Scharfe Kritik am AltkanzlerGauck über Schröder: „Würde Begrifflichkeiten verwenden, die mir nachher leidtun“

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Altbundespräsident Joachim Gauck hat sich kritisch über Altkanzler Gerhard Schröder geäußert. (Archivbild)

Altbundespräsident Joachim Gauck hat sich kritisch über Altkanzler Gerhard Schröder geäußert. (Archivbild)

Schröder habe sein „Erbe“ verspielt, erklärte Gauck, der sich auch über Wagenknecht und Höcke äußerte.

Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat sich im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ über mehrere deutsche Politikerinnen und Politik kritisch geäußert. Der 83-Jährige sprach im Format „Spitzengespräch“ sowohl über Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), als auch über Altkanzlerin Angela Merkel (CDU). Gauck äußerte sich zudem über den russischen Krieg gegen die Ukraine, die Haltung von Sahra Wagenknecht (Linke) und die AfD.

Joachim Gauck über Gerhard Schröder: „Das ist einfach nur traurig“

Mit Blick auf die Nord-Stream-Pipelines habe er Altkanzlerin Merkel bereits als amtierender Bundespräsident kritisiert, erklärte Gauck im Gespräch mit dem Journalisten Markus Feldenkirchen. Grundsätzlich habe er jedoch „großen Respekt“ vor Merkel. Ihre Haltung, die Nord-Stream-Pipelines als „privatwirtschaftliches Projekt“ zu betrachten, könne er jedoch „nicht nachvollziehen“ und habe sie deshalb „mit Blick auf Russland“ kritisiert.

Gerhard Schröder sei allerdings ein „anderes Kapitel“, erklärte Gauck, als Feldenkirchen von der Altkanzlerin zum Altkanzler überleitete. Bisher habe man über Menschen gesprochen, „die unsere Achtung verdienen“, erklärte Gauck. Schröder habe zwar eine „wunderbare Karriere in der Demokratie hingelegt“, sein „politisches Erbe“ habe der Altkanzler nun jedoch „verspielt“, da er sich dem russischen Präsidenten Wladimir Putin „angedient“ habe.

Joachim Gauck enttäuscht von Gerhard Schröder: Altkanzler hat sich „um eigene Würde“ gebracht

Das sei „menschlich total enttäuschend“, erklärte Gauck. Er könne keinen weiteren politischen Akteur erkennen, „der so weit gehen würde, sich so weit um die eigene Würde zu bringen“, führte der ehemalige Bundespräsident aus. „Das ist einfach nur traurig.“ Weiter wollte Gauck sich nicht über Schröder äußern.

Er habe zwar „Erklärungen“ für das Verhalten des SPD-Politikers, wolle diese aber nicht vertiefen, „dann würde ich vielleicht Begrifflichkeiten verwenden, die mir dann nachher leidtun.“ Schröder habe jedoch auch Verdienste, betonte Gauck. „Menschen sind nicht nur immer gut, Menschen sind verführbar“, Schröder sei „einer Verführungsart anheimgefallen“, führte der Theologe aus.

Joachim Gauck kritisiert Sahra Wagenknecht: „Intellektuelle und politische Übergriffigkeit“ 

Schröder hatte zuvor am vergangenen Dienstag mit seinem Besuch eines Empfangs in der russischen Botschaft in Berlin für Empörung gesorgt. Der SPD-Politiker und ehemalige Kanzler hat sich seit Kriegsbeginn nicht eindeutig vom russischen Präsidenten Wladimir Putin distanziert, mit dem er freundschaftlich verbunden ist.

Gauck äußerte sich in dem Gespräch auch zur Unterstützung der Ukraine durch Deutschland – und zeigte wenig Verständnis für die Positionen von Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und der Publizistin Alice Schwarzer. Wenn „wohlmeinende Deutsche“ meinten festlegen zu können, wann der Zeitpunkt für Verhandlungen gekommen sei, empfinde er das als „intellektuelle und politische Übergriffigkeit, die uns nicht zusteht“, erklärte Gauck.

Joachim Gauck über AfD-Politiker Björn Höcke: „Sehe manchmal einen Goebbels vor mir“

Die Behauptung, dass ein Waffenstillstand auch der Ukraine helfe, wies Gauck als „zynisch“ und „wirklichkeitsfern“ zurück. „Die Ukrainer wollen aus tiefstem Herzen ihre Lebensform verteidigen“, erklärte der Ex-Präsident.

Gauck äußerte im Gespräch mit dem „Spiegel“ zudem scharfe Kritik an dem AfD-Politiker Björn Höcke. Wenn er Höcke sprechen höre, „dann sehe ich manchmal einen Goebbels vor mir“, sagte Gauck, der sich ebenfalls kritisch über den AfD-Politiker Alexander Gauland äußerte. 

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