Der Karnevalswagenbauer Jacques Tilly erntete am Montag viel Anerkennung für seine Motive – aus dem Kinderschutz kommen kritische Stimmen.
Düsseldorfer RosenmontagszugKölner Kinderschützer kritisieren Sex-Darstellung im Karneval

Der besagte Mottowagen zeigt Wladimir Putin, der im Military-Outfit auf dem Boden kniet. Der russische Patriarch Kirill schmiegt sich in eindeutiger Pose an ihn.
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Die Kölner Kontaktstelle „Zartbitter“ hat eine Persiflage aus dem Düsseldorfer Rosenmontagszug kritisiert. Sie zeigt Russlands Präsidenten Wladimir Putin und Patriarch Kirill beim Oralsex.
„Auch wenn man Verständnis für satirische Darstellungen der Beziehung der russisch-orthodoxen Kirche zu Putin haben mag, es ist unverantwortlich, eine derartige Darstellung von Erwachsenensexualität auf einem Event für Familien zu präsentieren – und das ist der Rosenmontagszug allemal“, sagte die Zartbitter-Leiterin Ursula Enders am Dienstag zu dem von Bildhauer Jacques Tilly gestalteten Düsseldorfer Wagen.
Verharmlosung im Karneval?
Kinder registrierten solche Darstellungen sehr genau, sagte Enders. Eine größere Achtsamkeit sei hier dringend geboten. Unter Kindern in der Kita oder in der Grundschule sei „Penis-Lutschen“ ein häufiger Übergriff. Eine solche Darstellung im Karneval könne Kinder, die einen solchen Übergriff schon einmal erlebt hätten, retraumatisieren, berge aber auch die Gefahr der Verharmlosung.
Auch Holger Kirsch, Leiter des Kölner Rosenmontagszugs, äußerte sich am Montag zu den oft schärferen Persiflagen im Düsseldorfer Rosenmontagszug geäußert: „Wir behandeln ja eigentlich immer die gleichen Themen, das Einzige, was vielleicht den Unterschied ausmacht, ist, dass wir in der Darstellung vielleicht uns ein bisschen zurücknehmen, weil ich den Kölner Rosenmontagszug als großes Familienfest empfinde“, sagte Kirsch der Deutschen Presse-Agentur. „Und ich möchte eigentlich nicht, dass am Wegesrand Eltern vielleicht in Erklärungsnöte geraten, wenn da irgendwelche Sexualpraktiken gezeigt sind oder einem der Schädel weggepustet wird.“
Zartbitter kritisierte nicht nur die Persiflagen, sondern auch, dass beim Düsseldorfer Rosenmontagszug bei kalter Witterung eine Gruppe sommerlich gekleideter Cheerleaderinnen mit bauchfreiem Oberteil mitgelaufen sei. „Der Rock hing einigen Mädchen im Grundschulalter weit unter dem Bauchnabel. Dies ist im Sinne des Kinderschutzes als eindeutige Form der Kindervernachlässigung durch eine unangemessene Kleidung bei winterlichen Temperaturen zu bewerten“, so Zartbitter.
Aufgrund des Wunsches nach Gruppenzugehörigkeit passten sich besonders kleine Kinder Kleidungsvorgaben häufig an, obwohl sie sich dabei unwohl fühlten. „Die Verantwortlichen des Karnevalszuges und der Vereinsvorstand sollten sich fragen, ob sie die persönlichen Rechte auf angemessene Kleidung beachten oder diese auf Kosten der Gesundheit und des Wohlbefindens von Kindern vernachlässigen“, so Philipp Büscher, Geschäftsführer von Zartbitter. (dpa/red)