Urteil im Karnevalsmord-ProzessPetra Nohls Tochter über ein Leben in Angst

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Spurensicherung nach dem Mord an Petra Nohl 1988 am Rande der Schull- und Veedelszöch

Spurensicherung nach dem Mord an Petra Nohl 1988 am Rande der Schull- und Veedelszöch

36 Jahre nach der Tat verurteilt das Landgericht den Mörder von Petra Nohl. Ihre Tochter berichtet bei „True Crime Köln“ von den Folgen der Tat.

„Ich war mir von Anfang an sicher, dass er das war. Zweifel gab es höchstens daran, dass er wirklich auch verurteilt wird.“ So erinnert sich die Tochter von Petra Nohl an die quälende juristische Aufarbeitung des so genannten Karnevalsmords aus dem Jahr 1988. Die Leiche ihrer Mutter war am Zugweg der „Schull- un Veedelszöch“ aufgefunden worden. Während der Karnevalszug ging, untersuchte die Polizei den Tatort. 36 Jahre später ist ein 57-jähriger Mann wegen des Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein sogenannter "Cold Case" wurde aufgeklärt.

Die Tage zwischen den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung seien „schlimm und grausam“ gewesen, berichtet die Tochter des Mordopfers im Gespräch bei „True Crime Köln“. Ihr Anwältin hatte sie so gut vorbereitet, dass sie bei der Urteilsverkündung schon nach dem ersten Satz gewusst habe, worauf es hinauslaufe. Vor Erleichterung sei sie dann in Tränen ausgebrochen, so die junge Frau in der aktuellen Folge der Podcast-Reihe des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Beweislage war dünn, reichte aber am Ende für die Verurteilung.

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„Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas tun muss“, sagt die Tochter der Ermordeten auf die Frage, warum sie sich dafür entschieden hatte, als Nebenklägerin im Prozess dabei zu sein. „Ich habe das vor allem für meinen Vater gemacht. Ihn hat es aufgefressen. Das war für ihn ganz schlimm.“ Immer wieder sei er zur Polizei gegangen und habe nach neuen Spuren gefragt. Die Ungewissheit sei unerträglich gewesen. Ein „normales Leben“ war nicht mehr möglich. Ihr Vater musste mit der besonders bedrückenden Situation klarkommen, dass er zunächst selbst zu den Verdächtigen gehörte, als die Polizei nach Petra Nohls Mörder suchte. Und auch wenn so ein Verdacht irgendwann ganz offiziell ausgeräumt wird, bleibt doch immer irgendetwas kleben. „Der Vater ist an diesem Schicksal zerbrochen“, sagt Anwältin Eva Kuhn, die zusammen mit ihrer Mandantin zu Gast im Podcast-Studio des „Kölner Stadt-Anzeiger“ war.

Die Tochter der ermordeten Petra Nohl mit ihrer Anwältin Eva Kuhn (l.) im Landgericht.

Die Tochter der ermordeten Petra Nohl mit ihrer Anwältin Eva Kuhn (l.) im Landgericht.

Den Prozess hat er nicht mehr miterleben können. Er starb ein Jahr, bevor sich die Polizei dazu entschlossen hatte, den „Cold Case“ wieder aufzurollen. „Mein Vater konnte nie belegen, dass er es nicht war.“ Sein ganzes Leben sei von dem Gedanken ausgefüllt gewesen, den Mörder von Petra Nohl zu finden. Die Angestellte möchte zum Schutz ihres Kindes nicht mit Namen in der Zeitung stehen. Petra Nohls Enkelin sollen Belastungen erspart bleiben, die die Tochter schon als Kleinkind erleben musste. Als Petra Nohl starb, war sie 18 Monate alt. Rund 36 Jahre lang lebten sie und ihre Familie in der Ungewissheit, was sich an jenem Karnevalssamstag im Jahr 1988 zugetragen hatte.

„Ich hatte immer Angst vor allem“

„Ich bin mit dem Gedanken aufgewachsen, dass meine Mutter von einem Unbekannten getötet wurde“, erinnert sich die 37-Jährige. Da habe nicht nur die „Mama“ gefehlt, die schmerzlich vermisst wurde. Die Tat habe auch eine tiefsitzende Angst in der ganzen Familie verursacht. Ihr Vater habe ihr immerzu gesagt, möglichst nicht im Dunklen über die Straße zu gehen oder nur mit einem Sicherheitsabstand an Hauswänden vorbeizulaufen, damit sie nicht in einem Hauseingang gezerrt werden kann. „Von Kindheit an wurde mir eingetrichtert, dass dieser Mörder frei herumläuft. Ich hatte immer Angst vor allem.“

In der aktuellen Folge der Podcast-Reihe „True Crime Köln“ berichtet die Tochter der Ermordeten davon, wie sie den Prozess erlebte, bei dem ihr zum ersten Mal klar wurde, wie brutal der Mörder gewesen war. Sie erinnert sich an die polizeilichen Ermittlungen im Vorfeld und die Begegnung mit dem Täter im Landgericht. Dort hatte der Angeklagte weitgehend geschwiegen, nachdem er sich zuvor bei der Polizei auf Erinnerungslücken berufen hatte. Sie habe ihm nicht geglaubt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man so eine Tat vergisst.“ Sie hätte es gerne gesehen, wenn der Täter nicht nur seine Anwälte hätte sprechen lassen. „Aber ich weiß auch nicht, ob es das besser machen würde, wenn man etwas Reue gespürt hätte.“

Die Tochter von Petra Nohl hofft, dass sie nach der Verurteilung des 57-jährigen Kölners mit einer langen Leidensgeschichte abschließen kann. Eine letzte Ungewissheit bleibt jedoch. Der Mann hat Revision gegen das Urteil eingelegt. Der Bundesgerichtshof muss das Urteil des Kölner Landgerichts überprüfen.

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