Die mexikanische Präsidentin wurde auf offener Straße belästigt. Der Vorfall löste eine Debatte im Land des Machismo aus.
Aufschrei der EmpörungBetrunkener grapscht Mexikos Präsidentin auf offener Straße an die Brust

Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum ist sexuell belästigt worden (Archivbild).
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In Mexiko ist es zu einem Zwischenfall während eines Rundgangs von Präsidentin Claudia Sheinbaum durch Mexiko-Stadt gekommen: Ein Mann drängte sich an die 63-Jährige und belästigte sie sexuell. In dem Land löste der Vorfall eine Debatte aus: zum einen über möglicherweise mangelnden Personenschutz der Präsidentin, vor allem aber über die Stellung der Frauen insgesamt im Land.
Sheinbaum war am Dienstag im Zentrum der Millionenmetropole unterwegs. Sie mischte sich unter die Bürger und unterhielt sich mit Passanten. Dabei näherte sich ein Mann der mexikanischen Staatschefin von der Seite, legte den Arm um sie und versuchte, die 63-Jährige zu küssen, wie auf Videos von dem Vorfall zu sehen ist. Dann fasste er ihr von hinten an die Brust, bevor er von einem Beamten abgedrängt wurde.
Während der Mann weggeführt wird, lächelte Sheinbaum sichtlich angespannt weiter und sagt demnach: „Keine Sorge.“ Der Mann war offensichtlich stark angetrunken, was Sheinbaum später bestätigte.
Der Mann wurde festgenommen, wie mexikanische Medien berichtete. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm sexuelle Belästigung und sexuellen Missbrauch vor. Es wurde Kritik an den Sicherheitskräften laut, weil sich der Mann der Präsidentin offenbar mühelos nähern konnte. Wie ihr Vorgänger Andrés Manuel López Obrador verzichtet auch Sheinbaum auf den Schutz durch die eigentlich dafür vorgesehene Militäreinheit.
Claudia Sheinbaum wird nach sexuellem Übergriff grundsätzlich
Sheinbaum äußerte sich später zu dem Vorfall und sagte, sie werde Anzeige erstatten. Auf ihrer täglichen Pressekonferenz nahm sie am Mittwoch ausführlich Stellung zu dem Übergriff. „Ich habe das als Frau erlebt, aber es ist etwas, das alle Frauen in unserem Land erleben“, sagte Sheinbaum. „Wenn ich keine Anzeige erstatte, was bedeutet das für all die anderen mexikanischen Frauen? Wenn sie das mit der Präsidentin machen, was passiert dann mit all den anderen Frauen in unserem Land?“, so Sheinbaum.
Der Vorfall löste einen Aufschrei der Empörung aus, denn er lenkt nach Meinung vieler Mexikanerinnen und Mexikaner den Blick auf ein drängendes Problem. Machismo und Sexismus sind weit verbreitet. „Wenn sie die Präsidentin anfassen, fassen sie uns alle an“, schrieb die Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, Clara Brugada, auf der Nachrichtenplattform X. „Heute bekräftigen wir unseren Einsatz für eine Politik der Null-Toleranz gegenüber Gewalt gegen Frauen. In dieser Stadt hat Belästigung keinen Platz.“
Viele Menschen drückten so oder so ähnlich ihre Solidarität mit allen Opfern von sexueller Gewalt und Missbrauch aus. „Selbst wenn man die Präsidentin ist, glaubt jeder Mann, er hätte das Recht, einen anzufassen“, sagte Catalina Ruiz-Navarro, Journalistin und Mitgründerin der feministischen Organisation Volcánicas. „Wenn man fragt, was das Patriarchat ist – genau das ist es.“
Alejandra Escobar, Chefredakteurin des mexikanischen Magazins Etcétera, schreibt bei X, kein Mann habe das Recht, eine Frau ohne ihre Zustimmung zu küssen oder zu berühren. Der Fall von Präsidentin Sheinbaum sollte ein klares Signal senden.
In Mexiko ist die Zahl der Gewalt und Übergriffe gegen Frauen hoch. Die Zahl der Femizide lag in den vergangenen Jahren jeweils bei über 900, nur 2023 knapp darunter. Rund 70 Prozent der Frauen ab 14 Jahren wurden bereits Opfer von sexueller Belästigung. Erschwerend ist, dass es bislang in Mexiko keine einheitliche Gesetzgebung gegen sexuelle Belästigung gibt, sondern dies wird in den Bundesstaaten unterschiedlich geregelt.
Sexuelle Belästigung soll in Mexiko härter bestraft werden
Erste Konsequenzen hat der Vorfall offenbar bereits: Wie die Zeitung „El Universal“ berichtet, schaltete sich die Ministerin für Frauenangelegenheiten inzwischen ein. Citlalli Hernández bekräftigte, dass daran gearbeitet wird, im ganzen Land sexuelle Übergriffe unter Strafe zu stellen. Sie sagte, mexikanische Frauen seien „nicht allein “. Frauen sollten immer wissen, dass sie Anzeige erstatten können, wenn sie eine solche Situation erleben.
Es solle zudem eine Kampagne gestartet werden, die Betroffene sensibilisiert, selber Gewalt zu erkennen und zu melden. Hernández rief mexikanische Männer dazu auf, über Fehlverhalten, Einstellungen und Handlungen nachzudenken, die sich im Laufe der Zeit normalisiert haben.
Sheinbaum ist die erste Präsidentin des lateinamerikanischen Landes. Die Stärkung der Frauenrechte gehört zu den wichtigsten Anliegen der Linkspolitikerin. Bereits in ihrer Antrittsrede im Oktober 2024 hatte die Präsidentin betont, die „Zeit für die Frauen“ sei gekommen. Sie besetzte zahlreiche Ministerposten weiblich.
Ihre Partei Movimiento Regeneración Nacional (Spanisch für Bewegung Nationaler Erneuerung), auch MORENA genannt, wurde 2011 gegründet. Seit 2018 ist sie die Regierungspartei und seit 2023 mit über 2,3 Mio. Mitgliedern die größte politische Partei des Landes. (mit dpa)

