Ex-CDU-PolitikerEhemaliger Kölner OB-Kandidat Peter Kurth war Gastgeber für Rechtsextreme

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 28.07.2020, Berlin, Deutschland - Pressekonferenz zum Auftakt der Kampagne Brennpunkt: Batterie - Ueber die Gefahren von falsch entsorgten Lithium-Ionen-Batterien. Foto: Peter Kurth, Praesident Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V., BDE. *** 28 07 2020, Berlin, Germany Press conference at the start of the campaign Focus on Batteries About the dangers of incorrectly disposed of lithium ion batteries Photo Peter Kurth, President of the Federal Association of the German Waste Disposal, Water and Raw Materials Industry, BDE

Peter Kurth ist heute Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft in Berlin.

Peter Kurths ehemaliger persönlicher Referent ist zudem der Sohn des Planers des Geheimtreffens nahe Potsdam.

Das konspirative Treffen einflussreicher Politiker mit rechtsextremistischen Leitfiguren in Potsdam, das vom Recherche-Netzwerk Correctiv öffentlich gemacht wurde, war offenbar kein Einzelfall. Wie „Spiegel“ am Freitag berichtet, war der ehemalige CDU-Finanzsenator Peter Kurth im Juli 2023 in seiner Berliner Wohnung Gastgeber eines Treffens, an dem unter anderem Rechtsextremist Martin Sellner teilnahm. Kurth war 2009 Oberbürgermeisterkandidat der Kölner CDU.

Nach „Spiegel“-Informationen sollen unter den Gästen auch Maximilian Krah, späterer AfD-Spitzendandidat für die Europawahl, und der rechtsextreme Verleger Götz Kubitschek gewesen sein. Wie Kurth auf „Spiegel“-Anfrage bestätigte, soll Krah auf dem Treffen sein Buch „Politik von rechts“ vorgestellt haben. Auf die Frage, ob auch Sellner und Kubitschek anwesend waren, sagte Kurth, er habe „nicht alle“ genannten Personen gekannt. Eine Gästeliste habe es nicht gegeben.

Der Mitbegründer der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ Österreichs, Sellner, sowie Kubitschek, in dessen Verlag Krahs Buch erschien, ließen Anfragen des Magazins demnach unbeantwortet.

Rechtsextremist Martin Sellner ist gern gesehener Gast

Sellner steht auch im Zentrum des Skandals um ein Treffen in Potsdam im November. Mit Teilnehmenden soll er dort über Möglichkeiten zur Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland gesprochen haben. An dem Treffen hatten unter anderem auch Roland Hartwig, Berater von AfD-Chefin Alice Weidel, Ulrich Vosgerau, Jurist und Privatdozent an der Uni Köln, sowie weitere Mitglieder von AfD und „Werteunion“ teilgenommen.

Kurth sagte dem „Spiegel“, dass er „mit mehreren Mitgliedern der AfD persönlich befreundet“ sei. Laut einer Spendenquittung über 450 Euro, die dem Magazin vorliegt, soll der damalige Christdemokrat die AfD im Jahr 2016 finanziell unterstützt haben. Eine Parteispende an die AfD „schließe ich nicht aus“, sagte er dazu.

Zudem gibt es eine Verbindung zum Organisator des rechtsextremen Treffens nahe Potsdam im November: Peter Kurth ist Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) in Berlin. Sein persönlicher Referent von Oktober 2019 bis Juli 2020: Friedrich Arne Mörig – Sohn des rechtsextremen ehemaligen Düsseldorfer Zahnartes Gernot Mörig. Gernot Mörig war es, der zum Geheimtreffen eingeladen hatte, bei dem es um den „Masterplan“ ging, Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte aus Deutschland zu vertreiben. Friedrich Arne Mörig selbst nahm laut „Correctiv“ an der Zusammenkunft teil, stellte Pläne für Agentur für rechte Influencer vor, mit deren Hilfe junge Menschen bei Wahlen beeinflusst werden sollen.

Peter Kurth: 2009 OB-Kandidat der Kölner CDU

Kurth war unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) zwischen 1999 und 2001 Finanzsenator in Berlin. In der Zeit nach dem Einsturz des Stadtarchivs 2009 und den politischen Konsequenzen geriet er in den Fokus der Kölner Öffentlichkeit.

Da dem damaligen Oberbürgermeister Fritz Schramma unbeholfenes Krisenmanagement vorgeworfen wurde, sodass dieser im Herbst nicht mehr bei der Kommunalwahl antrat, wurde der ehemalige Berliner Finanzsenator Peter Kurth im Mai als „Ersatzmann“ nominiert. Als ihn die Kölner CDU zum OB-Kandidaten kürte, kündigte Kurth seinen Job als Vorstandsmitglied der Berliner Alba AG.

In der Kölner CDU und im Wahlkampf konnte Kurth schnell punkten, da er aufgrund parteiinterner Querelen als unbelastet galt. Im Wahlkampf machte Kurth damals aus seiner Homosexualität kein Geheimnis. „Ich bekenne mich nicht nur zu allen Aspekten meiner Persönlichkeit, sondern auch dazu, praktizierender Katholik zu sein“, sagte er im Mai 2009 dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es gebe in Köln „bekannte Angehörige des katholischen Klerus, die mich unterstützen“. Es werde konservative CDU-Mitglieder geben, die sagen, „wir wollen keinen schwulen OB“, räumte Kurth ein. Andererseits gebe es „ebenso Leute, die wollen, dass sich die CDU bestimmten Modernisierungsprozessen öffnet. Generell glaube ich nicht, dass die Kölner ein Problem damit haben, dass jemand, der sich um ein politisches Amt bewirbt, schwul ist“. Er wolle Menschen „über die bisherige Wählerschaft der CDU hinaus“ erreichen.

Als Kölner OB-Kandidat forderte Kurth von seiner Partei darüber hinaus, das Thema Integration mit Personen und Vorbildern glaubwürdig zu unterlegen: „Wir brauchen beispielsweise im Kreisvorstand einen Vertreter aus dem türkischstämmigen Milieu“, sagte er dieser Zeitung. Wenn die CDU das Thema Integration nicht aufnehme, werde „sie sich damit abfinden müssen, dass sie in bestimmten Kulturkreisen großstädtischer Milieus einfach nicht vorkommt. Ohne diese Milieus lassen sich keine Wahlen gewinnen.“

OB-Wahl 2009: Peter Kurth hat gegen Jürgen Roters keine Chance

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass Kurth offenbar zu spät installiert worden war. Gegen den in Köln bekannten ehemaligen Polizeipräsidenten und Regierungspräsidenten Jürgen Roters (SPD) verlor er die Wahl deutlich. Was weniger an seiner Person als den Umständen liegt. Kurth musste sich gleich mit einem doppelten Handicap herumschlagen. Im Vergleich zu Fritz Schramma war er in Köln ein Unbekannter.

Überdies hatte die Kölner CDU zu diesem Zeitpunkt zu viel mit sich selbst zu tun. Der wegen eines Parteispendenskandals vom Landgericht Köln zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilte Ex-Kreisvorsitzende Richard Blömer, damals einer der mächtigsten Männer in der Kölner CDU, reagierte nicht auf die Forderung des OB-Kandidaten, den Vorsitz des wichtigen CDU-Ortsverbands Lindenthal abzugeben. Auch die Affären um die Sparkassen-Beraterverträge des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Rolf Bietmann und des Ex-Bürgermeisters Josef Müller wirkten noch nach.

Sein Versprechen, sich trotz der Niederlage weiter politisch in der Kölner CDU zu engagieren, hielt Kurth nicht lange ein. Er ging zurück nach Berlin: Der BDE wählte ihn zum ersten Geschäftsführenden Präsidenten. Das Amt hat er noch heute inne.

Auf Anrufe, SMS und per E-Mail gestellte Fragen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ reagierte Peter Kurth am Freitag nicht. (mit afp)

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