Überraschende Flut-BilanzSchäden an Infrastruktur deutlich geringer als angenommen

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NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU).

Düsseldorf – Die Flutkatastrophe vom Juli 2021 hat in NRW offenbar deutlich geringere Schäden verursacht als bislang angenommen. Das geht aus einer Bilanz hervor, die NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Mittwoch in Düsseldorf vorgestellt hat. Danach befinden sich rund 1,6 Milliarden Euro für Ausgleichszahlungen an Kommunen und Privathaushalte in Auszahlung. Das Land hatte im vergangenen Jahr 12,3 Milliarden Euro für Entschädigungen bereitgestellt.

Flut-Katastrophe: Kosten für Schäden zu hoch angesetzt?

Der hohe Differenzbetrag kommt offenbar zustande, weil die Kommunen die Schäden an der Infrastruktur zu hoch angesetzt hatten. Allerdings hätten auch noch nicht alle betroffenen Städte und Gemeinden ihre Schäden geltend gemacht, hieß es. „Fest steht aber, dass die insgesamt bereit gestellte Summe von 12,3 Milliarden Euro ausreichen wird“, sagte Scharrenbach.

Bei der Flutkatastrophe vor einem Jahr waren in NRW 49 Menschen ums Leben gekommen. An der zögerlichen Abwicklung der Anträge für die Ausgleichzahlungen hatte es massive Kritik gegeben. Mittlerweise laufe „es rund“, sagte Scharrenbach, weil sich eine gewisse Routine eingespielt habe. Von den 280 zusätzlichen Stellen, die das Land den Bezirksregierungen für die Antragsbearbeitung bewilligt hatten, seien allerdings erst 73 besetzt, räumte die Ministerin ein. Es sei nicht einfach, Fachkräfte zu gewinnen.

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Die Flut hat im Rheinland wie hier in Erftstadt-Blessem verheerende Schäden angerichtet.

Von den Flut-Opfern waren nach Angaben von Scharrenbach bislang rund 18 800 Anträge gestellt worden. Davon seien 94 Prozent geprüft oder bewilligt worden. Für private Haushalte seien rund 493,4 Millionen Euro in Auszahlung. Die Bearbeitungszeit bei privaten Anträgen lag in den vergangenen drei Monaten den Angaben zufolge im Durchschnitt bei etwa neun Tagen. In 196 Fällen ergab sich ein Betrugsverdacht, vor allem bei der Abrechnung vermeintlicher Hausratsschäden. Wären die Anträge bewilligt worden, wäre ein Schaden von 8,2 Millionen Euro entstanden, sagte Scharrenbach.

Für Wiederaufbaupläne der Kommunen wurden bisher 740 Millionen Euro bewilligt. Mit den Mitteln sollen Kindertagesstätten, Feuerwehrhäuser, Schulen, Straßen und Brücken wiederaufgebaut werden. „Wir kommen in NRW beim Wiederaufbau richtig gut voran“, sagte Scharrenbach. „Das war ein Kraftakt, und das ist es bis heute.“

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Die Flut-Bilanz ist Scharrenbach auch ein persönliches Anliegen. Die Politikerin aus Kamen war in die Kritik geraten, nachdem der „Kölner Stadt-Anzeiger“ enthüllt hatte, dass sie in der Hochphase der Flut nach Mallorca gereist war, um dort an einer Geburtstagparty teilzunehmen, zu der Ex-NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser eingeladen hatte. Die CDU-Politikerin aus Köln war wegen der „Mallorca-Affäre“ zurückgetreten. Auch Scharrenbach sah sich mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.

Die Flut-Katastrophe und der Umgang mit der Krise hatten auch weitreichenden Einfluss auf die politischen Entwicklungen im Bund. Der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) geriet wegen eines unpassenden Lachers bei einem Auftritt im Flutgebiet massiv unter Druck und verlor die Bundestagswahl. In NRW rückte Hendrik Wüst als Regierungschef nach.

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