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Ratinger Täter mit Haftbefehl gesuchtZwei Polizisten in Lebensgefahr – Bewohnerin offenbar schon länger tot

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Bei einer Explosion in Ratingen sind neun Einsatzkräfte verletzt worden. „Das ist unbegreiflich“, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul. 

Bei einer Explosion in einer Wohnung in einem Hochhaus in Ratingen bei Düsseldorf sind laut Angaben der Feuerwehr am Donnerstag elf Menschen teilweise lebensgefährlich verletzt worden, darunter neun Einsatzkräfte. 

Entsetzen über Explosion in Ratingen: „Das ist irre und unbegreiflich“

Es handle sich um sieben Feuerwehrleute und zwei Polizeibeamte, berichtete Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) am Nachmittag im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags. Eine 27-jährige Polizistin und ein 29-jähriger Polizist schweben am frühen Abend in Lebensgefahr. 

„Das ist irre und unbegreiflich“, sagte Reul. „Dass Menschen, die für unsere Sicherheit sorgen – Feuerwehrleute, Polizisten – in den Einsatz gehen […] und am Ende im wahrsten Sinne des Wortes ihr Leben riskieren.“

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Auch Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) zeigte sich erschüttert. „In Gedanken bin ich bei den Einsatzkräften, die mutig ihr Leben riskiert haben und nun darum kämpfen“, schrieb Wüst auf am Donnerstagabend auf Twitter. Die Behörden setzten alles daran, die „Umstände des Vorfalls“ aufzuklären, versicherte Wüst. „Den Betroffenen gilt unsere volle Unterstützung.“

Der laut Polizei 57-jährige Bewohner des zehnstöckigen Wohnhauses, der die Detonation ausgelöst haben soll, wurde gegen 14 Uhr festgenommen. In der Wohnung fanden Einsatzkräfte eine weibliche Leiche, mutmaßlich handelt es sich um die 92-jährige Mutter des Mannes.

Gegen 11.15 Uhr war es laut Polizei in der Wohnung zu einer Explosion gekommen. Reul berichtete, dass gegen 10 Uhr die Wohnungseigentümergesellschaft des Hauses an der Berliner Straße die Polizei verständigt habe, weil ein Briefkasten eines Bewohners überquelle.

Die Polizei habe dann vor Ort die Feuerwehr hinzugezogen, um die Tür zu öffnen. Als die Einsatzkräfte die Tür öffnen wollten, habe der Bewohner ihnen einen Gegenstand, vermutlich einen Stofflappen, entgegengehalten, ihn angezündet, dann sei es zur Explosion gekommen. Mehrere Einsatzkräfte hätten „schwerste Verletzungen“ erlitten, es seien „gefährliche Entwicklungen zu befürchten“, sagte Reul.

„Im Umfeld der Coronaleugner aufgehalten“

Die Social-Media-Aktivitäten des Festgenommenen seien bereits ausgewertet worden, sagte der Innenminister zunächst im Landtag: „Danach ergibt sich der Hinweis, dass er sich im Umfeld der Coronaleugner aufgehalten hat, sage ich vorsichtig.“ Bei der Recherche in Sozialen Netzwerken könnte es aber zu einer Verwechslung gekommen sein, heißt es aus Sicherheitskreisen.

Über den Mann gebe es „kriminalpolizeiliche Erkenntnisse“, sagt Reul. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ lag gegen den 57-Jährigen ein Haftbefehl vor, weil er nach einer Verurteilung wegen Körperverletzung die Strafe nicht bezahlt hatte.

Ein Polizeisprecher vor Ort sagte, der Wohnungsinhaber sei mit „schwersten Verletzungen“ in ein Krankenhaus gebracht worden. Ob er durch die Explosion oder bei der Festnahme verletzt worden sei, könne man derzeit nicht sagen.

Wie die Frau in der Wohnung ums Leben gekommen sei, sei ebenfalls Gegenstand von Ermittlungen. Unklar ist, ob sie bei der Detonation starb oder ihr Tod einen anderen Hintergrund hat. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ist die gefundene Frau schon vor längerer Zeit gestorben.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser zeigte sich am Nachmittag entsetzt. „Das ist wirklich etwas unvorstellbar Schreckliches für diejenigen, die sich Tag für Tag für andere Menschen und für deren Sicherheit einsetzen“, erklärte die SPD-Politikerin.

„Meine Gedanken sind gerade bei den verletzten Einsatzkräften von Polizei und Feuerwehr und bei den Beamten, die derzeit dort ermitteln“, sagte auch NRW-Innenminister Reul. „Ich hoffe, dass sich der Zustand der Verletzten zügig verbessert.“ Die Düsseldorfer Polizei habe die Einsatzführung und die Ermittlungen übernommen. Die Gefahrenlage vor Ort wurde aufgehoben. Der Innenminister will sich gegen 17.30 Uhr ein Bild von der Lage vor Ort machen.

Ein dpa-Reporter berichtete, es habe während des Einsatzes mehrere Stunden nach der Explosion zahlreiche Knallgeräusche gegeben. Die Polizei machte dazu zunächst keine Angaben. Aus einer Wohnung im obersten Stockwerk des Hochhauses quoll Rauch. Die Lage war nach der Explosion lange unklar, Spezialkräfte und Scharfschützen waren vor Ort. Der Einsatzort wurde weiträumig abgesperrt. (mit dpa)

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