Geheime ListeImmer mehr gewaltbereite Fußball-Anhänger in NRW

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Kölner Fußballfans brennen Pyrotechnik ab.

Düsseldorf – In den deutschen Profiligen wurde wegen Corona zwar überwiegend nur ohne Zuschauer gespielt, trotzdem ist die Zahl der als gewaltbereit gespeicherten Fußballfans in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. 3900 Personen waren 2020 in der geheimen „Datei szenekundige Beamte“ erfasst, ein Jahr zuvor waren es noch 3020.

Bei den Betroffenen handelt es sich um Anhänger, die nach den Erkenntnissen von Ermittlern am Rande von Spielen durch Provokationen oder Gewalttaten aufgefallen sein sollen. 2017, als die Datei zum ersten Mal erhoben wurde, waren es noch 2582 Personen.

Störaktionen auch während Geisterspielen

Dies ist einer Antwort des NRW-Innenministeriums auf eine Anfrage der SPD und der Grünen im Landtag zu entnehmen. Der Anstieg sei darauf zurückzuführen, dass einige ältere Daten aus den Kreispolizeibehörden erst im vergangenen Jahr übertragen wurden, hieß es auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus dem Ministerium.

Zudem habe es 2020 auch während einiger Geisterspiele Aktionen von Fan- und Störergruppen gegeben. „Beispielsweise in Verbindung mit dem organisierten Abbrand von Pyrotechnik sowie in Einzelfällen auch zu sogenannten Drittort-Auseinandersetzungen“, so ein Ministeriumssprecher.

„Faule Ausrede“ vorgeworfen

Der überwiegende Teil der Betroffenen wird vermutlich nicht wissen, dass er in der Liste geführt wird. Zwar gibt es in NRW die Möglichkeit, sich nach den Informationen zu erkundigen, die über die eigene Person gespeichert sind. Die Pflicht, grundsätzlich von sich aus zu informieren, hätten die beteiligten Behörden jedoch nicht, schreibt das Innenministerium in der Antwort auf die Parlamentarieranfrage und beruft sich dabei auf das nordrhein-westfälische Polizeigesetz.

Dies sei „eine faule Ausrede“, meint der SPD-Landtagsabgeordnete Markus Weske. Im neuen Polizeigesetz werde schließlich auch nicht verboten, die Betroffenen zu informieren. Andere Bundesländer wie Bremen oder Rheinland-Pfalz beispielsweise würden dies bei den Betroffenen machen, die in der bundesweiten „Datei Gewalttäter Sport“ geführt würden. Er halte deren „Argument für nachvollziehbar, auf diesem Wege jungen Menschen deutlich zu machen: Pass auf, wir haben dich im Blick!“

Speicherung seit Langem umstritten

Die Gründe für eine Speicherung, die Voraussetzungen für eine Löschung, Speicherfristen sowie die Pflicht seitens staatlicher Behörden, Betroffene darüber zu informieren, seien seit Langem umstritten, betont Josefine Paul von den Grünen. Wenn die Leute nicht wüssten, was über sie gespeichert sei, würden sie auch nicht von ihrem Recht gebraucht machen, die Berechtigung der Speicherung im Zweifel gerichtlich überprüfen zu lassen. „Dies ist ein Rückschritt in der Diskussion um mehr Transparenz im Umgang mit gespeicherten Daten von Fußballfans“, so Paul.

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