Neue Details zur AttackeDuisburger Messer-Angriff könnte Terror gewesen sein – Keine Reaktion auf Hundebiss

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Nach der blutigen Attacke in einem Duisburger Fitnessstudio prüfen die Ermittler einen terroristischen Hintergrund, schließen aber auch eine Amoktat nicht aus. 

Bei der Messerattacke in einem Duisburger Fitnessstudio mit vier Schwerverletzten vor einer Woche könnte es sich um einen islamistisch motivierten Terroranschlag handeln. Bei der Festnahme des 26-jährigen syrischen Tatverdächtigen in seiner Wohnung fanden die Ermittler auf seinem Handy extremistische Dateien und Videos. Zudem wurden Dokumente mit dschihadistischem Inhalt sichergestellt.

Die zentrale Terrorabteilung bei der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat inzwischen das Verfahren übernommen. Der Beschuldigte sitzt laut einer Pressemitteilung vom Dienstag wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft. Ein 21-jähriges Opfer schwebt noch immer in Lebensgefahr.

Attacke in Duisburg: Ermittler gehen von Einzeltäter aus

Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, gehen die Strafverfolger von einem Einzeltäter aus. Bisher schweigt der Mann. Anhand der Indizien halten die Ermittler einen Terroranschlag für möglich, aber auch eine Amoktat eines psychisch kranken Täters. Vor dem Hintergrund soll der syrische Asylberechtigte zu seinem Geisteszustand begutachtet werden.

Alles zum Thema Herbert Reul

Bisher sei der Beschuldigte „im Jahr 2018 in zwei Fällen wegen geringfügiger Vermögensdelikte aufgefallen“, hieß es. Beide Verfahren wurden eingestellt. Staatsschutzerkenntnisse liegen derzeit nicht vor.

Tatverdächtiger soll keine Reaktion auf Hundebiss gezeigt haben

Vor einer Woche war der mutmaßliche Islamist in das Fitnessstudio nahe dem Duisburger Rathaus eingedrungen. In der Umkleidekabine kam es zu einem lautstarken Disput mit einem der Besucher. Daraufhin stach der 26-Jährige auf den jungen Mann ein. Drei Männer kamen dem Opfer zu Hilfe. Sie wurden ebenfalls niedergestochen. Anschließend flüchtete der Angreifer. Auf einem veröffentlichten Bild aus einer Überwachungskamera konnten zwei Bekannte den Tatverdächtigen identifizieren. Spezialeinheiten der Polizei nahmen ihn in der Nacht zum Sonntag in seiner Duisburger Wohnung in der Nähe des Tatorts fest.

Bei der Festnahme hatte das Spezialeinsatzkommando nach Informationen dieser Zeitung einen Hund vorgeschickt, der den Gesuchten gebissen hat, um ihn außer Gefecht zu setzen. Der Mann habe darauf aber keine besondere Reaktion gezeigt. Womöglich könnte das ein Hinweis darauf sein, dass der Beschuldigte sich in einer psychischen Ausnahmesituation befand, in der er Schmerzen kaum spürte oder unter Drogen stand. Ein entsprechender Test soll den Angaben zufolge Aufschluss bringen.

Erster erfolgreicher islamistischer Terrorakt in NRW seit 2016?

Sollte sich der Verdacht eines Terrorakts erhärten, wäre dies der erste erfolgreiche islamistische Anschlag in NRW seit den Sikh-Tempel-Bombern im Jahr 2016 in Essen mit drei Verletzten. In der Folge deckten die Staatsschützer etliche Terror-Pläne auf. Etwa durch eine tadschikische Zelle, die mit Drohnenbomben und Pistolen ein Blutbad anrichten wollte; auch der tunesische Rizin-Bomber aus Köln, der 2019 auf Geheiß der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) hunderte Menschen vergiften wollte, geriet ins Visier der Ermittler. Zuletzt gerieten zwei Iraner in Castrop-Rauxel unter Verdacht, ebenfalls im Namen des IS Giftanschläge ausgeheckt zu haben. Der jüngere Bruder sitzt immer noch im Untersuchungsgefängnis.

Die Terrorgruppen rekrutieren offenbar gezielt psychisch auffällige Einzelgänger, von denen eine große Gefahr ausgeht
Herbert Reul, NRW-Innenminister

Als NRW-Innenminister Herbert Reul vor kurzem den neuen Landesverfassungsschutzbericht vorstellte, meldete der CDU-Politiker einen Rückgang der gewaltbereiten Islamisten von 780 auf 600 Personen. Der Schwund in der Szene sei allerdings kein Grund zur Entwarnung, sagte Reul. „Die Terrorgruppen rekrutieren offenbar gezielt psychisch auffällige Einzelgänger, von denen eine große Gefahr ausgeht“, warnte Reul.

Vor dem Hintergrund forderte Marc Lürbke, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion NRW, die schwarz-grüne Landesregierung auf, den „Zusammenhang von Krieg und Flucht als Ursache von psychischen Erkrankungen, Gewaltbereitschaft und Radikalisierung endlich viel stärker zum Thema machen. Wer diesen Zusammenhang aus ideologischen Gründen ausblendet, gefährdet die Sicherheit aller Bürger in NRW“. Der Innenminister müsse zu diesen Fragen am Donnerstag im Innenausschuss Rede und Antwort stehen, so Lürbke.

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