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KlageverfahrenBetroffenenorganisation zeigt Kardinal Woelki an

Lesezeit 2 Minuten
Eine Betroffenenorganisation hat den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wegen Prozessbetrugs angezeigt. (Archivbild)

Eine Betroffenenorganisation hat den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wegen Prozessbetrugs angezeigt. (Archivbild)

In Köln klagt die vielfach missbrauchte Pflegetochter eines Priesters gegen das Erzbistum. Kurz vor der angekündigten Entscheidung des Gerichts schaltet sich nun eine Betroffenenorganisation ein.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sieht sich mit einer Strafanzeige konfrontiert. Matthias Katsch von der Betroffeneninitiative „Eckiger Tisch“ sowie mehrere Anwälte haben ihn wegen versuchten Prozessbetrugs angezeigt. Hintergrund ist ein laufendes Schmerzensgeldverfahren einer Missbrauchsbetroffenen gegen das Erzbistum Köln. Die Vorwürfe lauten, Woelki habe relevante Informationen aus den Akten bewusst ignoriert. Das berichten der „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der WDR.

Missbrauchsopfer fordert Schmerzensgeld

Woelki weist die Vorwürfe zurück. Sein Sprecher erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, der Kardinal sei nicht in die Prozessführung eingebunden gewesen und habe keine Entscheidung darüber getroffen, welche Unterlagen dem Gericht vorgelegt werden. „Daher ist eine strafrechtliche Verdächtigung seiner Person völlig haltlos“, so der Sprecher.

In dem Verfahren fordert eine 58-jährige Frau 830.000 Euro Schmerzensgeld. Sie war in den 1970er- und 1980er-Jahren Pflegekind eines Priesters, der laut Urteil des Landgerichts Köln im Jahr 2022 zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde. Der Geistliche hatte zwischen 1993 und 2018 insgesamt neun Mädchen sexuell missbraucht – teils schwer. Die Klägerin sieht das Erzbistum Köln in der Verantwortung, dieses bestreitet jedoch eine Haftung. Auch das Gericht deutete bisher an, dieser Einschätzung zu folgen. Eine Entscheidung wird am kommenden Dienstag (1. Juli) erwartet.

Hat das Erzbistum damals nicht richtig hingeschaut?

Matthias Katsch vom Eckigen Tisch sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Erzbistum wolle sich hier aus der Verantwortung stehlen. „Es ist völlig eindeutig, dass das Erzbistum damals in der Aufsicht über den Priester versagt hat, dass es die Warnzeichen nicht wahrgenommen hat, dass es weggeguckt oder nicht richtig hingeschaut hat.“ In einem Klageverfahren sei es immer so, dass das Opfer den Nachteil habe, alles beweisen zu müssen, während sich das Bistum nur hinstellen und sagen müsse: „Wissen wir nicht.“

In diesem Fall aber hätten die Anwälte der Klägerin nun die Strafakte des verurteilten Täters einsehen können, und daraus ergebe sich eindeutig, wie stark das Erzbistum seinerzeit in die Entscheidung eingebunden gewesen sei, dem Priester das Sorgerecht für die heutige Klägerin und ihren Bruder zu übertragen. Das Erzbistum könne sich deshalb nicht hinstellen und vor Gericht das Gegenteil dessen behaupten, was sich aus den Dokumenten ergebe, so Katsch. 

Das Erzbistum Köln teilte dazu mit, der Klägerin liege die Personalakte nach eigenen Angaben aus dem Gerichtsverfahren vor. „Insoweit kann der Vertuschungsvorwurf nicht nachvollzogen werden. Zu laufenden Gerichtsverfahren äußern wir uns ansonsten grundsätzlich nicht.“ 

Ein Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft sagte, er könne den Eingang der Strafanzeige bisher nicht bestätigen. (red/dpa)