Auto-Experte„Wir werden den Hochlauf des E-Autos spätestens 2024 beerdigen müssen“

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Autobranchenexperte Ferdinand Dudenhöffer spricht im Interview über die Gründe für den schwindenden Kostenvorteil des E-Autos (Archivbild).

Ferdinand Dudenhöffer gehört zu den renommiertesten Automobilexperten Deutschlands. Im Interview mit dem RND spricht der Autoprofessor über die Gründe für den schwindenden Kostenvorteil des E-Autos, über die Folgen für die Ladeinfrastruktur und über verfehlte grüne Politik.

Herr Dr. Dudenhöffer, Sie sagen, dass sich im kommenden Jahr der bisherige Kostenvorteil des E-Autos gegenüber dem Benziner ins Gegenteil verkehren wird. Was wäre der Grund dafür?

Ferdinand Dudenhöffer: Es gibt gleich mehrere Gründe. Der erste ist, dass die Materialien für Batterien, etwa Nickel, Kobalt und Mangan, deutlich teurer geworden sind. Und wenn man ganz ehrlich ist, muss man sich eingestehen, dass in Europa kaum Lithium-Ionen-Zellen produziert werden, sondern dass diese aus China und Südkorea kommen, was – das ist der zweite Grund – zu einem deutlichen Engpass bei der Versorgung führen wird. Drittens wird damit der Strompreis weiter steigen, während andererseits wegen der Rezession deutlich weniger Rohöl benötigt und der Benzinpreis fallen wird.

Hier hätte man aber doch ein Instrument zum Gegensteuern.

Richtig. Wir diskutieren seit einem geschlagenen Dreivierteljahr darüber, die Atomkraftwerke weiterlaufen zu lassen, und haben damit unendlich viel Zeit verloren. Zudem gibt es noch einen vierten, einen ganz besonders selbst verschuldeten Grund: Während man in China und den USA das E-Auto mit eigens geschaffenen Programmen sehr forciert, werden bei uns die Budgets für die Umweltprämie gegen Ende des kommenden Jahres aufgebraucht sein. Alles in allem wird dann zum Beispiel ein VW ID.3 rund 10.000 Euro teurer sein als ein vergleichbarer Golf mit Benzinmotor.

Ist diese Entscheidung der rot-grünen Regierung nicht beinahe absurd?

Und wie absurd! Dass ausgerechnet der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck das E-Auto blockiert, ist völlig unverständlich und lässt nur den Schluss zu, dass die Grünen als Regierungspartei ganz anders reden, als sie es in der Opposition tun. Und sollten sich die genannten Gründe alle bewahrheiten – wovon ich ausgehe –, werden wir den Hochlauf des E-Autos 2023 oder spätestens 2024 in Deutschland beerdigen müssen.

Könnte deshalb schon jetzt der Ausbau der Infrastruktur ins Stocken geraten?

Absolut. Warum soll ich als Unternehmen Ladesäulen aufstellen, wenn es zu wenig E-Autos gibt, die aufgeladen werden müssen? Wir werden in Deutschland deutlich zurückfallen, nicht nur beim Verkauf, sondern auch bei der Ladeinfrastruktur.

Könnte damit die gesamte Mobilitätswende sogar scheitern?

An ein Scheitern mag ich zunächst nicht glauben, ins Stocken aber wird sie bei uns auf jeden Fall geraten. Ich kann auch nicht erkennen, warum die internationalen Unternehmen beim Ausbau der Batterieproduktion in Zukunft ausgerechnet Deutschland im Blick haben sollten. Man wird verstärkt auf andere Länder wie die USA setzen. Denn eine Prämie beim E-Auto-Kauf in den USA gibt es nur, wenn die Batterien in den USA produziert werden.

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Und deutscher Strom ist Preisweltmeister. Batterieproduktion braucht sehr viel Strom. Während andere Nationen, etwa China und die USA, die Elektromobilität massiv ausbauen, bremst man sie bei uns aus. Das schwächt den Industriestandort Deutschland erheblich in seiner Nachhaltigkeitsentwicklung.

Taugt eine möglicherweise forcierte Weiterentwicklung von E-Fuels als Hoffnungsschimmer?

Nein. E-Fuels sind viel zu teuer. Wenn Sie jetzt grünen Strom nehmen, müssen Sie daraus zunächst Wasserstoff machen. Der Wasserstoff wird dann seinerseits in Methan, also Erdgas, umgewandelt, das wiederum im letzten Schritt zum E-Fuel wird. Diese ganzen Umwandlungsprozesse kosten sehr viel Energie, mit der Folge, dass nur 10 Prozent des grünen Stroms beim Fahrzeug für die Bewegung ankommen. Das batterieelektrische Auto dagegen erreicht eine Effizienz von 80, vielleicht sogar 85 Prozent, sodass mir die Idee der E-Fuels als völlig widersinnig erscheint.

Um vier Ecken gedacht: Halten Sie es für möglich, dass vielleicht eine andere Bundesregierung dem sauberen Diesel noch einmal eine Chance gibt?

Nein. Schon deshalb nicht, weil die Autobauer selbst dem Diesel keine Chance mehr geben würden. Die Zeit des Diesels ist definitiv vorbei.

Alles in allem hört sich das an, als sei es ein großer Fehler der Politik gewesen, alternativlos auf das E-Auto gesetzt zu haben?

Eigentlich nicht. Ich halte den batterieelektrischen Antrieb im Pkw-Bereich für konkurrenzlos. Beim Lkw, Flugzeug oder Schiff sieht das anders aus, beim Pkw aber sehe ich überhaupt keine Alternative. Es wäre also geradezu dumm, würde man nun auf andere Technologien setzen. Damit wäre Deutschland dann völlig isoliert und würde immer weiter verlieren, weil bei diesen Technologien die Effizienz geringer ist, die Kosten aber deutlich höher sind.

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