Lage in AfghanistanWestliche Staaten warnen vor Terrorgefahr am Flughafen Kabul

Lesezeit 4 Minuten
Kabul Flughafen

Bundeswehr am Flughafen Kabul

Kabul – Wenige Tage vor dem voraussichtlichen Ende der internationalen Evakuierungsmissionen in Kabul haben mehrere beteiligte Staaten erhöhte Terrorgefahr um den Flughafen gemeldet. Großbritannien, die USA und Australien warnten ihre Staatsbürger am Mittwoch, das Gebiet zu meiden. Die Bundeswehr-Luftbrücke zur Rettung Schutzbedürftiger aus dem Land könnte einem Bericht zufolge bereits am Donnerstag zu Ende gehen.

„Wenn Sie sich beim Flughafen aufhalten, entfernen Sie sich zu einem sicheren Ort und warten Sie auf weitere Hinweise“, hieß es auf der Webseite des britischen Außenministeriums am Mittwoch. Das US-Außenministerium forderte die Menschen vor den Flughafentoren auf, das Gebiet „sofort“ zu verlassen. Grund für die Warnung seien nicht näher spezifizierte „Sicherheitsrisiken“.

Zeit für Rettungsflüge endet

Obwohl seit dem 14. August bereits fast 90.000 Menschen aus Kabul ausgeflogen wurden, harren noch immer tausende verzweifelte Menschen vor den Flughafentoren aus und hoffen auf einen Platz auf einem Evakuierungsflug. Mindestens acht Menschen starben in dem Chaos vor den Toren des Flughafens. Doch die Zeit für die Rettungsflüge läuft davon.

Die Bundeswehr hat unterdessen ihre Evakuierungsmission für Deutsche und einheimische Ortskräfte in Afghanistan am Donnerstagmorgen fortgesetzt. Gegen 7.15 Uhr MESZ startete in der usbekischen Hauptstadt Taschkent ein Transportflugzeug A400M in Richtung Kabul, wie das Einsatzführungskommando auf Twitter mitteilte. Es soll dort weitere Schutzsuchende aufnehmen.

Am Vorabend hatte die Bundeswehr mit dem letzten von mehreren Flügen am Mittwoch 167 Menschen aus der afghanischen Hauptstadt ausgeflogen. „Insgesamt 5193 Personen konnten seit Beginn der Evakuierungsmission durch die Bundeswehr in Sicherheit gebracht werden - allein gestern waren es 539 zu Schützende“, schrieb das Verteidigungsministerium am Donnerstag auf Twitter. „Wir evakuieren bis zur letzten Sekunde.“

Konkrete Anschlagswarnungen

Frankreich hatte Donnerstag als Enddatum für seine Evakuierungsmission genannt, sollten die USA an ihrem Zeitplan festhalten. Belgien stellte seine Luftbrücke bereits am Mittwoch ein. Laut einem „Spiegel“-Bericht ist es inzwischen fast unmöglich, noch weitere Schutzbedürftige zum Flughafen zu bringen. Am Mittwoch habe es mehrfach konkrete Anschlagswarnungen für Gebiete vor allen Toren des militärischen Teils des Flughafens gegeben. Daher hätten internationale Soldaten, darunter auch die der Bundeswehr, von den Toren abgezogen werden müssen.

„Gültige Dokumente“ erforderlich

Transporte von Ausreisewilligen mit Bussen aus der Stadt seien kaum noch möglich, weil die Sammelpunkte inzwischen bekannt seien und dort wütende Menschen demonstrierten. Die Taliban sagten derweil nach Angaben des deutschen Afghanistan-Botschafters Markus Potzel zu, auch nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen weiter Afghanen aus dem Land ausreisen zu lassen. Voraussetzung seien allerdings „gültige Dokumente“.

Trotz der Tatsache, dass sich auch noch zahlreiche ausreisewillige Staatsangehörigen der westlichen Länder in Afghanistan befinden - die USA gehen von rund 1500 US-Bürgern aus - will Washington den militärischen Einsatz noch im August beenden. Daher muss der Einsatz am Flughafen Kabul schon Tage vorher heruntergefahren werden - mit entsprechenden Folgen für den Flugbetrieb und Startgenehmigungen für die Maschinen anderer Länder. Die Türkei teilte bereits am Mittwoch mit, mit dem Abzug ihrer Soldaten begonnen zu haben.

Das könnte Sie auch interessieren:

Während verzweifelte Afghanen die Gefahr am Flughafen von Kabul auf sich nehmen, um das Land zu verlassen, wächst andernorts der Widerstand gegen die Taliban. Der Widerstand habe sich über das Land verbreitet, sagte Ahmed Wali Massud, der Bruder des legendären Kriegsherrn und Taliban-Gegners Ahmed Schah Massud zu AFP. „Die Frauen Afghanistans sind der Widerstand, denn ihre Werte unterscheiden sich sehr von denen der Taliban.“ Auch die jüngeren Generationen, die einen Großteil der Bevölkerung ausmachten, seien Teil der Widerstandsbewegung.

„Egal was passiert, der Widerstand wird weitergehen. Es ist ein Freiheitskampf für universelle Rechte und Überzeugungen. Das wird niemals sterben“, sagte Ahmed Wali Massud. Der Sohn des früheren Kriegsherrn Massud, Ahmed Massud, hatte in der vergangenen Woche zum Widerstand gegen die Taliban aufgerufen. Nach seinen Angaben haben sich ihm im Pandschir-Tal tausende Kämpfer angeschlossen. Das Pandschir-Tal war in den 90er Jahren eine Hochburg des Widerstands gegen die Taliban und fiel nie unter die Kontrolle der Islamisten. (AFP)

KStA abonnieren