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An der Seite von Mördern und Vergewaltigern„In jedem Fall weiß ich mehr über meinen Mandanten als das Gericht“

Lesezeit 3 Minuten

Pantea Farahzadi beim Prozessauftakt gegen einen 35-jährigen Mann aus Buchforst, der sich 2024 wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht verantworten musste

Die Anwältin Pantea Farahzadi verteidigt Mörder, Gewalttäter und Vergewaltiger. Bei „True Crime Köln“ spricht sie über ihre Fälle, menschliche Abgründe und ihre männlichen Kollegen.

Mord und Totschlag, Gewalt und sexueller Missbrauch – die Strafverteidigerin Pantea Farahzadi schaut täglich in tiefste menschliche Abgründe. Wie kommt man damit klar? Wie cool muss man sein? „Ich glaube, sehr cool“, sagt die junge Verteidigerin im Interview mit „True Crime Köln“. Wichtig sei, das Berufliche vom Privaten strikt zu trennen. „Man bekommt so viel negative Energie mit. Man darf das Schreckliche nicht mit nachhause nehmen.“

In der neuen Folge der Podcastreihe des Kölner Stadt-Anzeiger über wahre Verbrechen in Köln und in der Region gibt die Kölner Fachanwältin im Gespräch mit Helmut Frangenberg einen Einblick in ihre Arbeit. Pantea Farahzadi hat in manch spektakulären Fall Schwerverbrecher verteidigt, darunter den Priester Hans Ü., dem 118 Fälle von Kindesmissbrauch vorgeworfen wurden. Sie hat einem Mitglied der „Pink Panter“-Juwelenräuber, Drogenbossen und brutalen Schlägern beigestanden. Im Fall des ermordeten Mülheimer Jugendlichen Dara K. hat sie einen der Täter verteidigt, der im Gegensatz zu seinem Mittäter mit einer milderen Strafe davonkam.

Die neue Folge von „True Crime Köln“ hören:

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Das Gericht hat ein klares Urteil gesprochen – und doch ist bis zuletzt nicht klar geworden, was genau am Mülheimer Rheinufer passierte, wo die Leiche des 15-Jährigen im März 2024 gefunden wurde. „Die prozessuale Wahrheit ist nicht immer die echte Wahrheit“, lautet Farahzadis ernüchterndes Fazit. Was für einen Außenstehenden schwer nachvollziehbar scheint, ist für sie Alltag. Es könne durchaus sein, dass ein gefährlicher Straftäter mit einer zu geringen Strafe davonkomme. Muss man als Anwalt oder Anwältin immer Verständnis für seine Mandanten und ihre Taten haben? „Es muss kein Verständnis sein“, so Farahzadi. Aber Empathie sei nötig. Und auch die schlimmsten Verbrecher hätten ein Anrecht auf einen fairen Prozess.

Im Gespräch bei „True Crime Köln“ berichtet Farahzadi über einige ihrer Fälle, aber auch davon wie es ist, sich als eine von wenigen Frauen unter Strafverteidigern durchzusetzen. Wenn es um besonders schwere Verbrechen geht, würden nicht wenige erwarten, dass „starke, ältere Männer mit lauter Stimme“ neben den Angeklagten Platz nehmen und „auf den Tisch hauen“. Das sei das Klischee, das von vielen Kinofilmen und Fernsehserien geprägt worden sei.

Die männlichen Kollegen hätten es ihr nicht leicht gemacht: Als sie angefangen habe, habe es keine Probleme gegeben, „weil die mich unterschätzt haben“. Als sie zu einer ernstzunehmenden Konkurrentin geworden sei, habe ein regelrechtes Mobbing begonnen. Sie sei sexistisch beleidigt und mit böswilligen, strafrechtlich relevanten Falschaussagen diskreditiert worden.

Puffbesuche mit Mandanten

Farahzadi kritisiert bei „True Crime Köln“, dass sich mancher ihrer Kollegen auf zu viel Nähe zu den Mandanten einlasse. „Es gibt ein großes Risiko, dass man sehr leicht die Seiten wechseln kann.“ Es gebe Kollegen, die bei privaten Essen oder Partys Grenzen überschreiten. Sogar gemeinsame „Puffbesuche“ von Verteidigern und Mandanten kämen vor. Strafverteidigung sei ein „sehr gefahrgeneigter Beruf“ mit vielen Verlockungen, so Farahzadi. Da sei es wichtig, von vorherein Wert auf Distanz zu legen. Mancher Mandant versuche mit Kleinigkeiten auszutesten, zu was sein Verteidiger bereit sein könnte. Was mit einer ins Gefängnis geschmuggelten Schokolade beginne, kann zu engen Verbindungen führen. „Das ist nicht nur strafbar, sondern hochgefährlich, weil man sich in Abhängigkeiten begibt.“

True CRime

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Die neue Folge von „True Crime Köln“ kann man überall hören, wo es Podcasts gibt, und über die Internetseiten des Kölner Stadt-Anzeiger.

www.ksta.de/true-crime-koeln