Kündigungen bei Deutscher BankInvestmentbanker verlassen weinend ihre Büros

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Deutsche Bank Tränen

Schlechte Stimmung bei Deutsche-Bank-Mitarbeitern in Manhattan

New York – Auf gleich drei Kontinenten spielten sich am Montag ähnliche Szenen ab: Aus den Zentralen der Deutschen Bank stürmen die früheren Angestellten, die Kündigungsunterlagen noch in der Hand. Kartonweise werden Büroutensilien davon geschleppt, Tränen fließen.

So beschreiben unter anderem „Welt Online“ und „Bloomberg“ den Exodus der Investmentbanker, deren Sparte bei der deutschen Bank künftig deutlich kleiner sein wird. 18.000 Stellen würden abgebaut, kündigte der Vorstandsvorsitzende Christian Sewing am Sonntag an. Und erklärte wenige Stunden später, die Mitarbeiter in Tokio hätten bereits ihre Büros geräumt.

Deutsche Bank Karton

Angestellte in London tragen ihre Habseligkeiten aus den Büros.

Ähnlich hart wird die Entscheidung unter anderem Sydney, Singapur, New York und London treffen. „Hier bricht alles zusammen, die Stimmung ist mehr als düster“, sagte ein Banker in der britischen Hauptstadt der „Welt“.

In der Konzernspitze fallen naturgemäß andere Worte: „Zeitenwende“, „radikalster Umbau seit Jahrzehnten“, „Wiederbelebung unserer traditionellen Werte“ – Sewing hat sich einiges vorgenommen, um die Deutsche Bank wieder zu hohen Margen zu führen.

Deutsche Bank zu groß, zu teuer, zu riskant

Dabei legt er die Axt ans Investmentbanking wie keiner seiner Vorgänger bei der Deutschen Bank. Zu groß, zu teuer, zu riskant. Der radikale Umbauplan, den die Deutsche Bank am Sonntag nach fünf Monaten Vorbereitung vorgelegt hat, ist auch eine Abrechnung.

Eine Abrechnung Sewings mit seinen Vorgängern an der Spitze des größten deutschen Geldhauses, die das Abenteuer an der Wall Street suchten.

Eine Abrechnung mit Vorständen, denen die Gesamtbank herzlich egal war – Hauptsache, der eigene Geschäftsbereich stand gut da.

Eine Abrechnung mit Investmentbankern, die mit riskanten Geschäften vor allem ihren eigenen Bonus zu steigern versuchten.

„Es geht nicht mehr um kurzfristige Gewinne“

„Wir haben versucht, überall mitzumischen - und zwar gleichzeitig. Und das hat uns überfordert“, urteilt Sewing. „Wir haben versucht, Gewinne mitzunehmen, das war aber nicht strategisch getrieben.“ Mit Blick auf das Investmentbanking betont Sewing: „Die Tage der spektakulären Ambitionen in diesem Bereich liegen hinter uns.“ Es gehe nicht mehr um „kurzfristige Gewinne, die langfristig eine Belastung sein können“.

Sewing will das Kapitalmarktgeschäft nicht nur entrümpeln und zum Beispiel den weltweiten Aktienhandel ganz aufgeben. Er fordert auch eine neue Haltung: „In den letzten beiden Jahrzehnten ist uns unserer innerer Kompass abhandengekommen.“

Zinsmanipulation (Libor), fragwürdige Hypothekengeschäfte, Geldwäscheverdacht - wo immer in den vergangenen Jahren ein Skandal hochkochte: Die Deutsche Bank war beteiligt. Die Milliardengewinne aus dem Investmentbanking aus Zeiten vor der Finanzkrise 2007/2008 entpuppten sich als unkalkulierbarer Sprengstoff.

Immer klarer wurde: Das Haus war mitnichten „besenrein“, wie Josef Ackermann es zu seinem Abschied nach einer Dekade als Deutsche-Bank-Chef im Frühjahr 2012 versprochen hatte. Während die US-Konkurrenz direkt nach der Finanzkrise Bilanzen und Geschäfte entrümpelte, wurschtelte sich die Deutsche Bank weiter durch.

Status Quo war keine Option mehr

Erst 2015 analysierte Sewings Vorgänger John Cryan schonungslos, wie schlecht es um die Deutsche Bank tatsächlich bestellt ist: Alles müsse auf den Prüfstand. „Den Status quo beizubehalten, ist keine Option“, betonte der Brite.

Cryan schrieb zig Milliarden auf einst hochgepriesene Zukäufe wie Postbank und Bankers Trust ab und mutete dem Institut damit das höchste Minus in einem Quartal in der Firmengeschichte zu: 6,2 Milliarden Euro. Weil Cryan auch Rechtslasten schnell loswerden wollte, stand unter dem Strich für das Gesamtjahr 2015 mit rund 6,8 Milliarden Euro der höchste Verlust in der Unternehmensgeschichte.

Allein: Auch Cryans Bemühungen waren zu zaghaft. Nun soll Sewing das Ruder herumreißen. Als vierter Vorstandschef in der Amtszeit von Aufsichtsratschef Paul Achleitner – einem Chefkontrolleur, der selbst große Stücke auf das Investmentbanking hält.

Euphorie der Börse verfliegt

Sewing emanzipiert sich nun und zeigt sich entschlossen, zu liefern. Der Umbau sei detailliert geplant. „Wir müssen unseren starken Geschäftsfeldern wieder die Luft zum Atmen geben“, betont Sewing. „Unsere Erwartungen sind konservativ, aber deswegen sind wir auch überzeugt, dass wir es schaffen können.“

Nötig sei aber auch eine neue Führungsmannschaft: „Diese Bank wird geführt von verantwortungsvollen Managern, die als Team agieren und nicht wie eine Ansammlung von Individuen.“

An der Börse verflog die anfängliche Euphorie am Montag allerdings schon nach wenigen Stunden. Denn der Umbau dauert und kostet Milliarden. Zudem fehlt der Deutschen Bank in Zeiten, in denen junge Start-ups die Finanzszene aufmischen, nach Ansicht von Goldman-Sachs-Experte Jernej Omahen noch immer eine richtige Gewinnmaschine. (RND/dpa)

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