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Düsseldorfer Rüstungskonzern
Rheinmetall hat über 100 überholte Schützenpanzer an die Ukraine geliefert

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Schützenpanzer vom Typ Marder fahren bei einem Manöver an der Elbe.

Schützenpanzer vom Typ Marder fahren bei einem Manöver an der Elbe.

Ausgemusterte Schützenpanzer der Bundeswehr vom Typ Marder werden jetzt in der Ukraine eingesetzt.

Der Schützenpanzer Marder wurde im Kalten Krieg für einen möglichen Einsatz der Bundeswehr gegen Truppen des Warschauer Pakts konzipiert. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall hat ausrangierte Modelle der Ukraine nun in großem Umfang für den Kampfeinsatz gegen die russische Armee zur Verfügung gestellt.

„Wir haben im Frühjahr 2022 damit begonnen, Marder instand zu setzen und bis heute über 100 dieser Gefechtsfahrzeuge an die Ukraine geliefert“, sagte Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender von Rheinmetall, dem „Kölner-Stadt-Anzeiger“. Auftraggeber war fast immer der Bund, hinzu kommen sogenannte Ringtausche über Griechenland. Die Bundesregierung stellte im vergangenen Jahr insgesamt 5,4 Milliarden Euro für die Unterstützung der Ukraine zur Verfügung.

Infanterie hat hohe Bedeutung

Der Panzer Marder gehört bei der Bundeswehr zu den klassischen Waffensystemen der Panzergrenadiertruppe. Sie können an der Front eingesetzt werden, um schwer bewaffnete Schützen auch unter feindlichem Beschuss sicher abzusetzen. In neueren Fahrzeugen ermöglicht ein Wärmebildgerät den Einsatz des Fahrzeugs bei Tag und Nacht und unter allen Witterungsbedingungen. Die Besatzung besteht neben dem Richtschützen, dem Kraftfahrer und dem Kommandanten aus sechs Soldaten, die über die Heckluke im Gelände abgesetzt werden. Der Infanterie kommt bei den Stellungskämpfen zwischen Russen und Ukrainer derzeit eine besondere Bedeutung zu.

Die Marder wurden bei der Bundeswehr 1971 erstmal eingesetzt. Viele landeten mit Motor- und Getriebeschäden zunächst in Depots, wurden dann von Rheinmetall zurückgenommen, wo sie jetzt repariert werden. „Wie lange es dauert, einen in die Jahre gekommenen Schützenpanzer oder Kampfpanzer für den Kriegseinsatz in der Ukraine vorzubereiten, hängt stark vom individuellen Zustand ab, zudem von der Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Baugruppen“, sagte Rheinmetall-Chef Papperger unserer Zeitung. „Manchmal dauert die Instandsetzung nur wenige Monate, ein anderes Mal auch bis zu einem Jahr“, fügte der Vorstandsvorsitzende hinzu. Neben dem Marder stellt Rheinmetall der Ukraine 39 Kampfpanzer vom Typ Leopard 1 und 2 zur Verfügung, die 2024 geliefert werden.

Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall, Jahrespressekonferenz des Rüstungskonzerns.

Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender von Rheinmetall.

Eine zentrale Bedeutung kommt dem Rüstungskonzern aus NRW auch bei der Belieferung der Ukraine mit der dringend benötigten Munition zu. Zur Sicherung des Luftraums setzt die Ukraine den Flugabwehrpanzer Gepard ein, den die Bundeswehr im Jahr 2010 außer Dienst gestellt hatte. Deswegen gab es für dieses Waffensystem kaum noch verfügbare Munition. Die Wiederbeschaffung sei ein „multinationaler Kraftakt“ gewesen, sagte Papperger, die Anlage für die 35-Millimeter-Munition musste aus Italien beschafft werden. Seit September 2023 laufe die Produktionslinie nun „auf Hochtouren“.

Panzer wurden per Bahn ausgeliefert

Die Lieferung von Munition und Waffen von Deutschland ins Kriegsgebiet ist für die Beteiligten stets mit hohen Risiken verbunden. Die ersten frisch instand gesetzten Marder-Schützenpanzer brachte Rheinmetall im März 2023 vom niedersächsischen Unterlüß per Eisenbahntransport in die Ukraine. Nun soll das Kriegsgerät vermehrt auch in der Ukraine selbst hergestellt werden.

„Seit Oktober 2023 ist unser Joint Venture im Land, die Rheinmetall Ukrainian Defense Industry, operativ tätig“, erklärte Rheinmetall-Chef Papperger. „Die Absichtserklärung für ein weiteres Gemeinschaftsunternehmen zur Munitionsproduktion ist unterzeichnet, der Spatenstich für das Werk steht kurz bevor“. Man sei „dankbar, der Ukraine als mittlerweile wichtigster rüstungsindustrieller Partner wertvolle Hilfe“ geben zu können.

Fabrikbau in Weeze ist im Zeitplan

Rheinmetall erwartet für das laufende Geschäftsjahr 2024 einen Jahresumsatz von zehn Milliarden Euro, 2023 waren es 7,2 Milliarden. Am Standort Weeze im Kreis Kleve will der Rüstungskonzern ab 2025 eine Fabrik zur Produktion von Rumpfmittel­teilen für das Kampfflugzeug „F-35A Lightning II“ errichten. Am Spatenstich im vergangenen Jahr nahmen auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) teil. Die Errichtung der neuen Fabrik sei „bautechnisch voll im Plan“, hieß es bei Rheinmetall. Mit der Auslieferung der ersten Teile für den leistungsstarken Kampfjet werde im ersten Quartal 2027 gerechnet.

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