Fliegen rund um die Uhr – Muss das sein? – Thorsten Breitkopf (Pro) und Christian Hümmeler (Contra) im Streitgespräch der Woche (8.1.)
Klar, Köln ist das „Tor zur Welt“, aber die Flughäfen München, Frankfurt und Hamburg schaffen es trotz ansässiger Industrie mit intelligenter Logistik, auf den Nachtflug zu verzichten. Sicher nicht einfach, denn die Industrie muss dann eventuell auf Lagerhaltung zurückgreifen.
Weshalb im „Kölner Stadt-Anzeiger“ nur über Fracht gesprochen wird, erschließt sich mir nicht. Der Großteil des Nachtlärms entfällt doch auf die Ferienflieger. Wenn es nach Corona wieder richtig los geht, übertönt der nächste Flieger den Lärm des vorherigen nachts im Zwei-Minuten-Takt. Gute Nacht!Ingrid Quadt Bad Honnef
Der Flugverkehr wird sicher in absehbarer Zukunft nicht mehr den Umfang der Vor-Corona-Zeit erreichen, so dass insbesondere auch der Flughafen Köln/Bonn künftig tagsüber hinreichend Slots anbieten kann. Köln/Bonn wird aufgrund der vergleichsweise niedrigen Start- und Landegebühren insbesondere in der Nacht, aber auch tagsüber von Billigfliegern und lauten Maschinen genutzt. Wohnen in Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg, wo Nachtflüge eingeschränkt oder verboten sind, schützenswertere Menschen?Carl-Heinz Schierhorn Köln
Es ist zu begrüßen, dass dieses Thema an prominenter Stelle von der Redaktion behandelt wird. Besonderen Dank an Christian Hümmeler für seine sehr guten Argumente. Trotzdem wird nur vom nächtlichen Frachtflug gesprochen. Tatsache ist jedoch, dass im Jahresschnitt etwa ein Drittel der nächtlichen Flüge absolut nicht notwendige Passagierflüge sind.
Dies gibt es in Europa auf keinem anderen Flughafen. Auch wird die Bedeutung des nächtlichen Frachtfluges für die Versorgung der Region total überbewertet: 98 Prozent der ankommenden Frachtmenge wird nur umsortiert und wieder ausgeflogen, lediglich zwei Prozent verbleiben in der Region. Soweit die Fakten, die nicht vorenthalten werden sollten.Manfred Stößer Hennef
Wie viele der angeblichen 15000 Arbeitsplätze haben einen sozialversicherungspflichtigen Hintergrund? Ein Nachtflugverbot führt sicherlich nicht zur Verkarstung der Gemeinden rund um den Flughafen, weil alle Gewerbetreibenden das Weite suchen. Niemand kann ehrlich der Meinung sein, den Flughafen verhindern zu wollen. Was fehlt, ist Ehrlichkeit in den Bemühungen, den Nachtflug zu kanalisieren und für Anwohner verträglich zu machen.
Wer bestimmt beim Flughafen die Höhe der Landegebühr? Vergleiche mit anderen Flughäfen lassen erkennen, dass die hier üblichen Gebühren eher Lockangebote für Carrier sind, keinesfalls jedoch ein Regelungsinstrument für die (Nicht-)Nutzung von lautem Fluggerät. Und wo sind Bemühungen, die Ein- und Ausflugrouten zu verändern?
Es ist den Piloten überlassen, in welcher Linie auf einer Breite von mehreren Luftmeilen sie die Landebahnen anfliegen. In Genf ist dies auf eine Meile in der Breite festgelegt. Wer dort landen will, muss sich daran halten oder bleibt draußen. Als Einwohner der Einflugschneise bin ich immer wieder überrascht, wenn Maschinen über das Industriegebiet Gremberghoven einfliegen. Man sieht sie, aber man hört sie kaum. Anders die Maschinen, die über mein Haus fliegen. Und da taucht dann wieder die Frage nach der Ernsthaftigkeit der Bemühungen zum Schutz der Anwohner auf. Meines Erachtens geht beides: Nachtflug und geregelte Rücksicht auf Anwohner.Claus Kroll Köln
In Bayenthal lebend, bin ich direkt von dem infernalischen Fluglärm betroffen. Leider gehen beide Protagonisten nicht auf das wirkliche Problem ein, nämlich die lauten Flugzeuge von Firmen wie FedEx. Eine einfache Recherche bei „FlightRadar“ ergibt, dass ein Großteil dieser Maschinen aus Nahost kommt und wenig später die gleichen Maschinen – das lässt sich anhand der Flugnummern nachprüfen – Richtung USA, vor allem Houston, Atlanta aufbrechen.
Der Flughafen dient für diese Lärmmacher – und nur um diese geht es letztendlich – also vor allem als Hub. Wie viele Menschen durch dieses Umladen beschäftigt werden, wäre ebenfalls eine Recherche wert. Ich schätze, es sind nicht viel mehr als 20 – und wegen dieser kleinen Zahl wird eine ganze Region nächtlichem Fluglärm ausgesetzt.Hans Lauber Köln
Mal abgesehen vom recht dürftigen Reim des Werbespruchs "Fracht braucht Nacht" erscheint dieser in der Argumentationskette des studierten Betriebswirtes Breitkopf wenig überzeugend. Denn gerade in der Nacht fliegen in jüngerer Zeit verstärkt die billigen, weil alten und daher lauten Frachtmaschinen der US-Transportgesellschaften FedEx und UPS und bringen über 400000 Menschen regelmäßig um ihren Schlaf.
Wie immer von den Befürwortern des Nachtfluges wird auch von Herrn Breitkopf die Geschichte von der großen Bedeutung des Flughafens für die Region erzählt. Man kann sie auch im Geschäftsbericht des Flughafens fast wortgleich nachlesen. Vielleicht hätte man sich stattdessen die Geschäftsberichte der Flughafen Köln/Bonn GmbH genauer ansehen sollen, bevor man solche Argumente zu Papier bringt. Denn darin kann man nachlesen, dass es die GmbH in den „guten“ Jahren 2016 bis 2018 gerade mal auf ein durchschnittliches Jahresergebnis von 3,7 Millionen Euro brachte.
In den Jahren 2019 und 2020 belastete der Flughafen uns alle mit einem Verlust von rund 50 Millionen Euro. Darin enthalten sind natürlich nicht die von der Allgemeinheit getragenen Kosten durch die Feinstaub-, CO2- und Lärmemissionen und die damit verbundene Belastung der Gesundheitssysteme, denn die werden im Geschäftsbericht des Flughafens nicht ausgewiesen.Peter Lang Neunkirchen-Seelscheid