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Aachener NarrenspielHandwerker bekommt keinen Parkausweis, weil der Firmenwagen zu klein ist

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Elektrotechnikermeister Mersim Mrvoljak steht an seinem Fahrzeug.

Elektrotechnikermeister Mersim Mrvoljak steht an seinem Fahrzeug. Er streitet sich mit der Stadt Aachen über eine Parkgenehmigung.

Elektrotechnikermeister Mersim Mrvojak streitet vor Gericht mit der Stadt Aachen um einen Handwerker-Parkausweis für seinen Smart.

Als Mersim Mrvoljak den Bescheid der Stadt Aachen erhielt, konnte er es zuerst nicht glauben. „Gleiches Fahrzeug, gleiches Umfeld, alles gleich, trotzdem wurde mir der Handwerker-Parkausweis für unseren Firmen-Smart plötzlich verweigert“, schildert der Elektrotechnikermeister den Vorgang. Die absurd klingende Begründung der Behörde machte die Verwirrung nur noch größer: Der Wagen sei zu klein.

Zunächst habe er schlichtweg an ein Versehen geglaubt. „Oder um einen überforderten Sachbearbeiter“, sagt Mrvoljak. Das war im November 2022. Seitdem ist dieser Glaube längst „einer gewissen Fassungslosigkeit“ gewichen. Die Stadt Aachen blieb bei ihrer Entscheidung. Für seinen umweltfreundlichen Kleinwagen bekommt der Unternehmer, der mit seinem Betrieb seit 2014 Arbeitsplätze schafft und momentan zehn Mitarbeiter beschäftigt, keinen Parkausweis. Im Gegensatz etwa zu 500-PS-Gefährten, die in der Stadt locker mehr als 20 Liter Benzin verbrauchen – und überdies auch deutlich höhere Versicherungskosten und Steuern verursachen.

Große Transporter dürfen in die Innenstadt, finden aber keinen Parkplatz

„Wer kommt auf so eine Idee, wer hat etwas davon?“, fragt Mrvoljak und zuckt ratlos mit den Schultern. Von der Stadtverwaltung sei ihm gesagt worden, er könne ja gegen die Ablehnung klagen. „Es ist demütigend, die sitzen am längeren Hebel und man fühlt sich machtlos, weil es so willkürlich scheint“, sagt der Handwerker. Denn eine Klage bedeute schließlich jede Menge Aufwand, Zeit, Geld und Nerven.

Andererseits gehe es auch um wirtschaftliche Interessen. Im Fuhrpark seiner Firma gibt es neben dem Smart noch fünf große Transporter. „Für die haben wir absurderweise zwar eine Parkerlaubnis, finden aber nahezu nie einen entsprechenden Platz“, sagt der Elektriker, zahlreiche Aufträge in der Innenstadt habe er deshalb schon abgelehnt.

Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht

Deshalb hat Mrvoljak doch Klage eingereicht. Vor dem Verwaltungsgericht Aachen erlebte er indes eine Pleite. Die ablehnende Haltung der Stadt sei „rechtlich nicht zu beanstanden“, entschieden die Richter, obwohl bis Januar 2022 auch „Kleinstfahrzeuge“ einen Handwerker-Parkausweis erhielten. Die Verwaltungsrichter konzentrierten sich bei ihrer Einschätzung auf die Frage, ob sich die Stadt bei der geltenden Rechtslage sowohl für als auch gegen eine Genehmigung entscheiden kann. Inwieweit die Verweigerung des Parkausweises ökologisch oder ökonomisch sinnvoll ist, war irrelevant für das Gericht. 

Mrvoljak hat Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Münster eingelegt. Ein Handwerker-Parkausweis könne für Fahrzeuge ausgestellt werden, „die Reparatur- oder Montagearbeiten durchführen und zu diesem Zweck spezielle Service- oder Werkstattfahrzeuge einsetzen oder schweres oder umfangreiches Material transportieren“, heißt es im heute noch geltenden Erlass der Landesregierung vom 4. Dezember 2015.

Seit drei Jahren läuft der Streit mit der Stadt Aachen schon

Genau dies mache sein Mandant mit dem Smart doch, argumentiert Julian Schwarz, der Anwalt des Elektrikers: „Reparatur- und Montagearbeiten durchführen.“ Das rundum mit dem Firmenlogo beklebte Fahrzeug verfüge „über eine Werkzeugkiste sowie diverse elektronische Messgeräte und kleinere Ersatzteile, um die vorgenannten Arbeiten fachgerecht ausüben zu können“, schreibt der Jurist im OVG-Berufungsantrag.

Ein Verkehrszeichen erlaubt das aufgesetzte Parken auf dem Gehweg, daneben steht ein Schild, das ein absolutes Halteverbot anzeigt. Der Parkraum wird in den Innenstädten immer knapper.

Ein Verkehrszeichen erlaubt das aufgesetzte Parken auf dem Gehweg, daneben steht ein Schild, das ein absolutes Halteverbot anzeigt. Der Parkraum wird in den Innenstädten immer knapper.

„Es handelt sich mithin um ein vollständig in den Betriebsablauf integriertes, vielfach eingesetztes und zwingend notwendiges Fahrzeug. Der Pkw wird genauso wie größere handwerksbetriebliche Fahrzeuge eingeplant und eingesetzt.“ Zudem seien seit „2015, über sieben Jahre lang, Handwerkerparkausweise für Kleinwagen erteilt“ worden, begründet Schwarz. Und weder die Rechtslage noch die Nutzung des Wagens habe sich seitdem geändert, auch deshalb müsse ein Parkausweis erneut erteilt werden.

In Köln bekommen auch Kleinstwagen einen Handwerker-Parkausweis

Etwa 80 Kilometer entfernt von Aachen hat es der Smart leichter. Auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigt die Stadt Köln, dass der kleine Flitzer den begehrten Parkausweis erhält, „sofern das Fahrzeug mit einer festen Firmenbeschriftung versehen ist und zum Transport für Werkzeuge oder Material geeignet ist (beispielsweise Transport von Werkstattkisten), und regelmäßig Bau-, Reparatur- und Montagearbeiten sowie handwerkliche Dienstleistungen außerhalb des eigenen Betriebes im Kundenauftrag ausgeführt werden“.

Im Jahr 2024 seien 224 Einzelgenehmigungen und 6802 Dauergenehmigungen für Handwerker ausgestellt worden (Aachen: 863 Genehmigungen). Allerdings scheint der Ermessensspielraum selbst im Rheinland unterschiedlich ausgelegt zu werden. Ein Sprecher der Stadt Düsseldorf erläutert mit Einschränkung: Es sei „denkbar, dass ein Fahrzeug der Mikroklasse im Einzelfall eine Genehmigung erhält“. In Düsseldorf wurden im vergangenen Jahr insgesamt 3744 Handwerkerparkausweise ausgestellt.

Entscheidung der Stadt „realitätsfern und wirtschaftsfeindlich“

„Unsere Sicht jedenfalls ist eindeutig“, sagt Yannic Schmitt, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Aachen: „Insbesondere für kleinere Reparaturen, Noteinsätze oder Servicearbeiten ist ein Smart durchaus ein geeignetes Handwerker-Fahrzeug und müsste deshalb auch einen Parkausweis erhalten.“ Alles andere sei „realitätsfremd und wirtschaftsfeindlich“.

Das Handwerk sei Arbeitgeber „für viele Familien, wir betreuen über 7000 Betriebe in der Städteregion mit im Schnitt fünf Angestellten und etwa 2200 Auszubildenden“, so der Verbandssprecher: „Wir sind das Rückgrat der Gesellschaft und die Kollegen fahren doch nicht zum Spaß in die Stadt, die verdienen damit ihr Geld und den Lebensunterhalt ihrer Familien.“

Handwerkerschaft: Der Smart müsste einen Parkausweis bekommen

Zudem seien es doch diese Firmen, „die die Energie- und Klimawende“ vor Ort umsetzen müssten. „Ohne die passiert da gar nix“, ergänzt Schmitt, hörbar aufgebracht. Und was sagt der Handwerkssprecher dazu, dass die Stadt Aachen etwa für kleine Autos von Pflegediensten problemlos Parkausweise ausstellt?

Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte dies ein Verwaltungssprecher mit der „Daseinsfürsorge für die Menschen“ begründet. „Klar, wenn die Oma Hilfe beim Duschen braucht, gehört das zur Daseinsfürsorge“, betont Schmitt: „Wenn dieselbe Oma aber friert, weil die Heizung kaputt ist oder der Strom ausgefallen ist, dann nicht?“