Kölner Dozentin nach Tweet entlassenBahar Aslan stellt Eilantrag gegen Entlassung an Polizeihochschule

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Die Kölner Dozentin Bahar Aslan blickt in die Kamera, im Hintergrund sind Bäume und Gebäude zu sehen.

Die Kölner Dozentin Bahar Aslan geriet nach einem polizei-kritischen Tweet in die Kritik. Mit einem Eilantrag stellt sie sich gegen ihre Entlassung an der Polizeihochschule NRW. (Archivbild)

In einem Tweet hatte Bahar Aslan „braunen Dreck“ in Sicherheitsbehörden kritisiert. Der Fall schlug hohe Wellen, als sie den Job verlor.

Die Kölner Dozentin Bahar Aslan wehrt sich mit einem Eilantrag gegen ihre Entlassung an der Polizeihochschule NRW (HSPV). Wie das zuständige Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen bestätigte, ist am Montag der Eilantrag eingegangen, mit dem die Dozentin eine Entscheidung über ihre Lehrstelle erwirken will. Aslan hatte im Mai in einem Tweet von „braunem Dreck“ in Sicherheitsbehörden geschrieben, die Polizeihochschule hatte ihren Lehrauftrag daraufhin nicht verlängert. Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen, unterstützt wird Aslan seitdem von zahlreichen Prominenten und der Initiative „Gesellschaft für Freiheitsreiche“.

„Es kann nicht sein, dass ein Tweet zum ‚braunen Dreck‘, also zu rechtsextremen Umtrieben innerhalb der Sicherheitsbehörden, dazu führt, dass ich meinen Lehrauftrag verliere“, erklärte Aslan gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Dienstag. Es gehe nun nicht mehr um sie persönlich, sondern darum, wie weit die Meinungsfreiheit „als Lehrbeauftragte, als Person, als Beamtin“ reiche.

Bahar Aslan äußert sich zum Eilantrag gegen die Entlassung an der Polizeihochschule NRW

„Ist es angemessen und rechtmäßig, dass ich für diesen Tweet nicht nur entlassen, sondern auch noch öffentlich gedemütigt werde, öffentlich einen Shitstorm ertragen muss, über mich Sachen lesen muss, die überhaupt nicht stimmen und öffentlich auch noch in aller Breite diskutiert wird, ob jetzt das Schulministerium Disziplinarverfahren gegen mich ausübt oder eben nicht – wie soll das künftig laufen?“, führte Aslan aus. 

„Die Reaktion der HSPV und auch des Innenministeriums zeigt ja, dass man sehr weit davon entfernt ist, sich mit Rassismus in den Sicherheitsbehörden auseinanderzusetzen“, kritisierte Aslan zudem. „Die öffentliche Sanktionierung meiner Meinungsäußerung bewirkt eben auch, dass andere Menschen, die ähnliche Ängste haben, sich in Zukunft vielleicht davor hüten werden, das kundzutun, weil sie befürchten gecancelt zu werden oder ihren Job zu verlieren.“

Eilantrag in Gelsenkirchen: Bahar Aslan will Entscheidung über Lehrauftrag an Polizeischule

Eine Klage gegen den Widerruf des Lehrauftrags, wie die Kündigung offiziell heißt, liegt seit dem 27. Juni vor, bestätigte unterdessen Wolfgang Thewes, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Zuvor war am 25. Mai laut Aslans Anwalt Patrick Heinemann eine Klage am Verwaltungsgericht Düsseldorf eingereicht worden. Mit dem neuen Eilantrag in Gelsenkirchen, wo Aslan unterrichtete, will die Kölner Dozentin Tempo in die Sache bringen, weil im September das neue Semester beginnt.

„Das ist ein üblicher Weg, wenn eine Partei eine Entscheidung möchte“, erklärte Gerichtssprecher Thewes gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Mit Blick auf den am Montag eingegangen Eilantrag sagte Thewes: „Die Kammer ist bemüht, möglichst zeitnah zu entscheiden, das wird keine Frage von Monaten sein.“ Ein konkretes Verhandlungsdatum blieb zunächst aber offen.

„An unserer Bewertung hat sich nichts geändert, wir warten jetzt das Verfahren ab“, sagte Victor Ocansey, Sprecher der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW (HSPV), am Dienstag auf Anfrage. Bereits Anfang Juni hatte die Hochschule die Trennung mit Aslan bekräftigt, der nebenberufliche Lehrauftrag sei nicht zu verlängern. „Aus Sicht der Hochschulleitung ist die Dozentin aufgrund ihrer aktuellen Äußerungen ungeeignet, eine vorurteilsfreie, respektive fundierte Sichtweise im Hinblick auf Demokratie, Toleranz und Neutralität zu vermitteln“, begründete die HSPV zunächst das Ende der Zusammenarbeit Ende Mai. Der HSPV-Sprecher betonte am Dienstag, dass im Fall Aslan alle Statements der Hochschule noch ihre Gültigkeit hätten.

Fall Bahar Aslan schlug hohe Wellen – Unterstützung von Gesellschafts-Initiative

Aslans Tweet, der am 20. Mai die Aufregung ausgelöst hatte, wurde bis zum Dienstag (15. August) mehr als 1,4 Millionen mal im sozialen Netzwerk angesehen und hundertfach geteilt und kommentiert. Aslan schrieb auch, dass sie „mittlerweile Herzrasen“ bekomme, wenn „ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten“.

Nachdem der Fall Schlagzeilen gemacht hatte, erhielt Aslan Unterstützung von zahlreichen Prominenten, die Aslan in einem offenen Brief verteidigten, der Brief wurde bei „Zeit“ veröffentlicht. Der Fall wird auch Thema im NRW-Landtag. Unterstützt wird Aslan seit Beginn des Falls auch von der Initiative „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ (GFF), die auch ein Portal für Whistlerblowerinnen und Whistlerblower innerhalb der Polizei anbietet.

Keine disziplinarrechtlichen Maßnahmen gegen Lehrerin Bahar Aslan von der Bezirksregierung

„Frau Aslan ist keine Whistleblowerin, aber sie hat als Person in der Öffentlichkeit auf Missstände in der Polizei aufmerksam gemacht“, hieß es seitens der GFF am Dienstag. Wir brauchen starke Stimmen in der Polizei, Frau Aslan wollte genau das erreichen. Sie hat Missstände benannt, aber dafür wurde sie angefeindet, das ist kontraproduktiv, hieß es weiter. Das Ende von Aslans Lehrauftrag bewertete die Initiative als „klar rechtswidrig“.

Nach der Entscheidung der HSPV, sich von Aslan zu trennen, hatte auch die damals noch für Aslan zuständige Bezirksregierung in Münster beamtenrechtliche Konsequenzen gegen die hauptberufliche Lehrerin geprüft. Es habe Gespräche mit der Bezirksregierung gegeben, erklärte Aslan nun gegenüber dieser Zeitung. „Aufgrund der Äußerungen erfahre ich keine disziplinarrechtlichen Maßnahmen.“

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