9-Euro-TicketAuch im Juli deutlich weniger Staus in deutschen Großstädten

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Düsseldorf: Autos stauen sich in der Nähe des Hauptbahnhofs

Berlin – Sorgt das 9-Euro-Ticket für weniger Staus? Eine Analyse des Verkehrsdatenspezialisten Tomtom für das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) zeigt für den Juli wie bereits für Juni einen teils deutlichen Rückgang des Stauniveaus in deutschen Großstädten.

In einer Mehrzahl der untersuchten Städte gab es im Juli weniger Staus als im Mai, dem letzten Monat ohne 9-Euro-Ticket. Besonders deutlich sank das Stauniveau in Stuttgart (von 36 auf 30 Prozent) und in Wiesbaden (von 49 auf 36 Prozent). Die Höhe des Stauniveaus zeigt, wie viel mehr Zeit eine Pendlerin oder ein Pendler prozentual im Vergleich zu einer Strecke ohne Verkehrsbehinderungen braucht

„In 12 der 14 untersuchten Städte kamen Autofahrer im Juli besser voran als im Mai. Lediglich in Bremen und in Karlsruhe haben Autofahrer etwas mehr Zeit durch Stau und Verkehr verloren“, bilanziert Tomtom-Verkehrsexperte Ralf-Peter Schäfer.

Umsteige-Effekt auf Öffentliche Verkehrsmittel erkennbar

Die Untersuchung bestätigt ähnliche Ergebnisse aus dem Juni. Da hatten die Tomtom-Spezialisten in einer Auswertung für die Deutsche Presse-Agentur 26 deutsche Großstädte untersucht. In 23 Städten ging die Anzahl der Staus im Berufsverkehr teils deutlich zurück.

Für den Juli wurden nun ausschließlich Städte herangezogen, in denen noch eine komplette Arbeitswoche mit den Vormonaten verglichen werden konnte. „Vergleicht man die Verlustzeiten für Juni und Juli, so zeigt sich lediglich in zwei Städten eine Verbesserung des Verkehrsflusses von Juni auf Juli“, fasst Schäfer zusammen. „Für 5 Städte zeigen die Tomtom-Daten keine Veränderung. In 7 Städten hat Tomtom einen leichten Anstieg der Verlustzeiten registriert – ohne dabei jedoch das Niveau aus dem Mai zu erreichen.“

Nach wie vor seien Umsteigeeffekte vom Auto auf den Öffentlichen Nahverkehr festzustellen, sagt Schäfer. „Erste Untersuchungen von Tomtom aus dem Juni haben auf einen positiven Einfluss des 9-Euro-Tickets auf den Verkehrsfluss in deutschen Großstädten hingewiesen. Dieser Effekt ist auch für die Juli-Daten erkennbar, er fällt jedoch vielerorts schwächer aus als noch im Vormonat.“

Weniger Staus im Ruhrgebiet

In 12 weiteren untersuchten Großstädten hatten im Juli bereits die Sommerferien begonnen. Hier wählten die Spezialisten einen anderen Weg. Sie verglichen zwei Ferienwochen im Juli 2022 mit Ferienwochen im Juli 2019, dem letzten Jahr vor der Corona-Pandemie. Die Jahre 2020 und 2021 wurden nicht berücksichtigt, da durch den Corona-Maßnahmenbedingten Verzicht auf Fernreisen und die Zunahme innerdeutschen Ferienverkehrs Verfälschungen zu erwarten gewesen wären.

In den Sommerferien 2022, während der Gültigkeit des 9-Euro-Tickets, gab es in 10 von 12 untersuchten Städten deutlich weniger Staus als in der Ferienzeit 2019. In Hamburg sank das Stauniveau im Berufsverkehr in den zwei untersuchten Wochen im Juli 2022 auf 30 und 31 Prozent gegenüber 39 und 38 Prozent im Juni 2019. Im östlichen Ruhrgebiet (zum Beispiel in Dortmund) sank die Anzahl der Staus in der rush hour von 24 und 21 Prozent auf 19 und 16 Prozent. Nur in Berlin und Münster waren die Straßen in diesem Juli verstopfter als vor drei Jahren.

Eine weitere datengestützte Analyse des 9-Euro-Tickets kommt vom Statistischen Bundesamt. Demnach lag die Zahl der Reisen im Eisenbahnverkehr ab 30 Kilometern auch im zweiten Monat nach Einführung des Billigtickets deutlich über dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019. Im Durchschnitt gab es im Juli 42 Prozent mehr Fahrten mit der Bahn. „Diese bundesweiten Ergebnisse deuten auf einen generellen Anstieg der Reisen hin“, erläuterte ein Sprecher des Bundesamts. Vor allem in ländlichen Tourismusregionen wurde ein Anstieg des Eisenbahnverkehrs verzeichnet. Hier lagen die Reisen mit der Bahn im Juni und Juli im Schnitt um jeweils 80 Prozent höher als in den Vergleichsmonaten 2019.

Die Statistiker werteten anonymisierte und aggregierte Mobilfunkdaten aus dem Netz des Mobilfunkanbieters Telefónica aus. Eine Zuordnung zu verschiedenen Verkehrsarten ist den Angaben zufolge nur für Reisedistanzen ab 30 Kilometern möglich.

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