„Sensationsfund“ in Lübeck400 Jahre altes Schiffswrack mit besonderer Fracht entdeckt

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Ein Taucher benutzt in der Trave bei der Begutachtung von Planken eines Schiffswracks eine Unterwasserlampe.

Lübeck – Es wurde bei einer Routine­messung entdeckt: In der Trave in Lübeck liegt ein altes Schiffswrack in elf Metern Tiefe. Ein Forschungs­team hat den Fund monatelang untersucht. Es handelt sich um ein versunkenes Schiff aus der Hansezeit – mit einer besonderen Fracht an Bord.

„Sensationsfund“ in Lübeck

Im Februar 2020 ortete das Wasser- und Schiff­fahrts­amt (WSA) Ostsee bei regelmäßigen Messungen in der Fahrrinne der Trave eine Unebenheit. Im August 2021 untersuchten Taucher das rätselhafte Objekt, fotografierten den Fund und nahmen Proben. Forschende nahmen die Funde unter die Lupe. Ergebnis: In rund elf Metern Tiefe auf dem Grund der Trave liegt ein knapp 20 Meter langes und etwa acht Meter breites Holzwrack. Deutlich lassen sich Teile des Schiffsrumpfs sowie fassförmige Gegenstände erkennen.

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Jan Lindenau (l-r, SPD), Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, Ulrich Müller, Mittelalter- und Neuzeitarchäologe und Manfred Schneider, Leiter des Bereichs Archäologie und Denkmalpflege Lübecks, halten eine Kopie einer mittelalterlichen Urkunde am Heck des Hanseschiffes «Lisa von Lübeck» am Ostpreußenkai hoch.

Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) spricht von einem „Sensationsfund“. Für die „Königin der Hanse“, sei dieser Fund Auftrag und Verpflichtung zugleich, sich um die Bewahrung dieses Kulturdenkmals zu bemühen und sorgsam mit dem Hanseschiff umzugehen. „Die wissenschaftliche Erkenntnis dieses spektakulären Wrackfundes wird der Wirtschafts- und Handels­geschichte der Hansestadt ein bis dato unbekanntes neues Puzzleteil hinzufügen“, sagt Kultursenatorin Monika Frank (SPD).

Mehr als 150 Fässer gesichtet

Die Altersbestimmung des Holzes ergab, dass der Fund nach derzeitigem Stand in das 17. Jahrhundert datiert werden kann. Die Lübecker Archäologen und Archäologinnen und die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Kieler Universität CAU gehen davon aus, dass es sich um eine Galiot oder Fleute handelt. Beides sind Frachtschiffe aus den Niederlanden.

Einmalig wird der Fund vor allem auch durch die noch vorhandene Ladung: Mehr als 150 Fässer konnten bisher gesichtet werden, sowohl auf dem recht umfangreichen Holzrumpf als auch im Trümmer­umfeld neben dem Wrack. Erste Proben ergaben, dass zumindest ein Teil der Fässer mit Branntkalk, einem wichtigen Baustoff, gefüllt ist. Dies stellt zugleich den ältesten archäologischen Beleg über den Handel mit Branntkalk dar, der auch historisch nur fragmentarisch überliefert ist und somit einen wertvollen Beitrag zum früh­neu­zeitlichen Baustoffhandel liefert.

Havarie wahrscheinlich Schuld am Untergang

„Der Fund des Wracks und seiner Ladung wird ganz neue Aspekte sowohl für die Forschung als auch die Bedeutung der Hansestadt über den gesamten Ostseeraum hinweg beinhalten“, sind sich die Lübecker Archäologin und die Archäologen Manfred Schneider, Dirk Rieger und Ingrid Sudhoff sicher. „Ein archäologisches Juwel, dessen Bedeutung man bislang schemenhaft erahnt und dessen Bergung uns faszinierende Einblicke in die Geschichte der Seefahrt und des Seehandels gewährt“, beurteilt Professor Ulrich Müller von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) den Fund. „So ein gut erhaltenes Wrack betauchen und erforschen zu dürfen, ist schon wirklich einmalig. Von so einer Gelegenheit träumt man als Unterwasser­archäologe“, schwärmt sein Kollege Fritz Jürgens.

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Unklar ist bislang, wie das Schiff mitten in der Trave bei einer Wassertiefe von zehn Metern versinken konnte. Ein Kentern oder ein Feuer auf dem Schiff schließen die Fachleute aus. Sie gehen davon aus, dass das Frachtschiff die Trave aufwärts in Richtung Lübeck fuhr. An der Fundstelle gibt es eine Untiefe, die fast bis in die Flussmitte hineinragt. Die Experten und Expertinnen vermuten, dass das Schiff zunächst auf die Untiefe auffuhr, dann wieder freikam und kurz darauf wegen der entstandenen Leckagen sank. Die Zeit habe nicht ausgereicht, um das Schiff an das sichere Ufer zu lenken.

Bergung dringend empfohlen

Die Fachleute empfehlen der Stadt dringend, das durch die Strömung und die Schiffs­bohr­muscheln gefährdete Wrack zu bergen. Es bestehe die Gefahr, das Wrackteile in die Schiff­fahrts­rinne der Trave getrieben werden. Die Bergung werde voraussichtlich mehrere Monate andauern, sagt die Stadt, Details werde ein Bergungs­konzept ergeben. Die Konservierung des Wracks werde mehrere Jahre dauern. (rnd)

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