Das Bundesverfassungsgericht hat über eine Klage gegen das NRW-Polizeigesetz und die Strafprozessordnung entschieden. In Düsseldorf stößt der Beschluss auf viel Zustimmung.
Urteil zu PolizeigesetzReul: „Leuten, die Schlimmes vorhaben, dürfen wir ganz nah auf die Pelle rücken“

Das Bundesverfassungsgericht veröffentlicht am Donnerstag seine Entscheidung über zwei Beschwerden
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Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat den Einsatz von Staatstrojanern begrenzt. Bei Straftaten, die eine Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren vorsehen, ist die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) nicht verhältnismäßig und daher verfassungswidrig. Bei schweren Straftaten bleibt das Ausspähen Krimineller jedoch erlaubt. Eine Verfassungsbeschwerde gegen das nordrhein-westfälische Polizeigesetz wies das Gericht in seinem Beschluss vom Donnerstag zurück.
Als Staatstrojaner wird Späh-Software bezeichnet, die heimlich auf Computern oder Handys von Verdächtigen installiert wird. Dadurch kann die Polizei seit der Änderung der Strafprozessordnung von 2017 verschlüsselte Chatnachrichten mitlesen, um bestimmte Straftaten aufzuklären. Vorher war dies nur für die Verhinderung künftiger schwerer Straftaten wie Terror-Anschläge zulässig. Die Kommunikation wird direkt auf dem Endgerät – der Quelle – erfasst, bevor sie verschlüsselt wird. Daher kommt der Name Quellen-TKÜ.
Der Bielefelder Verein Digitalcourage hatte 2018 gegen die Änderung der Strafprozessordnung geklagt. Ein Jahr später reichte der Verein eine weitere Klage ein, die sich gegen das nordrhein-westfälische Polizeigesetz richtete: Dieses hatte die Quellen-TKÜ für präventive Zwecke aufgenommen. Hier gaben die Karlsruher Richterinnen und Richter jedoch grünes Licht: Die Regelung war ihrer Ansicht nach ausreichend auf besonders schwere terroristische Straftaten begrenzt und damit verhältnismäßig. Auch die Definition von Terrorismus sei im Polizeigesetz verfassungsrechtlich tragfähig.
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FDP: „Grundrechte gelten auch im digitalen Raum“
NRW-Innenminister Herbert Reul äußerte sich zufrieden. „Das Gericht bestätigt, dass wir mit dem Gesetz rechtmäßig unterwegs sind“, sagt der CDU-Politiker auf Anfrage. Wenn Terror drohe, seien Grundrechtseingriffe erlaubt. „Leuten, die Schlimmes vorhaben, dürfen wir damit ganz nah auf die Pelle rücken. Das ist erlaubt und verhältnismäßig“, so Reul. „Damit schaffen wir den Spagat zwischen Freiheit und Sicherheit. Mit diesem Urteil bekommt unsere Polizei Rückendeckung, ein Werkzeug zu nutzen, das Leben retten kann.“

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen
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Auch die SPD-Landtagsfraktion begrüßte den Beschluss. „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes schafft Rechtssicherheit für die Ermittlungsbehörden und ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Sicherheit in Zeiten terroristischer Bedrohungen“, sagt Christina Kampmann, innenpolitische Sprecherin. Zugleich würden die Grundrechte gestärkt, „indem das Gericht deutlich macht, dass die Verhältnismäßigkeit nur bei schweren Straftaten gewahrt wird“.
Es sei gut, dass nun Rechtsklarheit bestehe, sagt Julia Höller (Grüne). Der Einsatz von Staatstrojanern müsse auf besonders schwere Straftaten begrenzt sein. „Dass das Gericht die Anwendung der Quellen-TKÜ bei der Verfolgung von einfacher Kriminalität als verfassungswidrig erklärt hat, begrüße ich“, so Höller. Ähnlich äußerte sich Werner Pfeil, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. „Grundrechte gelten auch im digitalen Raum – das hat das Gericht heute noch einmal deutlich gemacht“, sagt er. Sicherheit und Freiheitsrechte müssten in Einklang gebracht werden – das sei im NRW-Gesetz gelungen. (mit dpa)