Julia Klöckner wird von vielen vor allem als Provokation wahrgenommen. So kann die CDU-Politikerin nicht weiter machen.
Julia KlöcknerZurückhaltung stünde einer Bundestagspräsidentin gut


Julia Klöckner spricht beim Sommerfest der CDU Koblenz.
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Was immer man über Julia Klöckner denken mag, zweierlei ist unzweifelhaft: Die Bundestagspräsidentin war bereits umstritten, bevor sie in das Amt gewählt wurde. Und sie war es keineswegs nur auf der linken Seite des politischen Spektrums, sondern auch in den eigenen Unions-Reihen. Dort fehlt manchen die intellektuelle Flughöhe, die etwa ihrem christdemokratischen Vorvorgänger Wolfgang Schäuble zugeschrieben wurde.
Nach fünf Monaten an der Spitze des Parlaments kommt man an der Feststellung nicht vorbei, dass die 52-Jährige viele Vorurteile bestätigt.
Verdacht der Rechtsverschiebung
Die CDU-Politikerin hat das zweithöchste Staatsamt inne. Sie soll integrieren - und den Bundestag, wenn nötig, disziplinieren. Tatsächlich sieht sich Klöckner aber mit Recht dem Verdacht ausgesetzt, an einer Rechtsverschiebung der Union mitzuwirken. Ihre Nähe zu dem Unternehmer Frank Gotthardt ist dafür ein Indiz von vielen. Dessen Portal NIUS mit der „tageszeitung“ in einen Topf zu werfen, ist abwegig. Zugleich geht die Präsidentin bei der Disziplinierung des Parlaments deutlich zu weit und erhärtet so den Verdacht. Einem Linken-Abgeordneten das Tragen einer Baskenmütze zu untersagen, ist richtig. Falsch ist es, auch Anstecknadeln mit politischen Bekenntnissen am Knopfloch zu verbieten – oder dem Regenbogennetzwerk der Bundestagsverwaltung die Teilnahme am Christopher Street Day. Das schafft erst Konflikte, wo sonst keine sind.
In der Summe tritt ein paradoxer Effekt ein: Klöckner will die Polarisierung eindämmen. Faktisch heizt die in vielerlei Hinsicht auffällige Frau diese Polarisierung an. Daher wäre statt extrovertierten Auftretens in Inhalt und Form vor allem eines zu wünschen: mehr Neutralität. Wenn Julia Klöckner in ihrem Stil weitermacht, könnten auch eigene Leute die Geduld verlieren.