Kommentar zu Renten-UrteilenMit blauem Auge davongekommen

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Die Rentenreform braucht eine Reform.

Der Sex-Appeal des Themas Rentenpolitik gilt vor allem unter Jüngeren als nicht sonderlich groß. Dabei ist die Rente hochrelevant – und zwar unabhängig vom Alter. Der eigene Rentenanspruch ist für viele Menschen der größte Vermögenswert, den sie zeit ihres Lebens aufbauen. Einer der größten Eingriffe der vergangenen Jahre erfolgte Anfang 2005. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor eine Ungleichbehandlung moniert: zwischen Rentnern, die bis dahin praktisch keine Einkommensteuer bezahlten, und pensionierten Beamten, die ihre Altersbezüge voll versteuern mussten.

Bis heute gibt es viele Politiker, die das für ein krasses Fehlurteil halten. Und ihr Argument, dass Pensionäre anders als Rentner während ihres Berufslebens keine Beiträge für die Altersversorgung zahlen, lässt sich nur schwerlich von der Hand weisen. Doch es nützte nichts: Dem Auftrag aus Karlsruhe folgend, beschloss die damalige rot-grüne Koalition zum 1. Januar 2005, dass Rentenbezüge wie Pensionen im Grundsatz voll einkommensteuerpflichtig sind. Im Gegenzug dürfen Steuerpflichtige ihre Rentenbeiträge bei der Einkommensteuer geltend machen. Dadurch soll eine doppelte Besteuerung von Gehalt und Rente vermieden werden.

Die Richter hatten der Politik enge Rahmenbedingungen für eine Reform diktiert, durch die lange Übergangsfristen nötig wurden, in denen die steuerliche Absetzbarkeit von Rentenbeiträgen und die steuerliche Belastung von Rentenzahlungen langsam steigen. Darüber, ob es in dieser Übergangsphase zu Doppelbesteuerungen kommt, tobt seit Jahren ein heftiger Streit.

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Mit seinen beiden Urteilen vom Montag hat der Bundesfinanzhof zumindest juristische Klarheit geschaffen: Bislang gibt es zwar keine Doppelbesteuerung, aber künftig könnte sie sehr wohl auftreten. Weder der Grundfreibetrag, noch die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge dürften in die Berechnung des steuerfreien Anteils der Rente einbezogen werden. Bislang hatten Finanzämter das anders gehandhabt.

Steuerbefreiung soll vorgezogen werden

Für künftige Rentner ist das Urteil eine gute Nachricht. Sie dürften bei Eintritt in den Ruhestand auf höhere Rentenzahlungen hoffen. Auch Beitragszahler dürften profitieren. In einer ersten Reaktion hat das Bundesfinanzministerium angekündigt, die bislang für 2025 vorgesehene volle Steuerbefreiung der Rentenbeiträge womöglich früher umzusetzen.

Die Reform der Reform wird Geld kosten und neue Haushaltslöcher reißen, trotzdem ist die Finanzpolitik mit einem blauen Auge davongekommen. Hätten die Richter eine Doppelbesteuerung schon für aktuelle Rentnergenerationen bejaht, hätten sofort Milliarden gefehlt. Noch schlimmer wäre es gewesen, wenn die Richter Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der geltenden Regeln geäußert hätten. Dann wäre der Fall erneut in Karlsruhe gelandet. Dort wird es für die Politik fast immer teuer.

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