NRW-Ministerpräsident fordert mehr TempoWüst spricht bei Scholz' Deutschlandpakt von einem „reinen PR-Gag“

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Simmerath: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, r) und Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, geben sich bei ihrem Besuch eines Bürgerwindparks die Hand. Die Kleinstadt mit über 15 000 Einwohnern erzielt Gewinne durch die Verpachtung der gemeindeeigenen Waldflächen an den Betreiber. Ein Teil der Erträge fließt in den Gemeindehaushalt und ermöglicht niedrige Grund- und Gewerbesteuern.

Deutschlandpakt? NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), hier beim Besuch des Kanzlers im Bürgerwindpark Simmerath, sieht den Vorschlg vonOlaf Scholz (SPD) kritisch.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) fordert Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf, sich zeitnah mit den Landeschefs zu treffen. 

Aus Sicht von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst ist der Deutschlandpakt „ein reiner PR-Gag für Projekte, die ohnehin schon in der Pipeline sind und die wir als Länder schon lange fordern“. Die Ideen der Länder zur Planungsbeschleunigung lägen dem Kanzleramt seit zehn Monaten vor.

Die Koalition ist gelähmt vor Streit und sieht dabei zu, wie die Industrie schrumpft
Hendrik Wüst, NRW-Ministerpräsident

Eine Reaktion sei nicht erfolgt. „Der Bund hat wertvolle Zeit vertrödelt – zulasten des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Wir warten seit dem vergangenen Jahr vergeblich auf eine Reaktion des Bundes. Die Koalition ist gelähmt vor Streit und sieht dabei zu, wie die Industrie schrumpft und sich aus Deutschland zurückzieht“, so Wüst. Der CDU-Politiker forderte den Kanzler auf, „schleunigst“ ein Treffen mit den Ministerpräsidenten anzuberaumen. Gemeinsam mit Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) habe er bereits im März „gemeinsam beim Kanzler mehr Tempo angemahnt“.

Mona Neubaur: „Bislang hat sich Olaf Scholz vor allem durch Ankündigungen hervorgetan“

Kritisch äußerte sich auch NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne): „Für eine gemeinsame, nationale Kraftanstrengung reichen die wohlklingenden Worte des Kanzlers allerdings nicht aus - es braucht auch konkrete Taten, die ihnen folgen. Bislang hat sich Olaf Scholz vor allem durch Ankündigungen hervorgetan. Die Vorschläge, die er heute präsentiert hat, sind weder besonders neu, noch können sie einen Konkretisierungsgrad aufweisen.“

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Städte und Gemeinden dürften nicht länger „mit immer mehr zusätzlichen Aufgaben“ finanziell belastet werden, „wenn sie weiter ihre Pflichten erfüllen sollen“, sagte Neubaur.

Unternehmer.nrw mahnt Priorisierung des Mittelstands an

Die Forderung des Bundeskanzlers sei „eine Einladung zum Mitmachen“, sagt Jochen Ott, SPD-Fraktionsvorsitzender im Düsseldorfer Landtag und wies bei X (Twitter) die Kritik des NRW-Ministerpräsidenten an Scholz zurück. „Kitas, Pflege, Ganztag vor der Insolvenz. Kommunalfinanzen wegen der Landesregierung im Eimer. Flüchtlingsunterbringung vor dem Kollaps. Ein Ministerpräsident, der selbst nichts auf die Kette kriegt, kritisiert den Kanzler. Das ist absurd. Wann will Wüst endlich selbst regieren?”

Es sei gut, dass Scholz die Probleme deutlich benenne, sagte Johannes Pöttering, Hauptgeschäftsführer von unternehmer.nrw. „Wir brauchen aber nicht immer neue Ankündigungen und Diskussionsformate, sondern endlich konkretes Handeln. Es ist höchste Zeit, dass die Stärkung von Industrie und Mittelstand absolute politische Priorität erhält.“

Die Schwächsten in Deutschland seien „schon lange nicht mehr die Empfänger von Sozialleistungen, sondern die Beschäftigte. Über vierzig Prozent Sozialabgaben plus Steuern sind ein Skandal. Während die Beschäftigten hier vor unserer Haustür wieder Angst um ihre Jobs haben, weil energieintensiven Unternehmen die Flucht ergreifen, wird weiter so getan, als würde Deutschland vor Kraft nur so strotzen“, so David Zülow, Vorsitzender des Vereins „Die Familienunternehmer NRW“.

Dass Scholz die Einführung eines Industriestrompreises ablehne, sei richtig. „Dass dieser überhaupt gefordert wird, ist der Offenbarungseid, dass die Energiewende krachend und mit Ansage gescheitert ist.“

Der Kölner DGB-Chef Witich Roßmann bezeichnete den Deutschlandpakt hingegen als „eine gute Idee gegen De-Industrialisierung, wenn er massive Investitionen in ökologische und digitale Transformation, in die Infrastruktur für Bildung, Qualifizierung und Forschung freisetzt.“ Zukunftsinvestitionen dürften nicht durch die Schuldenbremse blockiert werden. Zur Finanzierung müsse es einen sozialen Lastenausgleich geben.

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