Neue BauordnungMehr Windräder, mehr Solaranlagen, keine Schottergärten – was sich in NRW ändert

Lesezeit 3 Minuten
18.08.2022, Nordrhein-Westfalen, Nettersheim: Handwerker montieren auf dem Dach eines Wohnhauses Solarmodule. Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Handwerker montieren auf dem Dach eines Wohnhauses in Nettersheim neue Solarmodule

Die Landesregierung verspricht mehr Tempo beim Klimawandel und reformiert die Landesbauordnung. Das sind die Details.

Erleichterungen für die Windkraft, eine Solaranlagenpflicht beim Neubau und ein noch deutlicheres Verbot von Schottergärten: NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) hat am Mittwoch die wichtigsten Punkte der geplanten neuen Landesbauordnung vorgestellt. Der Gesetzentwurf ist bereits vom Kabinett beschlossen und soll nun ins Parlament eingebracht werden. Das Gesetz soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten.

Prüfungen zum Bau von Windkraftanlagen werden abgespeckt

Nach dem Wegfall der 1000-Meter-Abstandsregel müssen Windräder künftig nur noch einen Abstand zu Wohngebäuden und Grundstücksgrenzen einhalten, der sich nach 30 Prozent ihrer größten Höhe richtet. Bisher waren es 50 Prozent. Neue Anlagen werden von der Bauaufsicht vor der Genehmigung nur noch einer vereinfachten Prüfung unterzogen. Bisher waren die Prüfungen deutlich umfangreicher als internationale Standards wie beispielsweise die Maschinen-Richtlinie der Europäischen Union. „Wir brauchen keine Deutschland-Türme, wenn internationale Standards ausreichend Sicherheit bieten“, sagt die NRW-Bauministerin. „Das wird Zeit und Geld sparen. Damit werden wir deutschlandweit zum Vorreiter.“

Keine Mindestabstände für Solaranlagen auf Dächern und Wärmepumpen

Der Gesetzentwurf sieht den Wegfall der Mindestabstände für Solaranlagen auf Hausdächern und für Wärmepumpen zu Nachbargrundstücken vor. Bei Wärmepumpen muss der Lärmschutz aber weiterhin eingehalten werden. Solaranlagen können spätestens ab Januar 2024 ohne Abstand zur Grenzwand auf den Dächern installiert werden. Auch die feuerpolizeilichen Vorschriften werden entschärft. Beim Bau von Solaranlagen müssen auf den Dächern keine Flächen mehr für die Feuerwehr freigehalten werden. Bisher war dafür ein halber Meter vorgesehen. So wird der Bau von größeren Anlagen möglich.

Gleichzeitig wird, wie im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen in NRW vereinbart, eine Pflicht zum Bau von Photovoltaik-Anlagen bei Neubauten eingeführt. Sie gilt für Wohnhäuser ab Januar 2025, für Nicht-Wohngebäude schon ab Januar 2024. Bei der Erneuerung alter Dächer muss ab Januar 2026 eine Solaranlage installiert werden. Entscheidend ist in allen Fällen der Tag des Eingangs des Bauantrags. An eine Überforderung von Hauseigentümern glaubt Ministerin Scharrenbach nicht. „Ich kenne keinen Eigentümer, der sich nicht heute schon die Frage stellt. Was mache ich mit meiner Energieversorgung, wenn eine Sanierung ansteht?“

Bei Mieterstrom wartet die Landesregierung noch auf ein entsprechendes Bundesgesetz. „Die Wohnungsgesellschaften würden ihre Dächer sofort mit Photovoltaik-Anlagen belegen, wenn es dafür eine gesetzliche Grundlage gäbe. Da ist die Bundesregierung am Zug“, so Scharrenbach.

Beschleunigter Ausbau des Mobilfunks

Im Außenbereich dürfen Mobilfunkantennen künftig ohne Höhenbegrenzung errichtet und müssen deshalb von den Bauordnungsämtern auch nicht mehr genehmigt werden. Mobile Anlagen können bis zu 48 Monate ohne Genehmigung errichtet werden. Um den Ausbau an Bahnstrecken zu beschleunigen, sind die zugehörigen Versorgungseinheiten zu den Anlagen mit einer Fläche von bis zu 30 Kubikmeter verfahrensfrei. Bisher waren das zehn Kubikmeter.

Verbot von Schottergärten wird präzisiert

Das bestehende Verbot von Schottergärten, also versiegelten Steinflächen statt Pflanzengärten, soll noch einmal präzisiert werden. Die Bauaufsicht könne bereits heute den Rückbau der Steinwüsten anordnen, warnte Scharrenbach. Gerade angesichts zunehmender Starkregen müssten Gartenflächen wasseraufnahmefähig bleiben. Die Steinwüsten erhitzten zudem die Umgebung und seien schlecht für die Artenvielfalt.

Keine Baugenehmigungen für kleine Wasserstoffanlagen

Kleinere Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff sollen nicht dem Baurecht unterstellt werden, sondern „verfahrensfrei“ sein, wenn der Wasserstoff dem Eigenverbrauch dient. Dies gelte auch für Elektrolyseure und Gasspeicher bis 20 Kilogramm Volumen. Die Landesregierung stehe dazu in einem „engen Austausch“ mit dem Zentrum für Brennstofftechnik in Duisburg.

Bauanträge können per E-Mail eingereicht werden

Bisher müssen Bauherrn die Baugenehmigungen in schriftlicher Form und dreifacher Ausfertigung bei den Unteren Bauaufsichtsbehörden einreichen. Künftig reicht es, die Anträge per E-Mail zu stellen. Bei den Behörden, deren Digitalisierung so weit fortgeschritten ist, dass sie über ein virtuelles Bauamt verfügen, kann dieser Weg genutzt werden. „Wir versprechen uns davon eine Entlastung der Antragstellenden und der Behörden“, sagt Ministerin Scharrenbach. Das Land will auch das Umnutzen und Umbauen älterer Gebäude vereinfachen. „Wir müssen die Umbau-Kultur von bestehenden Gebäuden stärken“, sagt die Bauministerin. Dass dabei nicht immer die neuesten Standards eingehalten werden können, müsse man in Kauf nehmen.

KStA abonnieren