Land investiert Rekordsumme391 Millionen Euro für Sanierung maroder Straßen und Brücken in NRW

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Nachrodt-Wiblingwerde: Verkehrsminister Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) lässt sich von Mitarbeitern Strassenbau NRW über die Situation an der gesperrten Brücke über die Lenne informieren. Die Umleitungsstrecke während der Dauersperrung der A45 bei Lüdenscheid ist bis auf weiteres unterbrochen.

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) informiert sich bei Mitarbeitern von Straßen NRW: Es geht um die Situation an der gesperrten Brücke über die Lenne südlich von Iserlohn, die wegen akuter Schäden im Ende Januar gesperrt werden musste.

30 Millionen fließen ins Rheinland. Neben Straßen und Brücken müssen bis 2030 auch etliche Straßentunnel modernisiert werden. Das kostet weitere 213 Millionen Euro.

Die Botschaft des NRW-Verkehrsministers, auf die er alle relevanten Player bei der Verkehrsinfrastruktur-Konferenz am 15. März in Düsseldorf auf die kommenden zehn Jahre einschwören will, ist eindeutig. „Der Erhalt und die Sanierung unserer Straßen, Brücken und Tunnelanlagen kann nur gelingen, wenn alle an einem Strang ziehen und sich einbringen“, sagt Oliver Krischer bei der Vorstellung des Sanierungsprogramms für die Landesstraßen. In die will er einschließlich der Bundesmittel in diesem Jahr die Rekordsumme von 391 Millionen Euro stecken.

Die ergibt sich aus gerade vorgestellten Plänen: Die Landesregierung wird in diesem Jahr 220 Millionen Euro in die Sanierung der Landesstraßen investieren. Hinzu kommen 148 Millionen für die Instandhaltung von Bundesstraßen in NRW, die beim Bundesverkehrsministerium angemeldet, aber noch nicht bewilligt sind. Weitere 23 Millionen Euro will das Land für Reparaturen der Radwege entlang der Landesstraßen ausgeben – zusammen also 391 Millionen.

SPD fordert Gesamtmasterplan für Brücken

Dass die SPD-Opposition im Landtag, die sich mit dem Minister seit Monaten in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einen Schlagabtausch über die Frage liefert, ob das Desaster um den kurzfristigen Ausfall der Rahmede-Talbrücke hätte verhindert werden können, in der vergangenen Woche bereits einen eigenen Mini-Verkehrsgipfel mit Verbänden und Unternehmen im Landtag organisiert hatte, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. 

In der Sache liegt man gar nicht so weit auseinander. Die SPD fordert von Krischer einen Gesamtmasterplan Brücken mit einer verbindlichen Prioritätenliste, „wie die Landesregierung im Fall einer Brückensperrung schnell reagieren und negative Folgen für Menschen und Wirtschaft in der betroffenen Region abfedern kann“, so SPD-Fraktionsvize Alexander Vogt.

Krischers 11-Punkte-Plan zur Sanierungsoffensive „Straßeninfrastruktur NRW“ vom November enthält vergleichbare Elemente. Der Minister verweist zudem darauf, dass in den Jahren 2022 und 2023 bereits mit dem Neubau von 36 Brücken begonnen wurde. Insgesamt müssten in NRW in den kommenden zehn Jahren rund 400 Brücken ersetzt werden, für die das Land verantwortlich ist. Hinzu kommen weitere 870, die der Bund sanieren muss.

„Wir müssen den bestehenden Anteil von Straßen, Brücken und Tunneln, die sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand befinden, deutlich abbauen. Dafür haben wir im November bereits eine Sanierungsoffensive mit einem 11-Punkte-Plan vorgelegt. Den setzen wir jetzt um“, sagt Krischer.

30 Millionen Euro fließen ins Rheinland und ins Bergische Land

Er fordert den Bund auf, nach dem Vorbild des Landes einen konkreten Sanierungsplan für die genannten 870 NRW-Brücken vorzulegen, die es dringend zu sanieren gilt. Wichtig sei zudem, dass die Länder künftig vom Bund zugewiesene Mittel für Neubau und Sanierung von Bundesstraßen flexibler einsetzen und nicht verausgabte Mittel in einem anderen Bereich nutzen könnten. „Das ist heute nur eingeschränkt möglich“, so Krischer. „Das würde insgesamt die notwendigen Arbeiten und Aktivitäten deutlich erleichtern.“

6400 Brücken und 17.000 Kilometer an Landes- und Bundesstraßen in NRW in Schuss zu halten, sei eine „gewaltige Herausforderung“.  Vor allem bei den Brücken zeige sich, wie dramatisch die Lage ist. „Wir werden in diesem Jahr 35 Ersatzneubauten errichten und in dieser Größenordnung in den nächsten zehn Jahren weitermachen“, so Krischer.

Von den 220 Millionen Euro, die NRW in diesem Jahr für die Landesstraßen zur Verfügung stellt, werden 145 Millionen in 151 größere Reparaturen investiert, davon rund 30 Millionen im Rheinland und im Bergischen Land. Rund 75 Millionen Euro sind NRW-weit für kleinere Sanierungen vorgesehen.

In Köln bekommt die Brücke am Merheimer Bruch eine Erneuerung, in Pulheim wird ein Radweg saniert

Projekte aus Köln und der Region sind auf der Ministeriums-Liste der Einzelmaßnahmen zahlreich genannt. An der L 286 bekommt etwa die  Brücke Merheimer Bruch einen neuen Belag; in Rath-Heumar gibt es an der L 73 eine Fahrbahnsanierung über fast einen Kilometer.

Ähnliche Vorhaben laufen an der L 162 in Zülpich und der L 163 in Kerpen. Nicht nur der Straßenbelag sondern auch der Radweg an der L 165 in Bad Münstereifel/Schönau bekommt vom Land eine Auffrischung. Deckensanierung und Radwegsanierung stehen bei der L 183 bei Pulheim-Sinndorf vom Kreisverkehrsplatz bis zur Anschlussstelle Worringen über fast zwei Kilometer auf dem Programm.

Auch in die Instandsetzung der Straßentunnel muss das Land nach Angaben des Verkehrsministers bis 2030 allein bei den Bundes- und Landesstraßen rund 213 Millionen Euro investieren. Ziel sei es, reparaturanfällige Bauteile auszutauschen, bevor sie ausfallen und das Bauwerk deshalb gesperrt werden müsse.

In den vergangenen Jahren sei zwar eine Stabilisierung des Straßenzustands erreicht worden, das reiche aber nicht aus, jetzt gehe es um eine deutliche Verbesserung, so der Verkehrsminister. „Unser Ziel ist es, den Modernisierungsstau der letzten Jahrzehnte aufzulösen und Verbesserungen zu erreichen“, sagte Krischer.

Gordan Dudas: „Vermeintliche Rekordinvestition wird durch die gestiegenen Bau- und Materialkosten wieder aufgefressen“

„Unser Druck in der Verkehrspolitik macht sich offenbar bezahlt“, frohlockt Gordan Dudas, verkehrspolitischer Sprecher der SPD. „Zumindest scheint Minister Krischer seine Verantwortung für die Infrastruktur inzwischen anzuerkennen. Das ist schon mal ein erster Fortschritt.Ob sich wirklich etwas bewegt, ist allerdings abzuwarten. Denn erstens wird die vermeintliche Rekordinvestition größtenteils durch die gestiegenen Bau- und Materialkosten wieder aufgefressen und ist nichts anderes als eine haushaltspolitische Selbstverständlichkeit. Und zweitens bleibt die Frage offen, mit welchem Personal die Landesregierung ihr Maßnahmenpaket umsetzen will.“

Die SPD fordert von Verkehrsminister Krischer einen Gesamtmasterplan Brücken. So sollen negative Folgen für Menschen und Wirtschaft in der betroffenen Region abgefedert werden. SPD-Fraktionsvize Alexander Vogt (v.l.) und Gordan Dudas, verkehrspolitischer Sprecher der SPD.

Die SPD fordert von Verkehrsminister Krischer einen Gesamtmasterplan Brücken. So sollen negative Folgen für Menschen und Wirtschaft in der betroffenen Region abgefedert werden. SPD-Fraktionsvize Alexander Vogt (v.l.) und Gordan Dudas, verkehrspolitischer Sprecher der SPD.

Landesbetrieb Straßen NRW sucht händeringend nach Ingenieuren

Weil das alles mit dem Personal beim Landesbetrieb Straßenbau NRW so nicht zu stemmen ist, will das Land die Planung einzelner Projekte an die gemeinsame Planungsgesellschaft des Bundes und der Länder (Deges) übergeben und versuchen, durch Modul-Bauweisen schneller voranzukommen. Straßen NRW habe nach der Ausgliederung der Autobahnprojekte, die seit 2021 von einer eigenen Bundesgesellschaft gemanagt werden, zwar neue Mitarbeitende gewinnen können. Der Fachkräftemangel sei aber immer noch gravierend.

„Die Bezahlung nach Ländertarif ist sehr überschaubar“, sagte Petra Beckefeld, Technische Direktorin bei Straßen NRW. „Als Arbeitgeber sind wir nicht wahnsinnig attraktiv und deshalb gezwungen, Leistungen nach außen zu verlagern.“ Vor allem Bauingenieure und Ingenieurinnen, die sich auf Brücken spezialisiert haben, seien „sehr rar am Markt“.

Alles Themen, die am 15. März dann auf den Tisch kommen, wenn das Verkehrsministerium alle von der Umsetzung der Sanierungsoffensive Betroffenen einlädt: vom Bund über das Land, die Kommunen und Kreise bis hin zu Unternehmen, Verbänden und Kammern - sie kommen nach Düsseldorf zu einer gemeinsamen Verkehrsinfrastruktur-Konferenz. Auf die sollen dann weitere regionale Treffen folgen.

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