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Kommentar zu Corona-BeschlüssenLockerungen sind nötig, um Zusammenhalt zu retten

3 min
2G Handel Schild

Ein Schild an einem Geschäft weist auf die 2G-Regel hin. (Symbolbild)

Es gibt drei Dinge, die wir nach zwei Jahren Corona-Pandemie dringend benötigen: Zuversicht, Souveränität – und mehr Lockerheit in der Art und Weise, wie wir miteinander umgehen. Das ständige Pendeln zwischen Angst und Frustration, systematisch gefüttert durch eine Kakophonie aus Warnungen und Forderungen aus Politik und Wissenschaft, setzt dem stärksten Charakter zu. Es reicht jetzt.Deswegen ist es richtig, dass Bund und Länder Lockerungen der Corona-Maßnahmen beschlossen haben. Und dass mit dem stufenweisen Rückbau der Beschränkungen sofort begonnen werden soll.

Pandemie hat unsere Gesellschaft einiges gekostet

Für den Plan gibt es gute Gründe: Trotz sehr hoher Inzidenzen bleiben die Intensivstationen bislang handlungsfähig. Die Zahl der Neu-Infizierten pro Tag scheint langsam, aber sicher zu fallen. Und die Jahreszeiten, die sehnlichst erwartet gerade vor uns stehen, sind – bezogen auf die Gefahren der Pandemie – am unproblematischsten.

Diese guten Nachrichten korrespondieren aber mit der ernüchternden Einsicht, dass der Umgang mit der Pandemie unsere Gesellschaft einiges gekostet hat. Der Konsens, auf den sich der Großteil der Menschen in Deutschland zu Beginn der Corona-Krise einlassen konnte und wollte, ist verflogen. Es gibt Stand heute – übrigens anders als in europäischen Ländern wie beispielsweise Dänemark – in größeren Teilen der Gesellschaft kein gemeinsames Verständnis, keine Einsicht mehr über die Richtigkeit der notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Scharfe Diskussionskultur birgt viele Gefahren

Man sieht dies nicht etwa nur an den als Spaziergängen getarnten Demonstrationen gegen die Corona-Beschränkungen. Das Fass ist voll bei vielen Menschen, und darin liegt eine große Gefahr. Die unterschiedlichen Meinungen zu dem, was richtig und notwendig ist, gehen mittlerweile so weit auseinander, dass der Streit darüber immer gnadenloser geführt wird – nicht nur in der Politik, in Talkshows und sozialen Medien, sondern auch in Familien, in Betrieben und in der Nachbarschaft.

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Die Fragen, die dabei gestellt werden, zeigen das Dilemma: Ist Corona mittlerweile Teil eines normalen Lebensrisikos geworden? Oder muss der Staat seine Bürgerinnen und Bürger noch weiter schützen? Längst hätte es darauf von den Politikern und Virologen Antworten geben müssen, bei denen die Perspektive weiter in die Zukunft gerichtet ist.

Es droht eine Gesellschaft im Streitmodus

Wird dieses pandemische Klein-Klein nicht in absehbarer Zeit beendet, droht dauerhaft schwerer Schaden: eine Gesellschaft, die sich permanent im Streitmodus befindet und in der die Gräben nicht zugeschüttet, sondern eher noch tiefer werden.

Dass es so weit kommen konnte, ist Ausdruck eines politischen Versagens schon seit dem ersten Corona-Sommer 2020. Die öffentliche Kommunikation über das, was in der Pandemie angezeigt ist, war nie nur von der Sache bestimmt, sondern viel zu oft Folge persönlicher Interessen (Söder versus Laschet, Bund gegen Länder etc.) oder ein Hin und Her wissenschaftlich gegensätzlicher Positionen.

Solidarität und gesellschaftlichen Konsens zurückgewinnen

Zur Beruhigung, zu einem gemeinsamen Verständnis hat das alles wenig beigetragen. Die Folge ist eine erodierte, entsolidarisierte Gesellschaft, der der gemeinsame Nenner fehlt. Die nun verabschiedeten Beschlüsse sind die vielleicht letzte Chance, zu einer konsistenten Strategie und einem wieder nachvollziehbaren Krisenmanagement zu finden. Nur so lassen sich Solidarität und gesellschaftlicher Konsens zurückgewinnen.

Genau deswegen muss der Blick nun auch weiter nach vorne gehen. Es reicht nicht, März und April zu organisieren. Die nächste mögliche Welle in Herbst und Winter muss schon jetzt bekämpft werden. Durch Impfkampagnen, die weiter mit hoher Intensität durchgeführt werden. Durch eine Impfpflicht für bestimmte Berufs- und Altersgruppen. Und durch das gemeinsame Ziel, keinen weiteren Lockdown mehr zu verhängen.