Thematik auf weites Ausholen verzichtet. Dass auch die aktuelle Corona-Situation allgegenwärtig ist, lässt den Tatort hochaktuell wirken.

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