CDU-Landesparteitag in HürthMerz erklärt Konkurrenz mit Wüst für beendet

Lesezeit 5 Minuten
Landesparteitag der NRW-CDU in Hürth

Der israelische Botschafter Ron Prosor war zu Gast beim Landesparteitag der NRW-CDU in Hürth.

Unter großem Beifall wurde der israelische Botschafter Ron Prosor in der Halle empfangen. Hendrik Wüst betont, die CDU stehe fest an der Seite Israels.

Hendrik Wüst wirkt freudig überrascht. Mit einem so guten Ergebnis hat der Landeschef der NRW-CDU offenbar nicht gerechnet. Bei der Wiederwahl zum Vorsitzenden der NRW-CDU erhält er 96,7 Prozent der Stimmen. „Vielen Dank für Euer Vertrauen“, ruft er in den Saal, und faltet demütig die Hände. Dass die Zustimmung etwas geringer ausgefallen ist, als vor zwei Jahren trübt die Stimmung nicht. Bei seiner ersten Wahl zum Landesvorsitzenden im Oktober 2021 hatte Wüst 98 Prozent erhalten.

„NRW richtig machen“, steht über dem Podium beim Landesparteitag der NRW-CDU in Hürth. 678 Delegierte sind zusammenkommen, um den Landesvorstand neu zu wählen. Die Zusammenkunft sollte eigentlich mit einer Rede des Bundesvorsitzenden Friedrich Merz Fahrt aufnehmen. Doch weil der Auftritt gleich zu Beginn unter dem Tagesordnungspunkt „Grußworte“ angesetzt wurde, sind viele Delegierte, die noch einen Kaffee trinken wollten, noch nicht am Platz. Merz spricht vor einem halbleeren Saal.

Merz kritisiert die Haltung der Grünen in der Migrationspolitik

Die Rede von Merz war mit Spannung erwartet worden. Der Bundesvorsitzende und Landeschef Wüst gelten als Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur. Würde sich Merz zu dem Thema äußern? Die Delegierte werden nicht enttäuscht. Der Politiker aus dem Sauerland nimmt kein Blatt vor den Mund.  Merz erklärt die Konkurrenz mit Wüst kurzerhand für beendet.

Alles zum Thema Hendrik Wüst

Landesparteitag der NRW-CDU in Hürth

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz nahmen am Samstagmorgen gut gelaunt nebeneinander in der ersten Reihe Platz und lächelten in die Kameras.

„Lieber Hendrik, wir haben Mitte Juni eine kleine Kurve gefahren“, räumt Merz ein.  „Das haben wir besprochen. Das Thema ist erledigt“, fügt der Mann aus Brilon sogleich hinzu. „Wir arbeiten eng, freundschaftlich und ohne jeden Widerspruch zusammen. Dass das hier mal klar gesagt wird“, ruft er in den Saal. Die CDU müsse nach außen ein Blick der Geschlossenheit abgeben. „Wir wollen die nächsten Wahlen gewinnen“, sagte Merz optimistisch. Im Juni hatte Wüst einen Gastbeitrag in der FAZ mit dem Titel „Das Herz der CDU schlägt in der Mitte“ veröffentlicht, der sich als Generalkritik am Kurs von Merz lesen ließ.

Im Gegensatz zu Merz kann es Wüst gut mit den Grünen. Er hat vor einem Jahr ein Bündnis mit der Ökopartei geschmiedet. Die Partner loben die gute Zusammenarbeit in der Koalition. Merz erklärte hingegen, die Partei zuletzt sei der Hauptgegner er CDU. Die brächten die Bevölkerung mit ihrer „penetrant vorgetragenen Volkserziehungsattitüde“ gegen sich auf. Beim Landesparteitag der CDU in Augsburg hatte Merz heftig gegen die Grünen ausgeteilt.

Friedrich Merz in Hürth: „Sie müssen ihren Kurs korrigieren“

In Hürth hält sich der Bundesvorsitzende mit giftigen Attacken zurück. Ganz ohne Spitze bleibt die Rede aber nicht, Merz sprach den Landesvorsitzenden der Grünen, Tim Achtermeyer, der als Gast im Saal war, direkt an -  und kritisiert die Haltung der Grünen in der Migrationspolitik:  „Sie müssen ihren Kurs korrigieren, das kann so nicht bleiben, das muss geändert werden.“

Die irreguläre Migration muss beendet werden
Hendrik Wüst, Ministerpräsident von NRW

Danach spricht Wüst rund 50 Minuten zu den Delegierten. Der Ministerpräsident stellt die Flüchtlingspolitik ins Zentrum seiner Rede. Wüst betont, die größte politische Herausforderung der nächsten Monate sei die Begrenzung der Zuwanderung. Die CDU dürfe sich kein „schlechtes Gewissen“ einreden lassen. „Es geht so nicht weiter“, sagt Wüst. Man müsse unterscheiden, zwischen denen, die vor Krieg und Verfolgen flöhen und denen, die kein Recht auf Asyl hätten. „Die irreguläre Migration muss beendet werden“, ruft Wüst den Delegierten zu.

Bundeskanzler Olaf Scholz habe „große Ankündigungen“ zu einer geplanten Abschiebungsoffensive gemacht, aber davon seien kaum Effekte zu erwarten, sagt der CDU-Landeschef.  Nach den Plänen der Bundesregierung seien gerade mal 1000 zusätzliche Abschiebungen pro Jahr vorgesehen. „Es ist kein Wunder, wenn sich immer mehr Menschen von der Ampel abwenden“, erklärt Wüst. Es bringe nichts, Nebelkerzen zu werfen. Die Außengrenzen der EU müssten besser geschützt werden: „Die Menschen dürfen gar nicht erst bei uns ankommen.“

Wüst dankt den Kabinettsmitgliedern einzeln für die geleistete Arbeit. Nach der „bitteren Niederlage“ bei der Bundestagswahl haben die NRW-CFDU „in die Hände gespuckt“ und 13 Prozent Rückstand aufgeholt.  Er sei sich sicher, dass das Land am Ende aus den Krisen gestärkt hervorgehe. „Wir haben noch viel vor“, betont Wüst. Der Beifall der Delegierten hielt drei Minuten an.

Israelischer Botschafter Ron Prosor zu Gast auf dem Landesparteitag der CDU

Zu Beginn des Parteitags war der israelische Botschafter Ron Prosor in der Halle empfangen worden. Wüst begrüßte den Diplomaten und stellte klar, der Angriff auf Menschen jüdischen Glaubens sei ein Angriff auf die Fundamente der Demokratie. Die CDU stehe fest an der Seite von Israel. Nie wieder dürften Juden in Deutschland Angst um ihre Sicherheit haben. Prosor warnt die Delegierten davor, der Terror der Hamas könne auch nach NRW schwappen. Es sei eine „Unverschämtheit“, wenn „Besserwisser, die die Ideologie der Hamas verharmlosen“, Israel Ratschläge geben würden.  „Das Blut der Opfer vom 7. Oktober ist noch nicht getrocknet, da kommt es schon zu einer Täter-Opfer-Umkehr“, so Prosor.

Als Generalsekretär wird Paul Ziemiak mit 87,4 Prozent im Amt bestätigt. Er hatte bei der Ehrung der Mitglieder seine Qualitäten als Entertainer unter Beweis gestellt und viel Beifall bekommen. Der Bundestagsabgeordnete aus Iserlohn soll die Brücke zwischen Düsseldorf und Berlin bauen. Da der 38-Jährige unter Annegret Kramp-Karrenbauer bereits Generalsekretär der Bundespartei war, gilt er als Top-Besetzung für den Posten.

Zu den Hoffnungsträgern der NRW-CDU gehört auch Nathanael Liminiski (38), Europaminister und der Chef der Staatskanzlei, der das Tagungspräsidium leitete.  Ihm war er gelungen, die führenden Islamverbände an einen Tisch zu holen und mit einer gemeinsamen Erklärung gegen den Terror der Hamas zu versammeln. Liminiski war bereits „die rechte Hand“ von Ex-Ministerpräsident Armin Laschet, jetzt organisiert der den Regierungsapparat für Wüst.

Zur Führungsreserve der NRW-CDU zählt auch der Oberbürgermeister von Essen, Thomas Kufen. Der 50-Jährige war früher Landtagsabgeordneter der CDU und Integrationsbeauftragter der Landesregierung, verfügt über exzellente Kontakte. In CDU-Kreisen heißt es, der Chef der Ruhr-CDU könnte bei einer möglichen Regierungsumbildung ins Kabinett berufen werden.

Viele Delegierte hatte sich darüber gefreut, dass sie Stimmabgabe elektronisch erfolgen sollte. Dadurch wären zeitraubende Auszählpausen vermieden worden. Doch die Technik versagte, so kamen doch die klassischen Stimmzettel zum Einsatz.  „Sicherheit geht vor“, sagt der Landtagsabgeordnete Gregor Golland. Gleichwohl sei der Vorgang „sehr ärgerlich“.

KStA abonnieren