Kommentar zum Delta-AnstiegMit Strafen bekämpft man keine Pandemie

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Rheinboulevard Köln Sperrung

Sicherheitspersonal patrouilliert im April 2021 auf dem gesperrten Rheinboulevard.

  • Die vierte Welle der Corona-Pandemie rollt mit der Delta-Variante auf die Gesellschaft zu.
  • Dass sich zugleich Impfmüdigkeiten breit macht, ist besorgniserregend.
  • Mit Strafandrohungen gegen Menschen, die ihre Impftermine verstreichen lassen, wird man aber nicht weiterkommen.

Noch ist es nur eine winzige Bewegung in der Statistik. Der Inzidenzenzwert der Corona-Ansteckungen ist nach Wochen erstmals wieder geringfügig gestiegen. Nun müsste man einem so kleinen Aufwuchs auf niedrigem Niveau keine weitere Beachtung schenken, wenn er leider nicht so gut zum steigenden Anteil der Delta-Variante bei den Infektionen passen würde.

Die Delta-Variante ist in Deutschland angekommen. Und es sind sich alle Expertinnen und Experten einig, dass sie schon bald den größten Teil aller Corona-Neuinfektionen ausmachen wird. Mit Blick auf Großbritannien ist das ein besorgniserregende Nachricht.

Delta kommt, Impfbereitschaft sinkt

Zumal in Deutschland gerade zwei Wendepunkte der Pandemie zusammenfallen: Mit dem Aufwuchs der Delta-Variante kommt gerade auf leisen Sohlen die vierte Welle daher, die man eigentlich frühestens nach einem neuen Sommer der Leichtigkeit erwartet hatte. Zugleich scheint die Impfbereitschaft zu sinken.

Jedenfalls ist die Impfkampagne auch an einem Wendepunkt. Wer möchte, kann inzwischen schnell und unkompliziert einen Impftermin bekommen. Derweil stehen die Impfzentren vor der Herausforderung, dass immer mehr Menschen leichtfertig ihre Termine sausen lassen. Die Antwort auf dieses Problem kann aber nicht der Holzhammer sein, wie ihn einzelne Politiker mit der Androhung von Strafzahlungen für säumige Impflinge schon herausholen möchte.

Besser wäre die Taktik, die in den vergangenen anderthalb Jahren Pandemie immer noch am meisten geholfen hat: erklären, aufklären, appellieren. Und für diejenigen, die sich nicht smart selbst einen Impftermin Online buchen können, muss es noch mehr aufsuchende Impfangebote geben. Die große Mehrheit der Bevölkerung hat sich in der Corona-Zeit vernünftig verhalten. Sie wird es auch weiterhin tun.

Mehr Aufklärung statt Stafen

Man muss den Menschen nicht Strafzahlungen androhen, sondern noch einmal verdeutlichen, dass nur eine einzige Impfung keinen Schutz bietet. Man muss auch verdeutlichen, dass Impfdosen, die wegen verpasster Termine, weggeworfen werden müssen, woanders auf der Welt fehlen, wo sie auch dringend gebraucht werden. Und so lange die Pandemie global nicht besiegt ist, werden sich mutierte Viren auch immer wieder bei uns verbreiten.

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In dieser schwierigen Phase der Pandemie zwischen Aufatmen und Bangen und einer großen Müdigkeiten gegenüber allen Schutzmaßnahmen ist es zentral, die Menschen bei der Stange zu halten. Neue Strafandrohungen sind dazu nicht geeignet - und können allenfalls das letzte Mittel der Wahl sein.

In der anlaufenden vierten Welle werden die Schutzmaßnahmen und die gleichzeitigen Freiheiten ohnehin flexibler und vielfältiger ausfallen, als in der Anfangsphase der Pandemie. Der Impfschutz eines wachsenden Teils der Bevölkerung wird auch bei steigenden Inzidenzzahlen dafür sorgen, dass mehr möglich ist als noch im Winter.

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