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Sicherheitspaket im LandtagSo antwortet NRW auf den mutmaßlichen Terroranschlag in Solingen

Lesezeit 3 Minuten
Hunderte Kerzen, Blumen und Trauerschreiben befinden sich am Gedenkort unweit des Tatorts in Solingen. Bei einer Attacke auf der 650-Jahr-Feier der Stadt hatte es am im August 2024 drei Tote und acht Verletzte gegeben.

Hunderte Kerzen, Blumen und Trauerschreiben befinden sich am Gedenkort unweit des Tatorts in Solingen. Bei einer Attacke auf der 650-Jahr-Feier der Stadt hatte es am im August 2024 drei Tote und acht Verletzte gegeben.

NRW will in der Terrorabwehr besser werden. Dazu soll es zusätzliche Internet-Ermittler und einen KI-Container im Rhein-Erft-Kreis geben.

Man werde der „Abscheulichkeit die Stirn bieten“, sagt Nathanael Liminski, Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei. Dies sei zwar ein „Kraftakt“, so der CDU-Politiker, aber: „Wir haben die Opfer des Terrors und deren Familien nicht vergessen – ihnen gilt unser Versprechen und ihnen sind wir es schuldig.“

Es geht ein wenig pathetisch zu, als am Dienstag in Düsseldorf das Maßnahmenpaket „Sicherheit, Migration und Prävention“ vorgestellt wird. Das Paket ist die Reaktion der Landesregierung auf den islamistisch motivierten Terroranschlag von Solingen. Es beinhaltet vor allem mehr Möglichkeiten für die Sicherheitsbehörden, „sowie mehr Befugnisse und Personal“, erläuterte Innenminister Herbert Reul (CDU).

Der NRW-Verfassungsschutz beispielsweise werde legitimiert, in sozialen Netzwerken oder auf Kommunikationsplattformen verdeckt nach Informationen zu suchen. Der Entwurf des dafür notwendigen Gesetzes werde im Laufe dieser Woche in den Landtag eingebracht.

Minister Reul: Waren „bisher blind“

Die „schrecklichen Ereignisse“ in Solingen hätten „Anlass gegeben, unsere Sicherheitsstruktur zu überdenken“, sagte der Minister. „Der Anschlag hat uns dazu gezwungen, den Reformprozess rapide zu beschleunigen.“

So solle der NRW-Verfassungsschutz auch neue Auskunftsrechte bekommen, um verdächtige Geldflüsse und Reisebewegungen nachvollziehen zu können. Außerdem gehe es darum, verschlüsselte Kommunikation mitlesen zu können, wo es rechtlich erlaubt und notwendig sei. „Extremisten kommunizieren über verschlüsselte Messenger“, betonte Reul und fügte hinzu: „Da waren wir bisher blind.“

KI soll Polizeiarbeit stärker unterstützen

Um Künstliche Intelligenz (KI) auch außerhalb des Kampfes gegen Kinderpornografie stärker in der Polizeiarbeit nutzen zu können, werde im Sommer ein dementsprechend ausgerüsteter „Technikcontainer“ im Rhein-Erft-Kreis aufgestellt. „Social Media ist eine Brutstätte für Extremisten“, so der Minister: „Auch Anschläge werden heute dort geplant und vorbereitet, da müssen wir so früh es geht stören und gegensteuern.“

Noch in diesem Jahr werde „das extrem leistungsfähige Hardware-Modul“ deshalb an das Polizeinetz angeschlossen. Weil „Kriminalität digitaler werde“, würden ab dem Herbst zudem noch rund 100 Beamtinnen und Beamte „digital auf Streife“ gehen. Angebunden seien diese Ermittler, die auch verdeckt agieren dürften, überwiegend an die Staatsschutz-Kommissariate der großen Polizeipräsidien Bielefeld, Düsseldorf, Dortmund, Essen, Köln und Münster. Unter anderem solle es bei deren Arbeit um politisch motivierte Straftaten gehen. Aber auch um islamistische Prediger und Influencer, die die Polizei zukünftig in einer landesweit geführten Datei erfassen will.

Asylverfahren sollen verkürzt werden

Das Maßnahmenpaket der Landesregierung, für das 95,5 Millionen Euro bereitstehen und bisher 228 neue Stellen in verschiedenen Bereichen geschaffen wurden, beinhaltet noch zahlreiche weitere Punkte: Beratungsangebote für junge Asylbewerber beispielsweise. In jeder der landesweit 52 Asylunterkünften soll es sogenannte „Gewaltschutz-Koordinatoren“ geben, die sich regelmäßig auch mit der Polizei austauschen, und Asylverfahren sollen verkürzt sowie Rückführungsprozesse zentralisiert werden.

Der Angeklagte im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Auf dem Stadtfest „Festival der Vielfalt“ soll der Syrer Issa Al H. (27) drei Menschen erstochen haben. Dem Angeklagten wird dreifacher Mord, zehnfacher Mordversuch und Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung vorgeworfen.

Issa Al H. (27) soll auf dem Solinger Stadtfest drei Menschen erstochen haben. Er steht vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf vor Gericht. Dem Angeklagten wird dreifacher Mord, zehnfacher Mordversuch und Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung vorgeworfen.

An den Verwaltungsgerichten Köln, Gelsenkirchen und Minden gibt es dafür bereits drei neue Kammern für Asylrecht. Auch der Bau einer zweiten Abschiebehaftanstalt in Mönchengladbach ist Teil des Maßnahmenpakets.

Mutmaßlicher Messerangreifer steht derzeit vor Gericht

Bei dem islamistischen Terroranschlag in Solingen waren am 23. August 2024 drei Menschen getötet und zahlreiche weitere Menschen vor einer Bühne des Stadtfestes während eines Konzerts verletzt worden. Derzeit läuft der Prozess gegen den angeklagten Syrer Issa al H., der den Messerangriff gestanden hat. Zum Vorwurf der IS-Mitgliedschaft äußerte er sich bisher nicht.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten dreifachen Mord und zehnfachen versuchten Mord vor. Er soll IS-Terrorist sein und vor der Tat dem sogenannten Islamischen Staat in Videos die Treue geschworen haben. Einen Tag später reklamierte der IS den Anschlag für sich - das erste Bekenntnis dieser Art seit dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016.