Gründe für die Wohnungsbaukrise gibt es viele. Die Baulobby will die Standards senken, wie in Hamburg. Ein Blick auf die Kölner Situation.
Hohe Standards, wenige FlächenWarum in Köln zu wenige Wohnungen gebaut werden

Köln braucht mehr Wohnraum, verfehlt aber die selbstgesteckten Ziele weit. (Symbolbild)
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In Köln ein Zuhause zu finden, ist nicht einfach. Im Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger betonte Harald Rau, Dezernent für Soziales, Gesundheit und Wohnen noch einmal die bekannte Linie der Stadt: Für neue Einfamilienhaus-Siedlungen ist in Köln kein Platz mehr. Das Problem beginnt in Köln nicht erst mit dem Wunschhaus: Ob Häuser oder Wohnungen, Köln braucht mehr Wohnraum, verfehlt aber die selbstgesteckten Ziele weit. In den zehn Jahren bis 2023 sind in Köln pro Jahr im Schnitt 2865 neue Wohnungen gebaut worden – obwohl in dieser Zeit die Zinsen lange günstig waren.

Domblick: Im früheren Industriestandort Deutzer Hafen sollen später einmal 6900 Menschen wohnen und 6000 Menschen arbeiten.
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Das Ziel, das die Stadt mit Partnern unter anderem aus der Wohnungsbauwirtschaft 2017 formuliert hatte, lautete: mittelfristig 6000 neue Wohnungen jährlich. Daraus wurde nichts. Die Trendwende, wie sie Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) angesichts von knapp 4000 neuen Wohnungen im Jahr 2018 ausgerufen hatte, setzte nicht ein.

So soll ein Wohnprojekt in Nippes von der Neusser Straße aus aussehen.
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Gründe für die Wohnungsbaukrise gibt es viele und Köln steht mit dem Problem nicht allein da. Torsten Bölting, Geschäftsführer des Instituts für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung in Bochum, hatte in der Vergangenheit schon gesagt: „Wir haben es in Deutschland geschafft, uns in eine fatale Spirale zu begeben, in dem wir alles verkomplizieren mit Vorschriften und Regularien. Das ist eine vertrackte Situation und ein Ausweg daraus ist sehr schwierig, weil es so viele Beteiligte gibt.“
Alles zum Thema Ina Scharrenbach
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Köln hat ein Flächenproblem
Zum einen hat Köln ein Flächenproblem. Reker sagte vor drei Jahren, die Neubau-Zahlen würden weiter schlecht bleiben, „weil es in einer so dicht bebauten Stadt wie Köln zu wenig Bauland gibt“. Sie sagte weiter: „Es nützt auch wenig, wenn im Bund eine Zielzahl von 400.000 Wohnungen vorgegeben wird. Die Städte sind damit strukturell überfordert.“ Zwar gibt es große Stadtentwicklungsprojekte, wie den Deutzer Hafen, Kreuzfeld und die Parkstadt Süd. Doch das reicht bei weitem nicht, um den Bedarf an Wohnraum zu decken.

An der Vallendarer Straße hat die Wohnbaugesellschaft GAG über 200 neue Wohnungen gebaut, hunderte weitere wurden modernisiert.
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Als eine Lösung für schnelle neue Wohnungen wird bundesweit serielles Bauen diskutiert. Gemeint sind vorgefertigte Module, die vor Ort nur noch zusammengesetzt werden. So werden in Köln Schulen gebaut, aber wenn es um die Schließung von Baulücken für Wohnraum geht, braucht es meist individuellere Pläne.
Hamburger reduziert Standards
Hamburg versucht einen Ausweg über die massive Senkung von Baustandards zu finden. Ziel ist, die Kosten um ein Drittel zu reduzieren. Die Idee besagt, was nicht unbedingt sein muss, wird nicht gebaut. Gekippt werden zum Beispiel Vorgaben zur Barrierefreiheit und zum Klimaschutz.

In der Nähe des Kölner Zoos erstreckt sich das neue die Viva Agrippina, dass neue Veedel auf dem ehmaligen Zurich-Gelände.
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Die Stadt Köln selbst hat dem Stadtrat mitgeteilt, dass die Leitlinien für den Klimaschutz mit anderen Interessen bei Bauvorhaben konkurrieren. Sie schrieb 2022, als der Rat den Leitfaden verabschiedete, über mögliche Probleme mit dem vor Jahren beschlossenen Stadtentwicklungskonzept Wohnen: „Dabei ist im Sinne einer integrierten Herangehensweise darauf zu achten, wie Zielkonflikte beispielsweise zur sozialen Zielsetzung und Klimaschutz aufgelöst werden können.“ Man kommt sich also selbst in die Quere.
Städte wie Köln legen darüber hinaus mit der Politik weitere Regeln fest, etwa wann ein Investor bei welchem Vorhaben wie viele öffentlich geförderte Wohnungen bauen muss. Sie entscheiden auch, ob sie eigene Grundstücke an den Investor mit dem besten Konzept und nicht den mit dem dicksten Konto verkaufen. Zu solchen Konzepten zählen etwa Anforderungen zur Energieeffizienz von Neubauten.
Energieeffizienz als Hebel?
Bundesweiter Standard im Neubau ist EH-55, die Stadt Köln fordert aber den Standard EH-40, der höher ist. Ein Haus mit Standard EH-40 braucht 60 Prozent weniger Energie als es das Gebäudeenergiegesetz vorschreibt, ist also deutlich effizienter, aber damit auch teurer im Bau.
Nicht nur die Baulobby, auch Stimmen in der Kölner Politik und Verwaltung blicken auf Hamburg als mögliches Vorbild für Köln und NRW. Baustandards zu senken ist in Köln aber schwieriger als im Stadtstaat Hamburg, weil Köln kein Land ist. Die Gesetze machen Bund und Land mit ihren Bauordnungen.
Auf Bundesebene brachte die Ampel-Regierung den Gebäudetyp E auf den Weg, für den es allerdings eine Gesetzesänderung braucht. Die will die schwarz-rote Koalition nun zum Abschluss bringen will, dann soll rechtssicher von Baustandards abgewichen werden können. Auch auf NRW-Ebene stehen Vorschriften auf dem Prüfstand. Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) führte vor einem Jahr die Initiative „Bürokratie am Bau? Ciao!“ ein, um die Bauordnung, Rechtsverordnungen und DIN-Vorschriften für NRW zu verschlanken.