Petition gegen AfD-PolitikerIst eine Aberkennung der Grundrechte für Björn Höcke juristisch möglich?

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Eine Demonstration unter dem Motto ´AfD Verbot prüfen - jetzt!» am Freitag vor dem Bundeskanzleramt.

Eine Demonstration unter dem Motto ´AfD Verbot prüfen - jetzt!» am Freitag vor dem Bundeskanzleramt.

Mehr als 500.000 Menschen haben eine Petition unterschrieben, die weitreichende Schritte gegen den verhassten Politiker fordern. Aber geht das überhaupt? 

„Stoppen Sie den Faschisten Björn Höcke: Veranlassen Sie, dass die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 Grundgesetz stellt.“ Das fordert eine Petition, die der Physiker Indra Ghosh vor zwei Monaten auf der Petitionsplattform des Kampagnen-Netzwerks Campact veröffentlichte. Die Petition richtet sich an die Fraktionsspitzen aller Bundestagsparteien – außer der AfD. Anfangs stieg die Zahl der Unterzeichner gemächlich, seit der vorigen Woche laufen jedoch die Campact-Server heiß. Das Kampagnenziel von einer halben Million Unterschriften ist unterdessen weit übertroffen. Die Zahl der Unterzeichnenden lag am Sonntag bei knapp unter 700.000.

Grund für den Schub dürfte der vom Recherchezentrum Correctiv bekannt gemachte rechtsextremistische Plan für eine großangelegte Vertreibung („Remigration“) von Ausländern sein, inklusive Deutschen mit Migrationshintergrund.

Das Grundgesetz sieht die Möglichkeit vor, Extremisten die Grundrechte zu entziehen. Voraussetzung ist laut Artikel 18, dass die Grundrechte „zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht“ werden. Über die Grundrechtsverwirkung kann ausschließlich das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Der Schritt ist neben dem Parteiverbot ein Instrument der „wehrhaften Demokratie“.

Laut Grundgesetz können insbesondere die politisch relevanten Grundrechte entzogen werden, also Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit, aber auch das Eigentumsrecht. Im Bundesverfassungsgerichtsgesetz ist zudem vorgesehen, dass auch das Wahlrecht und die Befugnis, öffentliche Ämter auszuüben, entzogen werden können. Nicht zuletzt darauf zielt die Petition im Vorfeld der Thüringer Landtagswahl, die für September geplant ist. Höcke ist Spitzenkandidat der AfD und will Ministerpräsident werden.

Einen Antrag auf Entziehung der Grundrechte können laut Gesetz lediglich Bundestag, Bundesregierung oder eine Landesregierung stellen. Bürger können also nur an die Staatsorgane appellieren, diesen Weg zu gehen.

Bisher gab es in Deutschland vier Anträge auf Entziehung der Grundrechte. Betroffen waren ausschließlich Rechtsextremisten: Otto-Ernst Remer (Vize-Vorsitzender der verbotenen Sozialistischen Reichspartei), Gerhard Frey (Verleger der Nationalzeitung) sowie die Neonazis Thomas Dienel und Heinz Reisz.

Petition gegen Björn Höcke: Ergebnis vor Thüringer Landtagswahl kaum zu erwarten

Alle vier Anträge wurden vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt. Die letzte Ablehnung im Fall von Dienel und Reisz erfolgte 1996 sogar ohne Begründung. Anträge auf Grundrechtsverwirkung gelten deshalb bisher nicht gerade als besonders effizient.

Ein Ergebnis im Fall Höcke noch vor der Thüringer Landtagswahl wäre zudem kaum zu erwarten. Über die bisherigen Anträge hatte Karlsruhe erst nach einer Frist von vier bis acht Jahren entschieden.

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