Putin als Karnevalssatire bringt Jacques Tilly vor ein Moskauer Gericht. Warum Russland gegen den Düsseldorfer vorgeht – und wie er reagiert.
Putin verspottetMoskau klagt Karnevalskünstler Jaques Tilly wegen Mottowagen an

Der deutsche Bildhauer und Karnevalswagenbauer Jacques Tilly vor einer Plastik von Wladimir Putin. Dafür steht er jetzt im Fokus der russischen Justiz.
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Mit Humor kennt die russische Justiz offenbar keinen Spaß: Gegen den Düsseldorfer Bildhauer und Karnevalswagenbauer Jacques Tilly ist in Moskau ein Strafverfahren eingeleitet worden. Grund sind seine satirischen Darstellungen von Kremlchef Wladimir Putin, die seit Jahren fester Bestandteil des Düsseldorfer Rosenmontagszugs sind.
Wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht, wirft die russische Justiz Tilly vor, die Armee verunglimpft und „Falschinformationen“ verbreitet zu haben. Der Fall wurde demnach am 15. Dezember eingereicht, die erste Anhörung ist für den 24. Dezember angesetzt – in Abwesenheit des Künstlers. In Russland sind auf Grundlage solcher Vorwürfe bereits zahlreiche Kritiker des Ukraine-Kriegs verurteilt worden. International gelten viele dieser Urteile als politisch motiviert.
Jaques Tilly gegen Russland: Lasse mich nicht einschüchtern
Konkret beziehen sich die Vorwürfe auf Tillys Karnevalswagen, die Putin als „Kriegstreiber“ zeigen. Das russische Portal „Ostoroschno Nowosti“ berichtet, die Werke seien eine Beleidigung des Präsidenten als Oberbefehlshaber und Ausdruck politischen Hasses. Tilly selbst hält das Verfahren für absurd. „Humor tut anscheinend doch weh“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die russische Armee habe er nie dargestellt, „wohl aber umso öfter den Despoten Putin“.
Der Bildhauer reagiert mit deutlichen Worten: „Russland ist ein Mafia-Staat mit einer entsprechenden Gerichtsbarkeit.“ Den Vorwurf, aus Eigennutz gehandelt zu haben, weist er zurück: „Ich bin ein Idealist. Geld verdiene ich damit nicht.“ Einschüchtern lasse er sich nicht – im Gegenteil. „Kurz vor Rosenmontag ist das ein ungünstiger Zeitpunkt für Demagogen und Despoten.“
Deutsche Politikerin: „Satire und Kunst sind keine Verbrechen“
Rückendeckung kommt aus der Landespolitik. NRW-Wirtschaftsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) schrieb auf X: „Satire und Kunst sind keine Verbrechen, sondern Ausdruck von Meinungsfreiheit und demokratischer Kultur.“ Weiter befand sie, wer Karnevalswagen kriminalisiere, offenbare „vor allem eines: Angst“.
Jacques Tilly ist seit Jahrzehnten eine feste Größe im Düsseldorfer Karneval. Seit 1984 entwirft er Mottowagen, die regelmäßig internationale Aufmerksamkeit erregen. Putin ist dabei ein wiederkehrendes Motiv: mal in Handschellen, mal hinter Gittern, mal badend in einer blutigen Wanne in den Farben der Ukraine. Eine Figur brachte Tilly sogar vor den Internationalen Strafgerichtshof nach Den Haag.
Auch gegenüber AFP zeigte sich der Künstler gelassen und „amüsiert“. Ernsthafte Konsequenzen fürchte er nicht, da er ohnehin keine Reise nach Russland plane. Ein gewisses Restrisiko bei Reisen in russlandnahe Staaten schließt er allerdings nicht aus. Statt abzuschrecken, liefert das Verfahren dem Satiriker neue Ideen. Wenige Wochen vor Rosenmontag kündigte Tilly an, auf die Vorwürfe zu reagieren – „närrisch und satirisch“. (dpa/afp)

