Nach Polizeigewalt in DüsseldorfDemonstrierende verlangen Rücktritt von Reul

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Polizeibeamte bei der Demonstration in der Düsseldorfer Innenstadt am Samstag

Düsseldorf – Marcus Lamprecht studiert an der Uni Duisburg-Essen Politikmanagement. In seiner Freizeit engagiert er sich bei den Grünen, im Stadtrat von in Grefrath ist er Mitglied im Bau- und Planungsausschuss. Der Kommunalpolitiker gehört zu den Demonstranten, die am Wochenende von der Polizei in Düsseldorf über Stunden einkesselt wurde. „Ausgerechnet bei einer Demonstration für die Demonstrationsfreiheit werden die Grundrechte mit Füßen getreten“, schimpft der 32-Jährige. „Die Polizeigewalt war völlig unangemessen und überzogen.“

Lamprecht gehört zu den Rednern einer improvisierten Pressekonferenz vor dem Düsseldorfer Polizeipräsidium. Dort schildern Beteiligte der Demonstration gegen das geplante Versammlungsgesetz ihre Wahrnehmung der Kundgebung, die am Samstag durch die Landeshauptstadt zog. „Ich war entsetzt, dass wir teilweise an der Arbeit gehindert worden sind“, sagte Nico Beineke von den Demo-Sanitätern Düsseldorf.

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In dem Kessel seien viele Jugendliche und Schüler festgesetzt worden, die zum ersten Mal auf einer Demo gewesen seien. „Die wurden behandelt wie Staatsfeinde. Wir mussten siebenmal den Rettungswagen und zweimal den Notarzt rufen, weil Leute im Kessel kollabiert sind.“

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Kritik an Leibesvisitation 

Eine andere Teilnehmerin, die der sozialistischen Jugendorganisation Young Struggle angehört, berichtet von einer erniedrigenden Leibesvisitation durch eine Polizeibeamtin. Der Durchsuchung hätten zahlreiche männliche Beamte feixend zugesehen und diese mit sexistischen Sprüchen kommentiert, berichtet die 20-Jährige. Sie sei festhalten worden, weil sie sich nach dem Verbleib eines „Genossen“ erkundigt habe.

Fotograf wurde verletzt

Der Polizeieinsatz in Düsseldorf hatte bereits am Wochenende für Schlagzeilen gesorgt, weil auch ein Fotograf der Nachrichtenagentur dpa verletzt worden war. Das „robuste Vorgehen“ der Beamten wird in dieser Woche auch Thema einer aktuellen Stunde im Düsseldorfer Landtag. „Die Bilder und Berichte, die uns vom vergangenen Samstag erreicht haben, sind  geeignet, das Vertrauen in die Polizei weiter zu beschädigen“, sagte Mona Neubaur, Landeschefin der NRW-Grünen, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) müsse klar machen, dass er Angriffe auf Journalisten nicht toleriere. Das Bündnis, das zu der Demo aufgerufen hatte, forderte den Rücktritt des Politikers aus Leichlingen.

FDP rudert zurück

Die Polizeigewalt in Düsseldorf wirft nun ein Schlaglicht auf die Pläne der Schwarz-Gelben NRW-Koalition zur Verschärfung des Versammlungsrechts. Der Entwurf sieht unter anderem ein Verbot von militantem Auftreten etwa durch uniformes oder einschüchterndes Aufmarschieren von Gruppierungen vor. Auch Fußballfans sehen ihr Demonstrationsrecht bedroht, weswegen auch Fans des 1. FC Köln bei der Demo mitmarschierten. Die FDP geht bereits auf Distanz zum eigenen Gesetzentwurf.

„Kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es hineinkommt“, sagte FDP-Innenexperte Marc Lürbke unserer Zeitung. „Im Gegensatz zum vorliegenden Gesetzentwurf sollte daher aus unserer Sicht beispielsweise an Kontrollstellen von Demonstrationen eine Identitätsfeststellung der Versammlungsteilnehmer erst dann erfolgen dürfen, wenn auch tatsächlich verbotene Gegenstände wie Waffen, Schutzausrüstung oder vermummungsgeeignete Mittel gefunden werden“, sagte der Politiker aus Ostwestfalen.

Polizei setzte Reizgas und Schlagstöcke ein

Die Polizei hatte die Einkesselung des sogenannten „Antifa-Blocks“ damit begründet, dass die Teilnehmer etwa durch das Hochhalten von Transparenten und Schwenken von Fahnen gegen das Vermummungsverbot verstoßen hätten. Außerdem sei es aus den Reihen der Demonstranten zum Einsatz von Pyrotechnik gekommen. Wegen der Angriffe auf Beamte seien „kurzfristig“ Reizgas und der Einsatzmehrzweckstock zur Anwendung gekommen.

Reul verspricht Aufklärung 

NRW-Innenminister Herbert Reul sagte am Montag, der Schutz der Pressefreiheit sei auch bei Demonstrationen ein wichtiges Anliegen. Transparenz werde im Innenministerium großgeschrieben. „Deshalb analysieren wir die Geschehnisse seit dem Wochenende gründlich und ordnen sie Stück für Stück. Unserer Pflicht zur Aufklärung werden wir selbstverständlich umfassend nachkommen“, sagte Reul.

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