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„Ich habe sie nicht beleidigt“Bärbel Bas reagiert auf Maybrit Illners Interviewfragen äußerst unwirsch

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Arbeitsministerin Bärbel Bas war bei „Maybrit Illner“ zu Gast und wurde dort mit ihrer Kampfansage gegen Deutschlands Wirtschaftsbosse konfrontiert. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

Arbeitsministerin Bärbel Bas war bei „Maybrit Illner“ zu Gast und wurde dort mit ihrer Kampfansage gegen Deutschlands Wirtschaftsbosse konfrontiert. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

Nicht nur durch das vorgelegte Rentenpaket sorgt Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas für Unruhe in der Koalition. Sie droht mit dem Ende der Koalition, ruft zum Klassenkampf und empört die Arbeitgeber. Von einer Entschuldigung fehlt im Gespräch mit „Maybrit Illner“ jedoch jede Spur.

Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas fühlt sich missverstanden - von „den Herren in bequemen Sesseln und Maßanzügen“, die die SPD-Chefin beim Arbeitgebertag ausgelacht hatten. Von SPD-Granden wie Franz Müntefehring und Peer Steinbrück, die am vorgelegten Rentenpaket kein gutes Haar lassen. Und zu guter Letzt von Moderatorin Maybrit Illner. Die hatte Bas in ihrer gleichnamigen ZDF-Sendung am Donnerstagabend mit deren jüngsten Aussagen beim Bundeskongress der Jusos konfrontiert.

„Es ist so, dass es bewusst missverstanden werden wollte, was ich gesagt habe“, verteidigte sich Bärbel Bas. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

„Es ist so, dass es bewusst missverstanden werden wollte, was ich gesagt habe“, verteidigte sich Bärbel Bas. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

Dort hatte die Politikerin von einem Kampf „nicht zwischen Jung und Alt, sondern zwischen Arm und Reich“ gesprochen. „Das kann eine SPD-Vorsitzende so finden und sagen, aber kann das auch eine Arbeits- und Sozialministerin in einem schwarz-roten Kabinett so sagen?“, wollte Illner wissen, denn: „Sie sind in einer Regierung, die für diese Männer in schwarzem Maßanzug wahnsinnig viele Steuermilliarden zur Verfügung stellt.“ Solche Aussagen würden das Handeln und Tun in diesem Kabinett konterkarieren, kritisierte die Moderatorin.

„Ich bin Ministerin für Arbeit UND Soziales“, verstand Bas ihre Rolle darin, beides zu tun: „Ich kämpfe hier um jeden Arbeitsplatz, den zu erhalten, den Unternehmen zu helfen, Bürokratie abzubauen (...), und auf anderer Seite muss ich auch denen eine Stimmen geben, wo Arbeitnehmerrechte abgebaut werden (...). Für die kämpfe ich auch.“ Ebenso hätte sie diejenigen im Blick, die von der Rente leben müssen, verteidigte sie ihr Beharren aufs Rentenniveau.

Bärbel Bas: „Es ist so, dass es bewusst missverstanden werden wollte, was ich gesagt habe“

Juso-Bundesvorsitzende Philipp Türmer (SPD) will für das Rentenpaket stimmen, weiß aber auch: „Es ist ein Pflaster, aber keine langfristige Reform.“ (Bild: ZDF/Jule Roehr )

Juso-Bundesvorsitzende Philipp Türmer (SPD) will für das Rentenpaket stimmen, weiß aber auch: „Es ist ein Pflaster, aber keine langfristige Reform.“ (Bild: ZDF/Jule Roehr )

Überzeugen konnte sie Illner damit nicht. „Kann man als Arbeitsministerin anders reden, als man handelt? Und kann man als SPD-Vorsitzende anders reden als man als Arbeitsministerin handelt?“, bohrte sie nach, „Sie sagen, Sie müssen an andere denken - aber müssen Sie das, ohne sie zu beleidigen?“

Jetzt wurde es Bas zu bunt. „Ich habe sie nicht beleidigt“, widersprach sie heftig. Dass sie sich für ihre Aussagen gegenüber Wirtschaftsbossen entschuldigen oder gar zurücktreten müsse, wie laut Illner vielerorts gefordert werde, sah sie nicht ein. Im Gegenteil. „Jetzt gucken Sie bitte auf den Arbeitgebertag, wie mir als Arbeitsministerin begegnet worden ist“, konnte sie ihre Verletztheit kaum verbergen. „Es ist so, dass es bewusst missverstanden werden wollte, was ich gesagt habe.“

„Es macht alles keinen Sinn“, konnte sich Franziska Brantner (Parteivorsitzende der Grünen) die Ausgabe von Millliarden ohne Finanzierungsplan nicht erklären. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

„Es macht alles keinen Sinn“, konnte sich Franziska Brantner (Parteivorsitzende der Grünen) die Ausgabe von Millliarden ohne Finanzierungsplan nicht erklären. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

Dass sie damit Zweifel an der Reformwilligkeit der SPD geschürt hätte, „auch das stimmt nicht“, betonte Bas. „Mir wird unterstellt, dass ich das (Anm.: die Rentenreform) nicht will“, begab sie sich in die Opferrolle zurück. Genau das Gegenteil sei er Fall: „Wir brauchen eine Reform!“ Sie wolle sich an Ländern wie Österreich, Dänemark oder den Niederlanden orientieren. Denn es greife zu kurz, „nur darüber zu reden, bis 70 zu arbeiten und die gesetzliche Säule runterzunehmen - das ist auch keine Reform, die ausreicht“, argumentierte sie. „Wenn diese Koalition den Mut hat, grundsätzlich eine Reform zu machen, dann haben wir wirklich etwas geschafft als große Volksparteien“, fügte sie hinzu. Neben der Stabilisierung der gesetzlichen Rente seien die Betriebsrente und die private Säule ausbaufähig.

Philipp Türmer (SPD): „Es geht nicht, dass das Sozialsysteme ausschließlich von Arbeitnehmern finanziert wird“

„Können Sie der Argumentation von Bas folgen?“, wollte Maybrit Illner im Anschluss ans Gespräch mit der Arbeits- und Sozialministerin von ihrer Gästerunde zum Thema „Showdown im Bundestag - Merz ohne Mehrheit?“ wissen. Warum Bas „achtmal in wenigen Minuten“ ihren Reformwillen kundgetan hatte, gleichzeitig aber auf ein Rentenpaket pocht, in dem es mit der Mütterrente oder der Aktivrente nur Wahlgeschenke regne, blieb nicht nur für die Moderatorin ein Rätsel.

„In dem Paket ist alles mögliche, was in die falsche Richtung rennt“, sprach sich auch Monika Schnitzer (links), Vorsitzende der „Wirtschaftsweisen“, gegen das Paket aus. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

„In dem Paket ist alles mögliche, was in die falsche Richtung rennt“, sprach sich auch Monika Schnitzer (links), Vorsitzende der „Wirtschaftsweisen“, gegen das Paket aus. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

„Es macht alles keinen Sinn“, konnte sich Franziska Brantner (Parteivorsitzende B'90/Die Grünen) die Ausgabe von Milliarden ohne Finanzierungsplan nicht erklären. Deshalb stimme ihre Partei mit „Nein“, kritisierte sie im selben Atemzug den Beschluss der Linken, sich der Stimme zu enthalten.

„In dem Paket ist alles Mögliche, was in die falsche Richtung rennt“, sprach sich auch Monika Schnitzer, Vorsitzende der „Wirtschaftsweisen“, gegen das geplante Geldverteilen aus. Damit würde man den zweiten Schritt vor dem Ersten, nämlich der Reformkommission, machen. Generell würde überschätzt, was Letztere tun könnte: „Alles liegt auf dem Tisch“, betonte sie, „man hat es in den Koalitionsverhandlungen nicht geschafft und sich nicht mal im Wahlkampf getraut, dieses Thema aufzugreifen.“

Das sei eine zu einfache Erklärung, widersprach Alexander Hoffmann (CSU), stellv. Fraktionsvorsitzender der Union. Seit 20 Jahren werde über die Rente gesprochen und „diese Regierung packt es ernsthaft an“, verteidigte er die Maßnahmen und geriet dabei immer wieder mit Brantner von den Grünen, aber auch Juso-Bundesvorsitzendem Philipp Türmer (SPD) in Streitgespräche. Während sich der CSU-Politiker mit dem Paket „zufrieden“ zeigte und darin mit der Mütterrente „Gerechtigkeitsfragen“ beantwortet sah, fand sein Counterpart von der SPD kritischere Worte: „Es ist ein Pflaster, aber keine langfristige Reform“, forderte der eine progressive Ausgestaltung und Umverteilung im Rentensystem sowie die Einbeziehung aller Einkünfte. „Es geht nicht, dass das Sozialsystem ausschließlich von Arbeitnehmern finanziert wird“, forderte er die Versteuerung von Kapitaleinkommen.

Dass sich ausgerechnet der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn in einer vergangenen Folge von Illner offen zeigte, über eine Erbschaftssteuer nachzudenken, das war bei seinem Partei-Kollegen noch nicht angekommen: „Sie hören nur das, was Ihre CSU-Ohren hören wollen“, warf ihm Türmer schlagfertig vor, „permanent Klassenkampf von oben“ zu betreiben.

Trotz Gezanke werden beide dem Rentenpaket zustimmen. „Was hängen bleibt ist: Wir streiten“, warnte allerdings Kerstin Münstermann, Leiterin der Parlamentsredaktion „Rheinische Post“, „da sind menschliche Zerwürfnisse passiert, die nicht notwendig wären - nicht für dieses Gesetz.“ Denn während die Republik über die Rente streite, seien emotionale Themen wie der Wehrdienst unter den Tisch gefallen. Auch darüber wird morgen im Bundestag abgestimmt. (tsch)