China und der russische KriegWas wird aus Xis und Putins „grenzenloser Freundschaft“?

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Xi Jinping (1)

Chinas Präsident Xi Jinping

Selten war die tägliche Pressekonferenz im Pekinger Außenministerium derart überfüllt wie am Donnerstagnachmittag. Sämtliche Fragen der internationalen Presse zielten auf Chinas Haltung zum russischen Angriffskrieg. Doch die Antworten von Sprecherin Hua Chunying waren ein ums andere Mal ein Lehrstück in Sachen politischer Krisenkommunikation.

Chinas Regierung musste sich zwar irgendwie äußern, doch vermied jedwede Festlegungen. Dementsprechend hagelte es leere Worthülsen: Die Angelegenheit habe einen „komplizierten historischen Hintergrund“, man warte noch auf „zusätzliche Informationen“, und dem „Frieden sollte eine Chance gegeben werden“.

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Fakt ist: China hält sich mit direkter Kritik an Wladimir Putin zurück. Schließlich wurde der russische Präsident erst vor wenigen Wochen noch bei der Eröffnungszeremonie der Winterspiele in Peking wie ein „lao peng you“, ein alter Freund, begrüßt. Xi und Putin eint ihre Opposition gegenüber den Vereinigten Staaten und ihrer hegemonialen Weltordnung, und beide brauchen sich auf dem internationalen Parkett. Doch die „grenzenlose Freundschaft“, die man sich versprochen habe, wird sich schon bald als enden wollend erweisen.

Denn Peking kann aus der hochkomplexen Dreieckskonstellation zwischen Moskau und dem Westen nur als Verlierer hervorgehen. Der politische Druck steigt, dass Xi den Angriffskrieg Russlands verurteilt und seinem strategischen Partner in Moskau keinen ökonomischen Rettungsanker zuwirft, um die Sanktionen zu umgehen. Andernfalls würden sowohl Washington als auch Brüssel mit Konsequenzen drohen.

China macht eine reine Kostenabwägung

Genau hier liegt für Peking die Gretchen-Frage. Denn das Bündnis zwischen Russland und China ist vor allem eine Zweckgemeinschaft. Die Volksrepublik wird sich erst dann von Putin distanzieren, wenn die politischen und wirtschaftlichen Kosten deutlich den strategischen Nutzen seiner Partnerschaft mit Russland übersteigen.

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Zwar wird sich Staatschef Xi Jinping nach außen hin hüten, sich vom Ausland vorzuschreiben zu lassen, was zu tun ist. Doch für die Volksrepublik steht immens viel auf dem Spiel: Insbesondere die Beziehungen zu Europa werden in den kommenden Wochen auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Wenn die EU im Zuge des Angriffskriegs noch stärker in die Arme Washingtons getrieben wird, wäre dies für Xi Jinping ein regelrechtes Schreckensgespenst.

Xi Jinping muss die Füße stillhalten

Fakt ist: China sieht vor allem die USA als Aggressor in diesem Konflikt. Im Außenministerium verurteilte man am Donnerstag auch sämtliche westliche Staaten, die der Ukraine in den vergangenen Jahren Waffen geliefert haben. Doch ganz egal, wie China seine Argumentation auch dreht und wendet, am Ende bleiben stets ganz offensichtliche Logiklöcher: Das diplomatische Grundprinzip der Chinesen beruht schließlich auf der Nichteinmischung souveräner Staaten. Wie kann man angesichts dessen einen Angriffskrieg gutheißen?

Doch gleichzeitig muss Xi Jinping gegenüber seinem strategischen Partner im Kreml die Füße stillhalten. Zwar ist Moskau wirtschaftlicher und politischer Juniorpartner in dieser asymmetrischen Beziehung, dennoch braucht Peking unbedingt einen engen Verbündeten unter den ständigen Mitgliedern im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Denn mittelfristig wird Peking auf Loyalität von Russland zählen, wenn man seine eigenen territorialen Ansprüche in die Realität umsetzen will – nämlich in Form von Taiwan, der aus Chinas Sicht „abtrünnigen Provinz“.

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