Interview mit Heiko Maas„Erwarten von China, dass Menschenrechte garantiert werden“

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  • Ist die Bundesregierung gegenüber China nicht kritisch genug, obwohl dort Menschenrechte mit Füßen getreten werden? Diesen Vorwurf weist Außenminister Heiko Maas im Interview zurück und erklärt, wie Deutschland mit China als Rivalen und Partner umgeht.
  • Der Sozialdemokrat ruft die EU-Partner zu einer geschlossenen Haltung gegenüber Peking auf. Er wolle genau beobachten, wie sich Chinas „Sicherheitsgesetz“ für Hongkong auswirkt.
  • Lesen Sie hier das ganze Interview.

Herr Minister, als Folge des chinesischen „Sicherheitsgesetzes“ für Hongkong bietet Großbritannien den Bürgern der Stadt die britische Staatsangehörigkeit an, Australien setzt sein Auslieferungsabkommen mit der Sonderverwaltungsregion aus. Warum spart die Bundesregierung mit Kritik an Peking?

Diese Sichtweise kann ich so nicht teilen. Wir haben uns als EU-Außenminister sehr klar zu dem neuen Sicherheitsgesetz für Hongkong positioniert. Dabei haben wir vor allem deutlich gemacht: Das Prinzip Ein Land - Zwei Systeme darf nicht ausgehöhlt werden. Daran werden wir Peking messen.

Nachdem Sie im vergangenen Jahr den Demokratie-Aktivisten Joshua Wong getroffen hatten, warf Ihnen die chinesische Regierung einen „Akt der Respektlosigkeit“ vor. Würden Sie Wong und seine Mitstreiter erneut treffen?

Als Außenminister treffe ich auch Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, das gehört zum Job dazu. Und daran wird sich auch nichts ändern. Es geht jetzt vor allem darum, ob China sich an seine internationalen Verpflichtungen hält. Wir werden uns jetzt ganz genau anschauen, wie sich das Sicherheitsgesetz konkret auswirkt. Klar ist, dass wir uns dabei daran orientieren werden, inwieweit die Menschenrechtssituation und die Grundfreiheiten in Hongkong betroffen sind, die im Basic Law garantiert werden.

Für Montag haben Sie den Umgang mit China auf die Tagesordnung des EU-Außenministerrats gesetzt. Finden die Europäer zu einer gemeinsamen Position gegenüber Peking?

Ich habe mich dafür eingesetzt, dass wir rasch darüber beraten, welche Konsequenzen sich aus dem Gesetz für unser Verhältnis zu Hongkong und China ergeben. Am Montag wird es dazu erste Vorschläge geben. Ich bin fest davon überzeugt, wir können gegenüber China nur dann etwas erreichen, wenn wir als EU geschlossen mit einer Stimme sprechen. Nur dann hat unsere Stimme das nötige Gewicht, um in Peking gehört zu werden. Als EU-Präsidentschaft ist es daher unsere vordringliche Aufgabe, zusammen mit dem Hohen Vertreter die gemeinsame EU-Position zu koordinieren.

Chinas ist für Deutschland das drittwichtigste Exportland, die wirtschaftliche Erholung hierzulande hängt auch davon ab, ob Chinesen deutsche Autos kaufen. Verpflichtet die wirtschaftliche Abhängigkeit zur Zurückhaltung gegenüber Peking?

Natürlich wollen wir gute Beziehungen zu China, auch wirtschaftlich. Denn China ist für uns ein wichtiger Partner. Aber eben auch ein Wettbewerber und systemischer Rivale. Europa hat einen klaren Wertekompass, an dem wir uns orientieren. Und der hat nichts mit verkauften deutschen Autos zu tun. Wir erwarten vielmehr, dass völkerrechtliche Verpflichtungen und Menschenrechtsstandards eingehalten werden.

Kann Deutschland angesichts der zunehmenden Rivalität zwischen den USA und China neutral sein oder wird es sich auf eine Seite schlagen müssen?

Europa muss in erster Linie aufpassen, dass es in der Großmächterivalität zwischen den USA und China nicht unter die Räder gerät. Und das kann uns nur gelingen, wenn wir eine gemeinsame europäische Position erarbeiten. Auch wir sehen einige Punkte, die es mit China zu besprechen gibt: etwa Fragen des Marktzugangs, Investitionsmöglichkeiten oder eben das neue Sicherheitsgesetz für Hongkong. Dazu müssen wir mit China direkt im Gespräch bleiben. Nur dann können wir unsere Position klar zum Ausdruck bringen.

Das Gespräch führte Marina Kormbaki

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