Freude in Köln und LeverkusenBundestag segnet Selbstbestimmungsgesetz ab

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Tessa Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen) und Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarischer Staatssekretär für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, umarmen sich am Rande der Abstimmung zum Selbstbestimmungsgesetz.

Tessa Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen) und Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarischer Staatssekretär für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, umarmen sich am Rande der Abstimmung zum Selbstbestimmungsgesetz.

Der Bundestag hat grünes Licht für das neue Gesetz gegeben. Freude herrscht auch bei Kölner und Leverkusener Politikern. 

Nach einer teils hochemotionalen Debatte hat der Bundestag grünes Licht für das neue Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung gegeben. Das Plenum stimmte in namentlicher Abstimmung mehrheitlich für das Gesetz, mit dem die Änderung von Geschlechtseinträgen auf dem Amt künftig deutlich leichter werden soll als bisher.

Bei insgesamt 636 abgegebenen Stimmen votierten 374 Abgeordnete für das Gesetz. Mit Nein stimmten 251, elf Abgeordnete enthielten sich. Unterstützung für das Gesetz der Koalition kam aus der Gruppe Die Linke. Union, AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) lehnten eine Zustimmung klar ab.

Mit dem neuen Gesetz soll es leichter werden, seinen Geschlechtseintrag und Vornamen auf dem Amt ändern zu lassen. Es sieht vor, dass Menschen ab 1. November dieses Jahres die entsprechende Änderung per Erklärung gegenüber dem Standesamt vornehmen können. Die bisherige Pflicht, eine ärztliche Bescheinigung und mehrere Gutachten dafür vorzulegen, soll wegfallen.

Selbstbestimmungsgesetz: Abbau hoher Hürden

Die Erleichterungen betreffen vor allem transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen, die bislang hohe Hürden auf sich nehmen mussten, um ihren Geschlechtseintrag samt Vornamen auf dem Amt ändern zu lassen. Sie müssen bis heute dafür ein langwieriges und kostspieliges Verfahren mit Sachverständigengutachten durchlaufen.

Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz wird das seit 40 Jahren geltende Transsexuellengesetz abgelöst. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Regelungen des Gesetzes mehrfach in Teilen für verfassungswidrig erklärt und auf die demütigenden Verfahren für Betroffene hingewiesen.

„Erleben immer wieder, dass unsere Würde zur Verhandlungssache gemacht wird“

Mit den Demütigungen sei nun Schluss, erklärte der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, im Bundestag. Das Transsexuellengesetz habe genug Leid verursacht. „We dit it: Der Bundestag hat das Selbstbestimmungsgesetz beschlossen!“, schrieb der Kölner Politiker zudem später im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter).

Die Leverkusener Grünen-Abgeordnete Nyke Slawik, die selbst zur Gruppe der trans Personen gehört und ihren Geschlechtseintrag auf Basis der bisherigen Regeln ändern ließ, bedankte sich bei allen, die das neue Gesetz möglich gemacht hätten. „Als trans Personen erleben wir immer wieder, dass unsere Würde zur Verhandlungssache gemacht wird“, erklärte sie. Damit sei nun Schluss. 

Freude herrschte auch bei der Linken. „Ein jahrelanger Kampf endet vorerst mit einem Etappensieg. Heute bleibt nur noch eins: Danke an alle, die das möglich gemacht haben! Wir feiern mit allen trans, inter und nicht binären Menschen in Deutschland – und morgen kämpfen wir weiter“, schrieb der Sprecher der Arbeitsgruppe „Die Linke queer“, Daniel Bache bei X. 

Freude bei Grünen und Linke: „Ein jahrelanger Kampf endet vorerst mit einem Etappensieg“

Aus der Opposition kam derweil scharfe Kritik. Die CDU-Abgeordnete Mareike Wulf (CDU) warf der Regierungskoalition vor, dass mit dem Gesetz künftig jeder Bürger seinen Geschlechtseintrag auf dem Amt ändern lassen könne, ohne dafür eine nähere Begründung zu nennen.

Die AfD fand teils drastische Worte. „Jeder soll plötzlich irgendwie alles sein können“, rief der Abgeordnete Martin Reichardt. Er sprach von „ideologischem Unfug“ und von „Transextremisten“. Es sei ein „aberwitziges Gesetz“, das seine Fraktion vollumfänglich ablehne. (das/dpa)

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