Landesverkehrsminister erhöhen Druck auf WissingBeim Deutschlandticket herrscht für 2024 eine Milliardenlücke

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ARCHIV - 01.05.2023, Hessen, Frankfurt/Main: Ein Hinweis für das Deutschlandticket steht am Hauptbahnhof auf einem Fahrkartenautomat. (zu dpa: «Pk Allianz pro Schiene, ACE Auto Club Europa und Allgemeiner Deutscher Fahrradclub zur Verkehrspolitik der Regierung») Foto: Sebastian Gollnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die Finanzierung des Deutschlandtickets ist für 2024 noch nicht gesichert. Die Kosten werden auf 4,1 Milliarden Euro geschätzt. Foto: dpa

Bei einer Sonderkonferenz fordern die Landesverkehrsminister den Bund auf, die Hälfte aller Kosten für das Deutschlandticket auch im Jahr 2024 zu übernehmen. 

Die Verkehrsminister aller Bundesländer haben am Donnerstag bei einer Sonderkonferenz den Bund in einem 13-Punkte-Beschluss einstimmig aufgefordert, die Finanzierung des Deutschlandtickets für das Jahr 2024 kurzfristig sicherzustellen.

„Das Ticket hat viele Menschen in den öffentlichen Verkehr gebracht, wir müssen es jetzt fortsetzen und weiterentwickeln“, sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) bei einer Online-Pressekonferenz am Donnerstag. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte die Sonderkonferenz initiiert. Die Länder seien bereit, die Defizite abzudecken, so Krischer. „Wir stehen zu unserer Finanzierungsverantwortung. Leider fehlt die Bereitschaft des Bundes.“

Bund will Nachschusspflicht für 2024 nicht mehr zusagen

Bisher wird das Ticket, das im Mai eingeführt wurde, mit insgesamt drei Milliarden Euro finanziert, von denen der Bund und die Länder jeweils die Hälfte übernehmen. Für 2023 wurde überdies eine sogenannte Nachschusspflicht vereinbart, falls das Geld nicht reichen sollte. Auch sie soll jeweils zu 50 Prozent vom Bund und den Ländern geschultert werden. Für 2024 und 2025 stehen jeweils auch drei Milliarden Euro zum Ausgleich der Defizite zur Verfügung, die die Verkehrsunternehmen durch das Ticket erleiden

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Nach einer Untersuchung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) wird dieses Geld 2024 aber nicht ausreichen. Die Interessenvertretung der Verkehrsverbünde und Verkehrsunternehmen geht davon aus, dass weitere 1,1 Milliarden Euro nötig sind, um das Ticket zum Preis von 49 Euro weiter anbieten zu können. „Dieser Betrag kommt für uns nicht ganz überraschend. Alle Bundesländer haben heute noch einmal bekräftigt, dass sie ihren Beitrag leisten werden“, sagte Krischer. Sollte die Prognose eintreten, müssten die Länder 550 Millionen nachschießen, ebenso der Bund. Dessen Zusage steht aber noch aus.

Länder fordern eine verlässliche Finanzierung

Bundesverkehrsminister Volker Wissing, der an der Konferenz nicht teilnahm und sich durch zwei Staatssekretäre vertreten ließ, will es bisher bei dem Bundeszuschuss von 1,5 Milliarden Euro belassen. „Wir sehen bisher keine Bereitschaft des Bundes, über die Finanzfragen tiefergehend zu sprechen und eine Einigung zu erzielen“, sagt Krischer. Das gelte auch für das Semesterticket, bei dem man eine einheitliche Lösung nach dem Vorbild des Jobmodells beim Deutschlandticket anstrebe, die kostenneutral sein könne.

„Wir brauchen jetzt schnell Klarheit, weil die Verkehrsverbünde ihre Verkehre für das Jahr 2024 finanzieren müssen“, so Krischer. Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) haben am Donnerstag Preiserhöhungen für alle Fahrkarten außerhalb des Deutschlandtickets von 10,4 Prozent (VRS) und 9,4 Prozent (VRR) ab Januar 2024 beschlossen. Sollte der Bund sich nicht bereiterklären, auch 2024 beim Deutschlandticket nachzuschießen, können sie weitere Preiserhöhungen für die sogenannten Resttickets im kommenden Jahr nicht ausschließen. „Uns rennt die Zeit davon“, sagte Krischer. Spätestens bei der Verkehrsministerkonferenz am 11. und 12. Oktober müsse man zu einer Lösung kommen.

Die angekündigten Preiserhöhungen seien der Beweis dafür, wie schlecht die Finanzlage der Verkehrsunternehmen ist, so Krischer. Das Sparpotenzial von zwei Milliarden Euro, das der Bundesverkehrsminister beim Ticketvertrieb und der Struktur der Verkehrsverbünde bundesweit sehe, könne keiner der 16 Ländervertreter erkennen. „Mehr Digitalisierung als beim eezy-Ticket in NRW geht gar nicht mehr. Die Behauptung, mit ein bisschen Sparen erledige sich die Finanzierungsfrage von allein, haben alle meine Kolleginnen und Kollegen und ich als zynisch empfunden.“

Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) wurde noch deutlicher. „Für uns Länder sind drei Punkte wichtig. Der Bund muss sich zum Deutschlandticket bekennen und es dauerhaft zu 50 Prozent finanzieren. Das muss auch für eine Nachschusspflicht über 2023 hinaus gelten. Für die Anlaufphase und möglicherweise über die nächsten Jahre darf es zu keiner Preiserhöhung beim Deutschlandticket kommen.“ Man habe dem Bund die Hand gereicht. „Wenn wir zu keiner guten Lösung kommen, steht die Weiterführung des Tickets infrage“, so Beermann.

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