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„Die Zustände sind menschenunwürdig“Flüchtlingsrat kritisiert schwere Missstände in NRW-Unterkünften

Lesezeit 2 Minuten
15.11.2023, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Birgit Naujoks, Geschäftsführerin Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen,  spricht bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf zur Lage der Flüchtlingsunterkünfte. Foto: David Young/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats Nordrhein-Westfalen

Die Lage in den 48 Flüchtlingsunterkünften des Landes soll dramatisch sein. Der Flüchtlingsrat spricht von menschenunwürdigen Zuständen. 

Der Flüchtlingsrat NRW hat die prekären Zustände in den Landesaufnahme-Einrichtungen für Flüchtlinge scharf kritisiert. „Dort herrschen Überfüllung, Unruhe und Angst“, sagte Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW, in Düsseldorf. „Das macht die Menschen kaputt. Sie haben keine Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Weil Spinde fehlen, schlafen sie nachts oft mit den wichtigsten Habseligkeiten in der Hand.“

In NRW gibt es derzeit 48 Landesunterkünfte für Flüchtlinge. Zum Teil sind die Menschen in Zelten untergebracht, in denen sie sich abgeteilte Kabinen mit Fremden teilen müssen. „Da gibt es keine Tür, die man schließen kann“, berichtete Naujoks. Frauen müssten oft an den Bereichen für allein reisende Männer vorbei gehen, wenn sie die sanitären Einrichtungen aufsuchen wollten. „Manche trinken zu wenig, weil sie Angst haben, nachts auf die Toilette zu gehen“, so Naujoks.

Schüsse und Explosionen

Elementare Schutzbedürfnisse würden in den Landeseinrichtungen „systematisch missachtet“, hieß es. So sei die Landesunterkunft in Selm auf dem Parkplatz der Polizeischule untergebracht – dort sind regelmäßig Schüsse und Explosionen zu hören. Die Geräuschkulisse sei für traumatisierte Schutzsuchende mitunter schwer belastend.

Claus-Ulrich Prölß ist Geschäftsführer der Flüchtlingsrats in Köln. Er beklagte, dass die Landeseinrichtung in Köln-Bayenthal (800 Plätze) immer noch überbelegt ist. „Im Frauen-Café, im Casino und im Billardraum mussten Liegen aufgestellt werden. Die hygienischen Zustände sind zum Teil katastrophal. Die Menschen leben zusammengepfercht. Die Zustände sind menschenunwürdig.“

Missstände sollen verborgen bleiben

Prölß kritisiert, dass die schwarz-grüne Landesregierung offenbar nicht daran interessiert sei, ein langfristiges Konzept für die Flüchtlingsunterbringung vorzulegen. „Man hofft darauf, dass die Zahlen zurückgehen und dass keine Investitionen zum Beispiel in Fertigbaumodule nötig sind“, sagte der Geschäftsführer. In der Zwischenzeit werde die Öffentlichkeit aus den Einrichtungen herausgehalten, damit Missstände nicht ans Licht kommen würden. „Besonders vulnerable Flüchtlinge treffen hier auf Strukturen, die rechtlich fragwürdig und unangemessen ausgestaltet sind. Das macht mich fassungslos“, sagte Prölß.

NRW-Integrationsministerin Josefine Paul erklärte, angesichts der hohen Zugangszahlen sei die Lage „herausfordernd". Die Grüne will die Probleme beim nächsten Runden Tisch für Migration erörtern.