Neue Studie des Landes NRWWie viel Platz für neue Windräder in Köln und der Region ist

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Braunkohle Kraftwerk, RWE Power AG Kraftwerk Niederaußem, Windkraftwerke, 2 Blöcke wurden 2020/21 stillgelegt und im Juni 22 wieder hochgefahren um Gaskraftwerke in der Energiekrise 2022 zu ersetzten, Bergheim, NRW, Deutschland, Kraftwerk Niederaußem *** Lignite power plant, RWE Power AG Niederaussem power plant, wind turbines, 2 units were shut down in 2020 21 and restarted in June 22 to replace gas-fired power plants in 2022 energy crisis, Bergheim, NRW, Germany, Niederaussem power plant.

Windräder drehen sich vor dem Braunkohlekraftwerk Niederaußem.

Theoretisch stehen 3,1 Prozent der Landesfläche zur Verfügung. Das größte Flächenpotenzial im Rheinland liegt im Kreis Euskirchen.

In Nordrhein-Westfalen gibt es nach einer Untersuchung des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) genügend Flächen für den geplanten Ausbau der Windenergie. 3,1 Prozent der Landesfläche seien geeignet, um dort Windräder zu bauen, heißt es in einer neuen Analyse im Auftrag der Landesregierung.

Damit stünde eine deutlich größere Fläche zur Verfügung als das Land laut einer Vorgabe der Bundesregierung für den Windkraftausbau zur Verfügung stellen muss. Für die Politik bleibe dadurch „ein Handlungs- und Gestaltungsspielraum“ bei der Frage, wo genau neue Windräder entstehen sollen.

Leverkusen: Kein geeignetes Gebiet für Windräder

Das größte Flächenpotenzial sieht die Untersuchung demnach im Hochsauerlandkreis, gefolgt von den Kreisen Höxter, Euskirchen, Paderborn, Steinfurt, Düren und Borken. Gleichzeitig gibt es mehrere Städte, in denen es gar keine geeigneten Gebiete für Windräder gibt. Darunter sind Bochum, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Herne, Leverkusen und Wuppertal. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Warum hat das Lanuv eine Flächenanalyse zur Windenergie vorgenommen?

Grundlage ist das Windenergieflächen-Bedarfsgesetz des Bundes, das seit Februar 2023 in Kraft ist. Es gibt den Ländern verbindliche Flächenziele für den Ausbau der Windenergie vor. Bundesweit sollen zwei Prozent der Fläche zur Verfügung gestellt werden. NRW muss 1,8 Prozent seiner Landesfläche bereitstellen. Das sind rund 61.000 Hektar.

Dazu wird die Landesregierung den Landesentwicklungsplan (LEP) ändern. Darin sind verbindliche Planungsziele für sechs Regionen im Land festgelegt. Dabei handelt es sich um die fünf Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster sowie den Regionalverband Ruhr, der das Ruhrgebiet umfasst.

Das NRW-Wirtschaftsministerium hat das Lanuv beauftragt, eine Flächenanalyse zu erstellen und für jede der sechs Regionen zu ermitteln, wie groß das Flächenpotenzial für Windenergie im bevölkerungsreichsten Bundesland ist.

Mit welchem Ergebnis?

Grundsätzlich stünden 3,1 Prozent der Landesfläche (106.802 Hektar) für Windkraftanlagen zur Verfügung. Die Studie ist unter anderem davon ausgegangen, dass Windräder mindestens 700 Meter von der nächsten Wohnsiedlung entfernt gebaut werden. Die Flächen verteilen sich auf die sechs Regionen wie folgt: Arnsberg (29.266 Hektar/27,4 Prozent), Köln (27.540/25,8), Detmold (23.152/21,7), Münster (18.595/17,4), Düsseldorf (5535/5,2), Ruhrgebiet (2714/2,5). Grundsätzlich sind also genügend Flächen in NRW vorhanden, um die Vorgabe des Bundes von 1,8 Prozent Landesfläche für Windenergie zu erreichen.

„Die Zahlen zeigen, dass die Möglichkeiten zum Ausbau regional nicht gleich verteilt sind“, sagt Raffalski. Letztlich würden die Flächen, die am Ende konkret ausgesucht werden, von der Regionalplanung festgelegt. Dafür habe das Lanuv mit der Aufschlüsselung auf Teilflächen für die einzelnen Regionen die Grundlage geschaffen.

Wo könnten die Schwerpunkte liegen?

Die größten Potenziale liegen vor allem im Westen des Regierungsbezirks Köln, im Nordwesten des Münsterlands, im Hochstift Paderborn und im östlichen Teil des Sauerlands.

Vor einem Jahr hat das Lanuv schon einmal eine Analyse vorgelegt, welche Flächen in NRW für Windenergie geeignet sind. Warum gibt es jetzt schon wieder eine neue?

In der alten Studie ging es wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine vor allem um Fragen der Energieversorgungsstrategie und nicht um die Flächen, auf denen Windkraftanlagen gebaut werden können. „Die Landesregierung wollte damals wissen, wieviel Ertrag und Leistung sich in der Windenergie in Nordrhein-Westfalen umsetzen lassen“, sagt Lanuv-Windkraftexperte Niklas Raffalski, der die neue Flächenanalyse erstellt hat.

Die neue Untersuchung ist eine Folge des Wind-an-Land-Gesetzes der Bundesregierung. Überdies haben sich einige gesetzliche Änderungen ergeben. „Beispielsweise hat sich in der Zwischenzeit das Bundesnaturschutzgesetz geändert“, so Raffalski. Auch das Planungs- und Genehmigungsrecht habe sich stark geändert. „Landschaftsschutzgebiete stellen für die Windenergie heute kein Ausschlusskriterium mehr dar.“ Die NRW-Landesregierung habe entschieden, dass der 1000-Meter-Abstand von der Wohnbebauung in den neuen Regionalplänen bei der Genehmigung von neuen Windkraftanlagen keine Rolle mehr spielen wird. „In der Analyse 2022 sind wir noch von einem 1000-Meter-Abstand ausgegangen.“

Wie viele Windräder gibt es in NRW?

Derzeit sind 3764 Anlagen in Betrieb. Vor zehn Jahren waren es 2925. Die Zahl der größten Anlagen mit einem Rotordurchmesser von mehr als 125 Metern ist von 31 im Jahr 2016 auf derzeit 373 Anlagen gestiegen. Der größte Teil der Anlagen ist zwischen 50 und 150 Meter hoch. Nur wenige sind höher. Im Jahr 2021 wurden 11.384 Gigawattstunden Strom aus Windenergie gewonnen. 2011 waren es 4.471 Gigawattstunden. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Anlagen um 69.

Laut Fachagentur Windenergie an Land fehlt es im ersten Quartal 2023 an Aufwind. Lediglich 14 neue Anlagen mit zusammen 71 Megawatt Leistung gingen in Betrieb. Im tagesaktuellen Windenergie-Monitoring des Lanuv sieht es noch trostloser aus. Danach ist die Gesamtzahl der Anlagen sogar gesunken, weil bis Mitte Juni mehr Anlagen demontiert als neu gebaut wurden.

CDU und Grüne habe im Koalitionsvertrag vereinbart, dass in dieser Wahlperiode in NRW rund 1000 zusätzliche Windräder gebaut werden sollen. Von diesem Ziel sind sie noch ein gutes Stück entfernt.

Wie geht’s weiter?

In der neuen Landesbauordnung, deren Entwurf vor einer Woche vom Landeskabinett genehmigt wurde, müssen Windräder künftig nur noch einen Abstand zu Wohngebäuden und Grundstücksgrenzen einhalten, der sich nach 30 Prozent ihrer größten Höhe richtet. Bisher waren es 50 Prozent. Neue Anlagen werden von der Bauaufsicht vor der Genehmigung nur noch einer vereinfachten Prüfung unterzogen. Bisher waren die Prüfungen deutlich umfangreicher als internationale Standards wie die Maschinen-Richtlinie der Europäischen Union. „Wir brauchen keine Deutschland-Türme, wenn internationale Standards ausreichend Sicherheit bieten“, sagt NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU). „Das wird Zeit und Geld sparen. Damit werden wir deutschlandweit zum Vorreiter.“ Die neue Landesbauordnung soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten. (mit dpa)

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