„Bald deutsche Militärgeschichte"US-Truppenabzug versetzt deutsche Politiker in Sorge

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Bundeswehrsoldaten am Flughafen in Masar-i-Scharif, Afghanistan

Berlin – Deutsche Außen- und Verteidigungspolitiker zeigen sich besorgt über die Pläne von US-Präsident Donald Trump, kurzfristig weitere US-Truppen aus Afghanistan und dem Irak abzuziehen. "Die Ankündigung der noch amtierenden amerikanischen Regierung, den Abzug der US-Truppen zu beschleunigen, ist bitter für alle Nato-Bündnispartner”, sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

“Sie bricht mit den üblichen Konventionen der amerikanischen Innenpolitik, indem dieser Präsident strategische Entscheidungen noch in der Übergangsphase trifft. Aber auch mit denen der NATO, denn die Allianz lebt vom gemeinsamen Austausch und gemeinsamen Entscheidungen”, beklagte der CDU-Politiker.

Abzug aus Afghanistan und dem Irak

US-Präsident Donald Trump ordnete kurz vor Ende seiner Amtszeit den Abzug weiterer US-Truppen aus Afghanistan und dem Irak an. Bis zum 15. Januar werde die Zahl der Soldatinnen und Soldaten auf jeweils etwa 2500 reduziert, erklärte der geschäftsführende Verteidigungsminister Christopher Miller am Dienstag im Pentagon. Der Teilabzug würde damit unmittelbar vor Amtseinführung des gewählten Nachfolgers Joe Biden umgesetzt. Die Vereidigung ist für den 20. Januar geplant.

Wadephul forderte die US-Regierung auf, innerhalb der Nato rasch über ihre konkreten Abzugspläne zu informieren. Er setze darauf, “dass das Bekenntnis des republikanischen Mehrheitsführers im US-Senat, Mitch McConnell, zur Bündnistreue der USA gilt, und wir gemeinsam in der Nato die Zukunft unseres Einsatzes in Afghanistan planen", sagte er.

Wadephul: kein übereilter Abzug

Zwar habe auch die Bundeswehr mit der Planung eines Abzuges begonnen. “Doch zugleich lautet unser Signal: Deutschland ist ein verlässlicher Bündnispartner”, so Wadephul. “Wir dürfen den Erfolg unseres gemeinsamen langjährigen Einsatzes in Afghanistan nicht durch einen übereilten Abzug gefährden”, mahnte er.

Der SPD-Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu mahnte das Bundesverteidigungsministerium zur Eile bei der Ausarbeitung der Abzugspläne. “Die Bundeswehr muss jetzt auf verschiedene Abzugsszenarien mit unterschiedlicher Geschwindigkeit vorbereitet sein. Abhängig davon, ob die amerikanische Unterstützung noch stark genug sein wird, um die Sicherheit der Resolute-Support-Kräfte im Norden zu gewährleisten, muss der gemeinsame Abzug der internationalen Allianz aus Masar-e Scharif und Kundus gegebenfalls schneller erfolgen”, forderte der Sozialdemokrat. Er verwies auf die Verantwortung der Bundeswehr “als Anlehnungsstreitmacht” für die kleineren Verbündeten-Kontingente vor Ort.

„Bald Teil deutscher Militärgeschichte"

Felgentreu zufolge steht das Ende der deutschen Afghanistan-Mission bevor. Sollte das Afghanistan-Mandat noch einmal verlängert werden, könne es nach der Lage der Dinge nur noch um den Rahmen für den Abschluss des Einsatzes gehen. “Der Afghanistan-Einsatz wird schon bald ein Teil der deutschen Militärgeschichte sein", sagte er.

Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin zeigte sich hingegen nicht überrascht von den Ankündigung aus Washington. “Der Abzug kommt eben nicht überraschend. Die NATO-Verbündeten haben vor dieser Erkenntnis viel zu lange die Augen verschlossen. Diese Vogel-Strauß-Politik rächte sich nun”, sagte er.

„Deutscher Abzug ist überfällig”

Der Bundesregierung warf Trittin Planlosigkeit vor. “Statt einen geordneten Abzug vorzubereiten, haben Außenminister Maas und Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer die Bundeswehr einfach stehen lassen. Nach dem Motto: Der letzte macht das Licht aus.” Zur Lösung des Konfliktes habe die Bundeswehr schon lange nichts mehr beitragen können, so Trittin.

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“Der deutsche Abzug ist lange überfällig”, sagte der Grünen-Politiker. Die USA hätten erkannt, dass die Taliban Afghanistan mitregieren werden. Das sei “die bittere Realität”. “Jetzt bleibt nur der Versuch, von außen und über die Vergabe von Hilfsmitteln und internationalen Geldern an der Stabilisierung des Landes weiter mitzuwirken", sagte Trittin. (RND)

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