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NRW-SPD will schnelle EntscheidungWer fordert 2027 Hendrik Wüst heraus?

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Mikrofone von Fernsehsendern stehen vor dem Logo der SPD im Johannes-Rau-Haus, der Parteizentrale der Landespartei in Düsseldorf.

Mikrofone von Fernsehsendern stehen vor dem Logo der SPD im Johannes-Rau-Haus, der Parteizentrale der Landespartei in Düsseldorf. 

Jetzt soll alles ganz schnell gehen. Die NRW-SPD will schon bald entscheiden, welche Politikerin oder welcher Politiker als Herausforderer von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst bei der NRW-Wahl 2027 ins Rennen zieht.

Sie hatten sich die Ohren schon zugehalten. Doch der große Knall ist ausgeblieben. Die SPD in NRW hat bei der Kommunalwahl landesweit 22,1 Prozent erzielt – deutlich mehr als von vielen in der Parteizentrale erwartet. Ein Motivationsschub, der genutzt werden soll, um wichtige Pflöcke einzuschlagen: „Nach der Stichwahl werden wir in Gespräche eintreten, um uns über die Spitzenkandidatur bei der NRW-Wahl 2027 zu verständigen“, sagte ein Mitglied der SPD-Landtagsfraktion dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Bislang war es oft als Nachteil angesehen worden, sich als Partei frühzeitig auf eine Nummer eins festzulegen. Zu groß schien die Gefahr, dass der politische Gegner zu viel Zeit haben könnte, um die Person politisch zu attackieren. Doch bei der SPD ist der Wunsch, Klarheit zu gewinnen, groß und wischt solche Bedenken vom Tisch. 2027 könne zu einer Schicksalswahl werden, heißt es im Landtag. „Wir müssen jemanden finden, der ernsthaft eine Chance hat, die Wahl zu gewinnen.“

„Lucky Punch“ gegen Wüst?

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (50, CDU) sitzt derzeit fest im Sattel. Die Zustimmungswerte für ihn sind hoch, das CDU-Ergebnis bei der Kommunalwahl lag mit 33,3 Prozent fast acht Prozent über dem aktuellen Bundestrend. Den Münsterländer aus dem Amt zu drängen, dürfte nicht einfach werden. Zuversicht verbreitet allerdings ausgerechnet die Rückschau auf das Jahr 2017, als die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) überraschend von CDU-Herausforderer Armin Laschet abgelöst wurde. „Der Fall zeigt, dass der Amtsinhaber sich nicht zu sicher fühlen sollte“, sagt ein Mitglied des SPD-Landesvorstands. „Mit einem Lucky Punch kannst Du das Ding auf den letzten Metern noch kippen.“ Lucky Punch – darunter versteht man im Boxsport einen Glückstreffer, der zum Knockout des Gegners führt. Wer ist bei der SPD fit genug, um sich in den Ring zu begeben? In Düsseldorf nimmt die Diskussion über mögliche Kandidatinnen und Kandidaten an Fahrt auf. Über wen sprechen die Genossen?

Sarah Philipp, Co-Vorsitzende der NRW-SPD: Die Duisburgerin hat qua Amt den ersten Zugriff auf die Spitzenkandidatur. Die 42-Jährige, deren Eltern einen Kiosk bewirtschaftet haben, könnte einen deutlichen Kontrast zu Wüst setzen. „Noch wirkt sie allerdings oft zu gehemmt“, sagt eine Weggefährtin. Als sie vor zwei Jahren Fraktionsvorsitzende im Landtag werden wollte, musste sie eine Niederlage einstecken. Auf Parteitagen hat aber jetzt gezeigt, dass sie die Genossen begeistern kann, wenn sie in den Kampfmodus schaltet.

Sarah Philipp, Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, gibt im Johannes-Rau-Haus, der Parteizentrale, ein Statement ab.

Sarah Philipp, Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, gibt im Johannes-Rau-Haus, der Parteizentrale, ein Statement ab.

Jochen Ott, SPD-Fraktionschef im Landtag: Der Kölner konnte sich bei seiner Wahl gegen Philipp durchsetzen. Der 51-Jährige gilt als willensstark und angriffslustig. Ob er seinen Hut in den Ring wirft, ist allerdings unklar. Sollte Ott Spitzenkandidat werden, wäre er im Fall einer Niederlage wohl den Fraktionsvorsitz los – ein Job, den er sehr gerne ausübt. „Diese Überlegung könnte Jochen die Entscheidung leichter machen, jemanden anderes zu unterstützen“, sagt ein SPD-Abgeordneter.

Jochen Ott (SPD), Vorsitzender der Landtagsfraktion seiner Partei, spricht bei einer Plenarsitzung des Landtags von Nordrhein-Westfalen.

Jochen Ott (SPD), Vorsitzender der Landtagsfraktion seiner Partei, spricht bei einer Plenarsitzung des Landtags von Nordrhein-Westfalen.

Thomas Eiskirch, Noch-Oberbürgermeister von Bochum: Der smarte Politiker aus dem Pott war schon wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in der Kraft-Ära. Weil er gute Kontakte zu Frank Baranowski (damals Chef der Ruhr-SPD), dem damaligen Intim-Feind von Kraft pflegte, reichte es nicht für ein Spitzenamt – Eiskirch verabschiedete sich auf die Kommunalebene. Kürzlich wurde der 54-Jährige beim Sommerempfang des Landtagspräsidenten gesichtet, was Spekulationen über ein mögliches Comeback auslöste. „Thomas ist dem Ministerpräsidenten vom Typ her sehr ähnlich“, erklärte eine Mandatsträgerin aus dem Rheinland. „Wenn Du ein ,Wüst in rot‘ bist, könnte das ein Nachteil sein.“

Oberbürgermeister Thomas Eiskirch im Rathaus in Bochum.

Oberbürgermeister Thomas Eiskirch im Rathaus in Bochum.

Bärbel Bas, Bundesarbeitsministerin: Sie gilt als klare Wunschkandidatin der SPD-Politiker in der Landespolitik. Insider kolportieren, der 57-Jährigen sei direkt nach der Bundestagswahl angeboten worden, Landesvorsitzende in NRW zu werden. Dafür sei im Gegenzug Sarah Philipp eine Position als Staatssekretärin in der neuen Bundesregierung offeriert worden. „Der Deal kam aber nicht zustande, weil Bärbel dann schnell der deutlich attraktivere Ministerposten in der Merz-Regierung angeboten wurde“, heißt es aus Berliner SPD-Kreisen.

Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales, spricht während der Generaldebatte zum Haushalt 2025 im Bundestag.

Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales, spricht während der Generaldebatte zum Haushalt 2025 im Bundestag.

Damit sei das Thema Spitzenkandidatur der SPD-Bundeschefin in NRW aber nicht vom Tisch. „Es steht eine Menge auf dem Spiel.“ Notfalls müsse man Bas mit der geballten Macht aller SPD-Wirkmächtigen „zwingen“, den Job zu übernehmen – und auch im Fall einer Niederlage als Oppositionsführerin in Düsseldorf zu bleiben.  „Mit Bärbel an der Spitze bestünden hervorragende Chancen, die SPD zu alter Stärke zurückzuführen“, sagt ein Mitglied der NRW-Landesgruppe im Bundestag.

Ob Bas sich opfert, soll jetzt ausgelotet werden.