Kommentar zum HeizungsgesetzFür sanfte Schritte ist es zu spät

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Alte ausrangierte Heizkörper liegen nach einer Gebäude-Sanierung in einem Innenhof.

Alte ausrangierte Heizkörper liegen nach einer Gebäude-Sanierung in einem Innenhof.

Sobald Rettungsmaßnahmen für die Welt konkret werden, zögern wir. Warum das Heizungsgesetz ein wichtiger Einstieg in die Wärmewende ist.

Als Zuschauer von Katastrophenfilmen stehen wir immer auf der richtigen Seite. Ob es Godzilla, ein Komet oder eine Flotte Außerirdischer ist: Wenn Hollywood eine monströse Bedrohung schickt, um die Erde zu zerstören, wissen wir, wie die Menschheit gerettet werden kann. Zuerst erkennen immer die Wissenschaftler die Gefahr. Auf deren Warnung hören zwar erst weder Staatenlenker noch Bevölkerung. Aber wenn die Lage brenzlig wird, sollen die Forscher sich doch Rettungsmaßnahmen überlegen. Vor dem Happy End taucht dann ein Held auf, der all die Skeptiker ignoriert und einfach mal loslegt mit der Menschheitsrettung. Im Kinosessel greifen wir uns dann immer an den Kopf: Warum haben die Trottel nicht sofort auf die Experten gehört?

Als Zuschauer sehen wir uns an der Seite der Macher, nicht in der trägen Masse. Und im wahren Leben? Tatsächlich wissen wir alle längst, dass der menschengemachte Klimawandel schuld an Wetterextremen ist. Klar ist auch, dass die derzeitigen Maßnahmen nicht ausreichen, die Erderwärmung zu stoppen. Und vor die Wahl gestellt, ob wir unseren Enkeln und Enkelsenkeln zumindest das Allerschlimmste ersparen wollen, sind laut Umfragen die allermeisten Deutschen zum Glück für mehr Klimaschutz. Außer, es wird konkret. Denn seit nicht mehr nur die naheliegenden Schritte – vor allem in der Industrie – umgesetzt werden, sondern alle Lebensbereiche mitziehen sollen, stockt die Menschheitsrettung in Deutschland.

Doch während man im Rest Europas längst mit allgemeinen Tempolimits und dem Verbot von reinen Öl- und Gasheizungen in Neubauten arbeitet, bekommt Deutschland bei derlei Plänen Panikattacken. Bei dem Ziel, klimaschädliche Heizungen durch Ökoalternativen zu ersetzen, ist Deutschland massiv im Rückstand. Für sanfte Schritte ist es zu spät. Und das Heizungsgesetz, wie es die Ampelmehrheit nun im Bundestag beschlossen hat, fällt sogar noch in diese Kategorie: Es bleibt hinter den Vorgaben der Wissenschaft zurück, mit denen die Klimaziele im Gebäudesektor erreicht werden. Doch bei all seinen Schwächen: Das Heizungsgesetz ist zumindest ein Einstieg in die viel zu lange verschleppte Wärmewende.

Das ist umso absurder, weil dieser Umbau am Ende ja vor allem Vorteile für die Verbraucher bringt. In Dänemark, Österreich, Polen und Frankreich weiß man längst, dass es keine effektivere Heizung als die Wärmepumpe gibt. Dort werden die staatlichen Förderprogramme begeistert genutzt, die nun auch mit dem deutschen Heizungsgesetz kommen. Sicher: Die Bundesregierung hätte das Projekt viel früher und viel deutlicher als staatliches Modernisierungsprogramm darstellen müssen. Wie einst die Abwrackprämie für alte Autos, die seinerzeit sehr beliebt war. Nichts spricht dagegen, dass dasselbe auch bei alten Ölheizungen gelingen kann. Profitieren würden Verbraucher und Klima.

KStA abonnieren