Der politische Betrieb kommt langsam wieder in Gang. Union und SPD setzen erste Akzente – im Fokus steht die Zukunft der Sozialversicherungen.
Sozialpolitik im FokusUnion und SPD ringen um Kurs beim Sozialstaat

Kanzler Friedrich Merz beim Landesparteitag der niedersächsischen CDU. /
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In der schwarz-roten Koalition gibt es vor dem Ende der Sommerpause kontroverse Debatten über die anstehenden Reformen des Sozialstaates. Kanzler Friedrich Merz sagte beim Landesparteitag der niedersächsischen CDU in Osnabrück, der Sozialstaat sei in seiner jetzigen Form „nicht mehr finanzierbar“. Und er wolle sich durch Begriffe wie „Sozialabbau“ und „Kahlschlag“ nicht irritieren lassen. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas, die zugleich Vorsitzende der SPD ist, hatte zuletzt eine Kommission angekündigt, die über sozialstaatliche Fragen beraten werde.
Co-Parteichef und Vizekanzler Lars Klingbeil sagte der Funke-Mediengruppe, er erwarte „von allen Verantwortlichen mehr Fantasie als einfach nur Leistungskürzungen für die Arbeitnehmer“, und fuhr fort: „Menschen, die sehr hohe Vermögen und Einkommen haben, sollten ihren Teil dazu beitragen, dass es in dieser Gesellschaft gerechter zugeht. Gerade in diesen extremen Zeiten.“ Zudem übte Klingbeil Kritik an Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) und äußerte sich „irritiert“ darüber, dass sie das rechtsgerichtete Portal „Nius“ des Klöckner-Vertrauten Frank Gotthardt mit der linken „tageszeitung“ (taz) verglichen hatte.
Klingbeil „irritiert“ über Klöckner
Derweil bemühte sich der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, um Ausgleich. „Reden auf Parteitagen sollte man einordnen – insbesondere, wenn eine Partei wie die CDU in Niedersachsen aus guten Gründen in der Opposition ist“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) auf den Kanzler gemünzt. „Der Inhalt war wohl darauf ausgerichtet, die eigenen Delegiertenherzen zu mobilisieren.“
Wiese fügte hinzu: „Friedrich Merz und ich haben noch am selben Morgen gemeinsam eine Veranstaltung im Sauerland besucht und ausdrücklich die Gemeinsamkeit dieser Koalition betont. Denn die außen- und innenpolitischen Aufgaben sind groß. Daran arbeiten wir permanent und wollen die Taktzahl in unserem Arbeitsmodus im Herbst noch weiter erhöhen.“
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