Drei Favoriten aus NRWWer die größten Chancen auf die AKK-Nachfolge bei der CDU hat

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Armin Laschet im Düsseldorfer Landtag. Wechselt er nach Berlin?

  • Am Tag nach der Rücktrittsankündigung von Annegret Kramp-Karrenbauer als CDU-Chefin steht die Frage der Nachfolge im Raum – und damit auch die Frage, wer für die Union als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl 2021 geht.
  • Eins scheint bereits festzustehen: Der AKK-Nachfolger kommt aus Nordrhein-Westfalen. Armin Laschet, Friedrich Merz und Jens Spahn gelten als die aussichtsreichen Kandidaten.
  • Der Plan von Kramp-Karrenbauer, erst im Dezember zu entscheiden, wird wohl nicht aufgehen. Zahlreiche Christdemokraten fordern eine rasche Entscheidung. Wir erläutern, wer die größten Chancen hat.

Düsseldorf – So stürmischer Beifall ist selten. Er gilt Armin Laschet, als er am Dienstagvormittag in den CDU-Fraktionssaal des Landtags schreitet. Es ist der erste Auftritt des NRW-Ministerpräsidenten in Düsseldorf am Tag eins nach dem Knall in Berlin. In seinem Lagebericht erläutert Laschet den Parlamentariern, wie die Akteure in der Parteispitze jetzt weiter vorgehen wollen, um die Führungskrise zu lösen. Es geht um Vorgänge, die eine historische Dimension haben könnten.

Laschet erklärt, dass sich nun alle Beteiligten an einen Tisch setzen wollen, um die Fragen zu klären, die mit der Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer und der Kanzlerkandidatur der CDU zusammenhängen. Er zählt die Namen derer auf, die an der Abklärung beteiligt werden sollen.

Allen Beteiligten ist klar: Armin Laschet muss Farbe bekennen

Neben Friedrich Merz und Jens Spahn seien dies auch Ralph Brinkhaus, der Fraktionschef der CDU im Bundestag, und Generalsekretär Paul Ziemiak. Allen Beteiligten im Saal ist klar, dass dann auch Laschet selbst Farbe bekennen muss.

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Bislang konnte der Vorsitzende des einflussreichen Landesverbands NRW die Frage nach seinen Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur weglächeln oder vorschieben, die Frage stelle sich nicht. Jetzt ist klar, dass es zum Schwur kommt. Wenn Laschet in die Bundespolitik wechseln will, kann er nicht mehr lange zaudern. 

Laschet, Merz und Spahn: „Wir sind auf alle drei angewiesen“

Florian Braun, der Chef der Jungen Union in NRW, forderte im Anschluss an die Sitzung eine schnelle Einigung zwischen Merz, Spahn und Laschet. „Wir sind davon überzeugt, dass ein NRWler die richtige Antwort für die Personalfrage ist“, sagte der Politiker aus Köln dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es sei wichtig, dass die drei sich untereinander verständigen und einigen würden: „Wir sind auf alle drei angewiesen. Sie haben aber auch gemeinsam die Verantwortung, die Union wieder zusammenzuführen – eine offene Auseinandersetzung würde da nicht helfen.“

Ina Scharrenbach, NRW-Bauministerin und Vorsitzende der Frauen-Union in NRW, wirbt für eine einvernehmliche Entscheidung. Für die Bewerber müsse klar sein: „Erst kommt das Land, dann die Partei – und erst dann die persönlichen Befindlichkeiten.“

Gedankenspiele um Team-Lösung zwischen Laschet, Spahn und Merz

Sie habe den Eindruck, dass „diese Reihenfolge in der Vergangenheit nicht immer eingehalten“ worden sei, betonte Scharrenbach. „Wenn der Sturm sich gelegt hat, wird die CDU eine besonnene Entscheidung treffen, die die Partei in eine verlässliche Zukunft führt.“

In der Union gibt es Gedankenspiele, nach denen sich die drei Bewerber auf eine Team-Lösung verständigen könnten. Danach würde Laschet Kanzlerkandidat – und Merz könnte eine wichtige Rolle in seinem Kompetenzteam übernehmen, zum Beispiel als Schattenminister für Wirtschaft und Finanzen. Für Jens Spahn käme die Rolle des Fraktionschefs im Bundestag in Frage. Ein solches Modell allerdings ist von der Zustimmung von CSU-Chef Söder abhängig.

NRW spielte 2005 so gut wie keine Rolle auf Bundesebene

Sollte sich die CDU für einen der drei Bewerber entscheiden, könnte – nach Konrad Adenauer – zum zweiten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein Politiker aus NRW auf dem Chefsessel im Kanzleramt Platz nehmen. „Aus Sicht der NRW-CDU ist eine tolle Sache“, sagte Bodo Löttgen, Fraktionschef der CDU im Landtag.

Zu Beginn der Kanzlerschaft von Angela Merkel im Jahr 2005 habe NRW auf Bundesebene so gut wie keine Rolle gespielt. Jetzt spielen Persönlichkeiten aus NRW eine große Rolle. „Das macht unseren Führungsanspruch im Wettbewerb der starken Bundesländer deutlich. Ich erhoffe mir davon Impulse für die gesamte Bundesrepublik Deutschland.“

CDU-Spitze: Armin Laschet hat die besten Voraussetzungen

Laut Löttgen ist der Dezember-Termin für die Wahl des neuen Vorsitzenden nicht zu halten. „Die Entscheidungen sind vorher notwendig. Wir müssen die Gespräche sorgfältig führen, aber sie sollten so schnell wie möglich zu einem Ergebnis kommen.“

Laschet hat als Chef des starken Landesverbands NRW und durch sein Amt als Ministerpräsident formell die besten Voraussetzungen für den Sprung an die Parteispitze. Der Rheinländer aus Aachen tritt den Menschen offen gegenüber, meidet einen zu scharfen Ton. Kritik und unliebsame Fragen versucht er gerne mit Humor und schelmische Bemerkungen zu kontern. Er steht für den Merkel-Kurs der Mitte und damit für Kontinuität. Ob ein „weiter so“ aber die richtige Strategie sein kann, ist in der Union umstritten.

Friedrich Merz stünde für eine Neuausrichtung

Der Sauerländer Merz stünde für eine Neuausrichtung der Union. Der Mann aus Brilon will AfD-Wähler für die CDU zurückgewinnen und setzt auf industriefreundliche Rahmenbedingungen. Als Regierungspartei hatte die CDU das Wirtschaftsressort in den vergangenen Jahrzehnten stets den Koalitionspartnern überlassen.

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Das hinterließ für viele Christdemokraten eine schmerzliche Lücke, die Merz jetzt ausfüllt. Auch mit seiner offenen Kritik an der Zuwanderungspolitik von Merkel hat er bei Teilen der Basis Punkte gesammelt, andere nahmen ihm seine illoyale Haltung gegenüber der Bundesspitze übel. 

In der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft hat Merz nur wenige Freunde. Die Sorge, dass eine Kanzlerkandidatur die eigene Mitgliedschaft zu sehr polarisiert und ein mögliches Regierungsbündnis mit den Grünen von vorneherein unmöglich macht, ist groß.

Die Zeit für eine Kanzlerkandidatur Spahns ist wohl noch nicht reif

Der konsequenteste Neustart der Union wäre mit einer Kanzlerkandidatur von Gesundheitsminister Jens Spahn verbunden. Der Münsterländer mache in dem Fachressort derzeit eine gute Figur, heißt es in Unionskreisen. Der Politiker aus Ahaus in der Nähe von Münster habe sichtlich an politischem Format hinzugewonnen. Für eine Kanzlerkandidatur des 39-Jährigen sei die Zeit aber wohl nicht nicht reif.

Als es im Jahr 2018 um die Merkel-Nachfolge an der Parteispitze ging, wurde Spahn von großen Teilen der Jungen Union unterstützt. Im Dreikampf mit Merz und Kramp-Karrenbauer landete er allerdings abgeschlagen auf dem dritten Platz. Eine Verständigung auf Spahn wäre eine große Überraschung. 

CDU-Kreise: Kanzlerkandidatur und Ministerpräsidenten-Amt schließen sich nicht aus

Heribert Hirte, Bundestagsabgeordneter der CDU aus Köln, setzt auf die Überzeugungskraft des NRW-Ministerpräsidenten. „Von einem Kanzlerkandidaten Laschet würde ich mir wünschen und erwarten, dass er in seinem Team die inhaltliche Breite der CDU als Volkspartei widerspiegelt. Dass er das kann, hat er schon vor der Landtagswahl in NRW unter Beweis gestellt“, sagte Hirte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

In CDU-Kreisen heißt es, das Amt des Ministerpräsidenten und eine Kanzlerkandidatur stünden sich jedenfalls nicht im Weg. Sowohl Johannes Rau (1987) als auch Oskar Lafontaine (1990) hätten sich in der Rolle des Landesvaters als Kanzlerkandidat der SPD zur Wahl gestellt.

Auch Edmund Stoiber sei für die Kanzlerkandidatur im Jahr 2002 nicht vom Amt des bayerischen Ministerpräsidenten zurückgetreten. Der CSU-Politiker habe nach seiner knappen Wahlniederlage im Duell gegen den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bei der Bayern-Wahl im Jahr 2003 sogar noch deutlich in der Wählergunst zugelegt.

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