Mit 22 spielt sie schon die erste Geige

Lesezeit 4 Minuten
Bereits mit 22 Jahren gehört der alltägliche Umgang mit der Violine für die erst 22-Jährige Heimhild Wolter aus Strempt zum festen Bestandteil ihres Lebens.

Bereits mit 22 Jahren gehört der alltägliche Umgang mit der Violine für die erst 22-Jährige Heimhild Wolter aus Strempt zum festen Bestandteil ihres Lebens.

Bei der Klassischen Philharmonie Bonn ist sie mit Abstand die Jüngste.

Mechernich-Strempt - Von ihrer ersten Geigenstunde war Heimhild Wolter alles andere als begeistert. Dass die Violine genau das richtige Instrument für die damals Fünfjährige war, davon war zunächst nur Vater Dietmar überzeugt. Doch die anfängliche Abneigung gegen das klassische Musikinstrument wandelte sich schon bald. Heute macht die 22-Jährige keine Reise mehr ohne ihren Geigenkasten.

Fragt man die junge Violinistin nach dem Verlauf ihrer Musikausbildung, so zeigt sie sich vor allem als Virtuosin in Sachen Understatement. Sachlich und nüchtern gibt sie Auskunft, reiht die Fakten ihres ungewöhnlichen Lebens rasch aneinander, immer besorgt, sie könne einen damit langweilen.

In Schleiden besuchte sie die musikalische Früherziehung. Dort wurde die Begabung des Mädchens aus Strempt rasch erkannt und gefördert. Um sich fortan besonders intensiv der Musik widmen zu können, wechselte Heimhild zum Humbold-Gymnasium nach Köln, das auch als „Musik-Gymnasium“ bekannt ist. In der Musikklasse von Wolfgang Heinen lernte sie jedoch nicht nur, ihr Violinspiel zu vervollkommnen, sie erlebte auch erste Konzertreisen.

Als Mitglied der Gruppe „Fiddlers“, zu der auch ihre Schwester Birthe gehörte, die später die Geige an den Nagel hängte, eine beachtliche Schauspielkarriere startete und mittlerweile im Fernsehen öfters auch in Hauptrollen („Tatort“, „Schulmädchen“) zu sehen ist, zog Heimhild mit zehn Geigern, zwei Cellisten und einem Pianisten als Salonmusiker durchs Land. Lehrer Heinen vermittelte sogar zwei Mal eine Amerika-Tournee, wobei die „Fiddlers“ allein zehn Konzerte im Chicagoer Raum gaben.

„Noch vor dem Abitur habe ich die Aufnahmeprüfung an der Hanns-Eisler-Hochschule für Musik in Berlin bestanden“, erzählt Heimhild Wolter. Während sie in Köln an ihrem Abitur „bastelte“, musste sie mehrmals in der Woche nach Berlin reisen, wo sie von Ina Kertscher und Prof. Stephan Picard unterrichtet wurde. Im Juli letzten Jahres absolvierte sie ihr Vordiplom und wird seitdem vom Trio-Geiger Michael Mücke unter die Fittiche genommen.

Kammermusik-Enthusiasten beginnen spätestens jetzt aufzuhorchen. Mücke? Mit dem „Trio Fontenay“ legte der Ausnahme-Geiger ab Mitte der 80er Jahre eine rasante Konzertkarriere hin. In ganz Europa feierte das Trio Erfolge. Seit 1986 gehören auch New York, Los Angeles, Houston, Chicago, Toronto und Montreal zu den beständigen Spielstätten des Weltklasse-Trios.

Doch Heimhild macht aus Mücke keinen Elefanten, sachlich berichtet sie weiter über ihr junges, außergewöhnliches Musikerleben. Dass sie mit 13 Jahren auf Bundes-, Landes- und Regionalebene bereits mehrere erste Preise bei „Jugend musiziert“ einstreichen konnte, scheint sie kaum der Erwähnung für nötig zu befinden. Stattdessen berichtet sie von ihren Verpflichtungen an der Hochschule.

Im Landesjugendorchester spielt sie als Konzertmeisterin die erste Geige. Im Jahre 2000 führte das Orchester unter der Leitung von Celso Antunes auf Burg Langendorf bei Zülpich mit viel Erfolg die „Italienische Sinfonie“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy auf.

Daneben ist das Violin-Talent auch im Landesjugendkammerorchester mit von der Partie. Gemeinsam mit der Bratschistin Nina Arnold spielte sie auf Schloss Ahaus im Juli 2000 Mozarts Sinfonia concertante für Violine, Viola und Orchester in Es-Dur, KV 364. Wer die Aufnahme der Landesmusikakademie hört, ist sogleich betört von der Intensität ihres Spiels.

Bis zu ihrem Examen wird die Strempterin noch zwei Jahre an der Hochschule bleiben müssen. Obwohl „bleiben müssen“ für Musiker ihres Kalibers kaum der richtige Ausdruck ist. Denn nach dem Diplom entscheidet sich vielmehr, ob sie noch ein oder gar zwei Jahre weiter studieren darf. „Ein Umstand, den besonders meine Eltern nicht ganz verstehen“, lacht sie. Doch sei es beim Musikstudium keineswegs so, dass man bereits mit 19 Jahren fertig ist.

Heimhild Wolters Traum ist es, einmal kleine Kinder an der Violine zu unterrichten. Gleichzeitig möchte sie aber auch in einem großen Orchester spielen. Privatschüler hat sie schon jetzt. Und in einem großen Orchester spielt sie auch bereits mit:

Brahms und Schubert

Seit November letzten Jahres ist sie nämlich bei der Klassischen Philharmonie in Bonn unter Vertrag. Dort wird sie von Heribert Beissel, einem Schüler Günther Wands, dirigiert. „Ich bin dort mit Abstand die Jüngste“, erzählt sie und lobt das hohe Niveau des Orchesters.

Lieblingskomponist der 22-Jährigen ist Johannes Brahms. „Ich mag besonders seine Violinsonaten und die 4. Sinfonie“, sagt sie. Neben Brahms bedeutet ihr aber auch Franz Schubert sehr viel.

„Vielleicht kann man in dem Zusammenhang einmal erwähnen, dass ich dringend einen Sponsor für eine neue Geige suche“, platzt es plötzlich aus ihr heraus.

Ob sie denn immer nur klassische Musik höre, wollte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ auch von ihr wissen. „Früher war das so“, gesteht sie. Doch heute, besonders nach anstrengenden Proben, lasse sie sich auch schon mal mit Hardrock-Musik bedröhnen.

KStA abonnieren