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GamescomWie Computerspiele bei der Inklusion von Menschen mit Behinderungen helfen

3 min
Gamescom: Student Konstantin bedient ein Spiel mit seinen Pupillen

Gamescom: Student Konstantin bedient ein Spiel mit seinen Pupillen

Kann man ein Computerspiel bedienen, ohne die Hände dabei einzusetzen? Dank staatlicher Förderprogramme ist das möglich.

Das hat Dennis Sonne noch nie erlebt. Mit kräftigen Schwimmzügen gleitet er tief ins Meer hinab, erkundet eine faszinierende Unterwasserwelt. Eine Erfahrung, die der Mann im wirklichen Leben nie machen könnte. Der Tauchgang findet in der Halle 10 der KölnMesse bei der Gamescom statt. Das Spiel „Echoes of Mora“ ermöglicht es auch Menschen mit Behinderungen Erfahrungen zu erleben, die ihnen sonst verschlossen blieben. Mithilfe einer VR-Brille können die Spieler in der virtuellen Welt frei agieren.

Spezielle Controller oder Quadsticks für Menschen mit Behinderungen

Dennis Sonne sitzt nach einem Unfall im Rollstuhl. Der inklusionspolitische Sprecher der Grünen im Düsseldorfer Landtag ist zur Gamescom nach Köln gekommen, um sich darüber zu informieren, welche Chancen der Spielesektor für die Teilhabe vom Menschen mit Behinderungen eröffnet. Die Tour, die die Gamescom für den Politiker organisiert hat, dauert fast zwei Stunden. „Dank zahlreicher staatlicher Förderprogramme haben viele Hersteller in die Barrierefreiheit der Spiele investiert“, sagte Sonne. „Das ist eine gute Nachricht, denn das Gaming birgt für Menschen mit Einschränkungen oft die Chance, sich weiterzuentwickeln“, sagt Sonne.

Während sich der Staat um die schulische Ausbildung und die beruflichen Perspektiven der Menschen mit Behinderungen kümmert, sind diese bei ihrer Freizeitgestaltung oft auf sich gestellt. „Gaming kann nicht nur ein interessanter Zeitvertreib sein, sondern auch Brücken bauen“, sagt Dennis Sonne. „Bei den anonymen Mannschaftsspielen im Netz können sie ihre Stärken ausspielen, ohne mit Diskriminierung rechnen zu müssen“, erklärt der Grüne: „Das ist für viele ein Freiheitsgefühl, das ihr Selbstbewusstsein stärken kann.“ Die Entwickler von „Tavern Talk Stories – Dreamwalker“ sind ein kleines Team, das selbst divers aufgestellt sind. „Das hilft uns dabei, einen breiten Zugang von Anfang mitzudenken“, erklärt Sprecherin Imken Starosta. Das Spiel sei einfach zu bedienen, aber dennoch abwechslungsreich.

Dank zahlreicher staatlicher Förderprogramme haben viele Hersteller in die Barrierefreiheit der Spiele investiert.
Dennis Sonne, inklusionspolitischer Sprecher der Grünen im Düsseldorfer Landtag

Wenn Menschen mit Behinderungen Gliedmaßen fehlen, sind oft besondere Spielkonsolen oder angepasste Controller nötig. Der Informatiker Konstantin kann seinen E-Rollstuhl nur mithilfe eines Joy-Stick bewegen. Am Stand von „Gaming ohne Grenzen“ sitzt er vor einem Bildschirm und spielt das Spiel „Mindball“, bei dem Hindernisse aus Weg geräumt werden sollen. Der Mann macht die Sache gut. „Das Spiel wird mit einem Eye-Tracker gesteuert, der die Pupillenbewegungen registriert“, sagt Saskia Moes, die an der Fachstelle für Jugendmedienkultur um Gamer und Gamerinnen mit Behinderungen kümmert.  „In den interaktiven Räumen haben Jugendliche einen Zugang, der ihnen aufgrund ihrer Einschränkungen sonst nicht möglich wären.“

Der Inklusionspolitiker Dennis Sonne (Grüne) taucht mit mithilfe einer VR-Brille in eine virtuelle Welt ab.

Der Inklusionspolitiker Dennis Sonne (Grüne) taucht mit mithilfe einer VR-Brille in eine virtuelle Welt ab.

Sogenannte Quadsticks ermöglicht es Gamern, mithilfe von Saug- und Blassensoren freihändig Tasten und Mausbewegungen steuern können – ein Hilfsmittel, das Zugang zu fast allen Arten von Spielen ermöglicht. Für Menschen mit Sehbehinderungen gebe es bislang noch zu wenig Unterstützung, sagt Dennis Sonne. „In den USA ist man da deutlich weiter, weil es dort leider viele blinde Kriegsveteranen gibt“.

Der Blick auf die USA löst insbesondere bei Menschen mit Behinderungen aktuell keine positiven Gefühle aus. „Die Trump-Regierung hat Programme für Inklusion, Gleichstellung und Vielfalt aus ideologischen Gründen eingestampft“, kritisiert Grünen-Politiker Sonne. Auch in Deutschland hätten Firmen mit Sitz in den USA ihre entsprechenden Förderprogramme eingeschränkt. „Diesem Trend müssen wir in Deutschland und in NRW mit aller Kraft entgegensteuern“, sagt der Politiker aus Lüdinghausen. „Wir sind auf einem guten Weg. Den dürfen wir uns nicht kaputt machen lassen.“